„Alle profitieren davon“
Das Priesterseminar in Brixen wird wieder belebt. In genau einem Jahr sollen zehn Priester aus Indien, Ghana und Tansania kommen, die für fünf Jahre in Südtirol tätig sein werden. Regens Markus Moling über das Projekt.
Tageszeitung: Herr Regens, wie soll das Priesterseminar künftig genutzt werden?
Markus Moling: Das Projekt sieht vor, dass mit Ende September 2020 zehn Studenten aus den Diözesen von Tansania, Südindien und Ghana aufgenommen werden. Diese Studierenden werden bei uns im Priesterseminar wohnen, ausgebildet und fünf Jahre in unserer Diözese als Kooperatoren tätig sein. Nach fünf Jahren werden sie in ihre Heimatdiözesen geschickt.
Das heißt, das Projekt nutzt allen Diözesen, die daran beteiligt sind?
Genau das ist unser Ziel. Indem wir die Ausbildung übernehmen und finanzieren, sparen sich die anderen Diözesen Kosten, während wir für fünf Jahre einen Kooperator haben und das Priesterseminar als Seminar nutzen können.
In Mitteleuropa ist es Gang und Gebe, dass Priester von Indien oder Afrika kommen. Woher hat man diese Idee?
Es gibt in verschiedenen Nachbardiözesen ähnliche Modelle, aber die Väter dieser Idee sind der Leiter des Missionsamtes, Wolfgang Penn und unser Bischof Ivo Muser. Sie haben die Idee eingebracht und eine Arbeitsgruppe beauftragt eine Art Machbarkeitsstudie durchzuführen. Nachdem die Idee in den verschiedenen diözesanen Gremien vorgestellt wurde, ist entschieden worden, das Projekt umzusetzen. Nun haben wir ein Jahr Zeit, uns auf dieses Projekt vorzubereiten. Einige Sachen werden wir vorbereiten können, andere Sachen werden sich erst ergeben, wenn die Studenten vor Ort sind.
Eine zentrale Frage ist die Sprache. Kommen die Kandidaten mit Sprachkenntnissen zu uns?
Ja, das ist vertraglich geregelt. Dieser wurde von unseren Diözesen und den Partnerdiözesen unterzeichnet. Darin wird geregelt, dass die Studenten eine Kenntnis der deutschen Sprache mitbringen sollen. Die Studenten aus Indien werden das Goethe-Institut vor Ort besuchen. Der Bischof der dortigen Seminaristen war erst vergangene Woche bei uns. Er hat viel Erfahrung mit Kandidaten in anderssprachigen Diözesen. In Tansania haben wir über das Missionsamt Sprachkurse mit Südtiroler Sprachlehrpersonen organisiert. Das sollte im Jänner starten und bis in den Frühjahr hinein dauern. So sollen sie genügend Deutschkenntnisse sammeln. Sobald sie hier sind, werden sie mit Sprachkursen der Volkshochschule weiter vorbereitet.
Dass die Priester zurück in ihr Heimatland gehen, ist ebenso vertraglich geregelt?
Genau, das ist ebenso vertraglich geregelt, denn wir möchten das Signal setzen, dass wir nicht die guten Leute von den Diözesen abziehen wollen, sondern wir wollen ein Profit für beide Seiten herausschlagen. Wir bilden aus und profitieren durch den fünfjährigen Pfarrdienst, die Heimatdiözesen profitieren, in dem sie ausgebildete Leute zurückbekommen. Deshalb ist es uns wichtig, dass die Leute mindestens jedes zweite Jahr in den Sommermonaten nach Hause fahren können, damit sie ihre Bindung zu den Heimatdiözesen nicht verlieren.
Die Ausbildung wird von der Diözese finanziert. Wie viel kostet das?
Ja, beziehungsweise vom Priesterseminar. Genau kann man nicht sagen, wie viel es kosten wird, schätzungsweise kann man von 10.000 Euro pro Kopf und Jahr rechnen. Das ist aber nur ein ungefährer Schätzwert, der sich erst zeigen muss. Außerdem werden zwei Seminaristen vom Kloster Neustift betreut.
Gibt es die Idee, das Projekt auszuweiten und noch mehr Seminaristen nach Südtirol zu holen?
Noch besteht diese Idee nicht. Das Projekt ist ein einmaliges Projekt. Wir wollen mit diesen zehn Kandidaten starten, diese sollen auch pastorale Erfahrungen machen. Das heißt, wir schicken sie in die Pfarrgemeinden. Es gibt zehn Pfarreien in der Diözese, die bereit sind, solche Kandidaten aufzunehmen. Mit denen werden jetzt Gespräche geführt. Das ist aber mit einem hohen organisatorischen Aufwand und mit vielen menschlichen Ressourcen verbunden. Deshalb starten wir mit zehn Kandidaten. Wenn es gut funktioniert, kann ich mir gut vorstellen, dass es ein Modell sein könnte, mit dem wir weiterfahren. Wenn es viele Schwierigkeiten geben sollte, dann müssen wir es mit diesem Versuch beenden. Wir sind aber zuversichtlich, dass es ein Start sein könnte, für weitere Schritte in diese Richtung. Wir haben aber nicht geplant, bereits in den nächsten Jahren Seminaristen aufzunehmen.
Können Sie bereits sagen, wohin die Kandidaten gehen?
Die Orte stehen intern fest, aber die Gespräche mit den jeweiligen Pfarrgemeinderäten stehen erst bevor, deshalb möchte ich das nicht verraten.
Gibt es Bedenken, dass einige Pfarrgemeinden dem Projekt nicht offen gegenüberstehen?
Das wird sich zeigen, wie die Menschen reagieren. Bis dato gibt es einige gute Erfahrungen mit Priestern aus Afrika oder Indien. Der Pfarrer von Tisens stammt beispielsweise aus Afrika. Es gibt also schon positive Erfahrungen. Die Leute, mit denen ich gesprochen habe, haben bisher keine Einwände vorgebracht. Eher besteht die Sorge wegen der Sprache, aber da treffen wir ja Vorbereitungen.
Man holt also junge Leute aus anderen Diözesen. Soll das auch als Anregung für andere junge Männer vor Ort dienen?
Natürlich hoffen wir darauf. Wir wollen ein Signal setzen. Kirche ist eine Weltkirche, sie ist nicht nur auf Südtirol begrenzt. Wir wollen zeigen, dass es Freude macht, in dieser Kirche tätig zu sein. Das wäre ein schöner Nebeneffekt, der von diesem Projekt ausgehen könnte. Das Ziel ist weiterhin junge Männer in Südtirol für den Dienst des Priesters begeistern.
In einem Jahr startet das Projekt. Kommen Die Seminaristen schon vorher nach Südtirol?
Ursprünglich war vorgesehen, dass sie heuer im November zum ersten Kennenlernen zu uns kommen. Das hätten wir mit Sprachkursen verbunden. Da die Studenten aber vor Ort Sprachkenntnisse erhalten, haben wir uns gedacht, dass wir uns das Geld für die Flüge sparen und lieber die Sprachausbildung vor Ort mitfinanzieren. Deshalb werden sie erst Ende September 2020 zu uns kommen.
Steht bereits fest, wo die Priester geweiht werden?
Wo sie geweiht werden, steht noch offen. Der Bischof aus Indien hat gesagt, er wäre dafür, dass sie hier geweiht werden, aber das muss im Einzelfall noch entschieden werden. Wichtig ist, dass sie nicht in unserer Kirch inkardiniert – also nicht Teil unserer Diözese – werden, sondern dass sie Teil der Heimatdiözese bleiben.
Interview: Markus Rufin
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Kommentare (3)
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steve
Das wär doch was für unseren Achammer. Dann könnt zum offiziellen Tagblatt Seelsorger ernannt werden. 🙂