Mutter noch immer im Knast
Die Verteidiger der jungen Rumänin, die in Lana ihr Neugeborenes getötet haben soll, finden bisher keine Einrichtung für einen etwaigen Hausarrest. Heute bekommt die 25-Jährige Besuch von einer Psychologin.
Von Thomas Vikoler
Das Haus der Hilfsorganisation für Straffällige Odar in Bozen oder das Reha-Zentrum St. Isidor auf Kohlern. Das sind Einrichtungen, in denen Personen unter Tatverdacht, die keine eigene Wohnung besitzen, eventuell im Hausarrest untergebracht werden.
Beide Einrichtungen sind aber allein für Männer vorgesehen.
„Für Frauen, die eine Straftat begonnen haben, gibt es in Südtirol keine derartige Möglichkeiten“, bedauert die Bozner Strafverteidigerin Amanda Cheneri. Sie ist derzeit auf verzweifelte Suche nach einem Ort, wo M.S.H. unterkommen könnte.
M.S.H., 25, ist jene Äpfelklauberin aus Rumänien, die vor gut drei Wochen mutmaßlich ihr neugeborenes Kind getötet hat. Im Bereich eines Bio-Bauernhofes in Lana, wo sie beschäftigt war. Ein erschreckender Fall von Kindstötung (die Staatsanwaltschaft Bozen geht weiter von vorsätzlicher Tötung aus), der italienweit für Schlagzeilen sorgte.
Der Plan ihrer Verteidiger eines Verhörs von M.S.H. mit der zuständigen Staatsanwältin und ein darauffolgender Antrag auf Hafterleichterung konnte bisher nicht umgesetzt werden.
Aus zwei Gründen: Einmal wegen der fehlenden Unterbringungsmöglichkeit für einen Hausarrest. Anfragen an das Programm Alba oder Frauenhäuser in Südtirol wurden aus verschiedenen Gründen abgewiesen. Einrichtungen für straffällig gewordene Frauen gibt es hierzulande, wie oben erwähnt nicht. Anwältin Cheneri sieht das als ein politisches Problem, das auf Landesebene geklärt werden müsse.
Der zweite Grund: Die junge Rumänin erinnert sich bisher lediglich teilweise an das, was an jenem Sonntagabend in Lana passiert ist. Dies bestätigte sich bei einem weiteren Besuch Cheneris und von Co-Verteidiger Nicola Nettis in der Frauen-Haftanstalt in Spini di Gardolo bei Trient.
Dort soll die Frau in U-Haft heute Besuch von einer Psychologin erhalten. Sie soll ihr helfen, die Erinnerung wiederzuerlangen. Eine Klärung der Tatumstände sehen die Verteidiger als Voraussetzung für ein Verhör mit den Strafverfolgern. Auch mit dem Ziel, den Haftaufenthalt ihrer Mandantin möglichst kurz zu halten.
Sie plädieren bekanntlich auf Kindstötung in einer postnatalen Situation, welche der Tatverdächtigen eine Haftstrafe von wenigen Jahren beschweren würde.
Cheneri und Nettis haben ihre Suche nach einer Unterbringungsmöglichkeit inzwischen auf das Trentino ausgedehnt. Auch dort keine einfaches Vorhaben.
Inzwischen wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Bozen über ein Rechtshilfeansuchen an Rumänien Informationen über die Lebensumstände der Tatverdächtigen einholen will. Sie hat dort einen zweieinhalbjährigen Sohn, der bei der Großmutter lebt. M.S.H. hielt sich in den vergangenen vier Jahren vorwiegend in Italien auf, wo sie als Erntehelferin an verschiedenen Orten arbeitete.
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