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Milde Strafe

Drei Jahre, ein Monat und zehn Tage Haft für einen Mordversuch? Ja, das geht. Diese Strafe erhält ein 42-Jähriger aus Schlanders, der im Jänner bei Kastelbell einen Mazedonier gleich dreimal mit dem Auto anfuhr.

Von Thomas Vikoler

Die Strafjustiz wartet immer wieder mit überraschenden Entscheidungen auf. Aber ein derart niedriges Strafmaß für einen verübten Mordversuch gab es am Bozner Landesgericht bisher wohl nicht.

Drei Jahre, ein Monat und zehn Tage Haft. Diese Strafe erhielt gestern im Rahmen eins gerichtlichen Vergleichs in der Vorverhandlung ein 42-Jähriger aus Schlanders, der auch als Fingerbeißer zu einiger Bekanntheit gelangt war. In einem Streit biss er vor einigem Jahren einem Bekannten einen Finger ab, der amputiert werden musste. Es läuft ein Strafverfahren wegen schwerer Körperverletzung.

In diesem Fall lautete die Anklage auf versuchten Mord, verübt im Jänner dieses Jahres in den Obstwiesen bei Kastelbell. Ein gebürtiger Mazedonier, der dort mit einem Mountainbike unterwegs war, wurde dort gleich dreimal von einem Geländewagen angefahren. Gelenkt von dem 42-Jährigen aus Schlanders, der später von den Carabinieri verhaftet wurde.

Das mutmaßliche Motiv: Rache. Der Mazedonier, der bei der Auto-Attacke wie durch ein Wunder lediglich leicht verletzt wurde, hatte einen Bekannten des gebürtigen Albaners einige Zeit zuvor bei der Polizei angezeigt.

Nach einigen Wochen im Gefängnis und zwei Monaten im Hausarrest konnte der rabiate SUV-Lenker, Vater von vier Kindern, wieder seiner Arbeit nachgehen.

Im Rahmen des Strafverfahrens wegen des Mordversuchs wurde er einem psychiatrischen Gutachten unterzogen. Die Diagnose: Wegen eines Autounfalls, bei dem er vor einigen Jahren schwer verletzt worden war, leide der Mann unter psychischen Problemen. Er sei deshalb zum Tatzeitpunkt lediglich teilweise zurechnungsfähig gewesen. Der Gutachter attestierte dem 42-Jährigen zudem eine „verminderte“ Gemeingefährlichkeit, der mit der Einnahme von Tabletten abgeholfen werden könne. Also keine Notwendigkeit, die Bewegungsfreiheit des Begutachteten einzuschränken oder ihn in einer Pflegeeinrichtung unterzubringen.

Für die Errechnung des Strafmaßes stellte Vorverhandlungsrichter Peter Michaeler gestern folgende Rechnung an: Für einen Mord lautet die Mindeststrafe 21 Jahre, diese kann bei einem Versuch um bis zu zwei Drittel herabgesetzt werden (was im konkreten Fall auch geschehen ist). Die neue Berechnungsgrundlage liegt also bei sieben Jahren, von denen wiederum ein Drittel wegen des gerichtlichen Vergleichs sowie die Strafreduzierung für die zugestandenen mildernden Umstände abgezogen wurden.

Macht: Drei Jahre, ein Monat und zehn Tage Haft.

Hätte der Beschuldigte der Zivilpartei (dem bei der Auto-Attacke verletzten Mazedonier) Schadenersatz bezahlt, wäre die Strafe zusätzlich herabgesetzt worden.

Entsprechend attestierte sich Verteidiger Nicola Nettis nach der Verhandlung selbst, mit diesem Vergleichs-Urteil für seinen Mandanten ein „Meisterstück“ abgeliefert zu haben.

 

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