Symbolische Prohibition
Der Bozner Gemeinderat ermächtigt den Bürgermeister, für „Problemzonen“ nächtliche Alkoholverbote zu verordnen. Doch selbst Befürworter zweifeln an der Anwendbarkeit und den Nutzen der Maßnahme.
von Maximilian Steffen
Lange wurde über ein Alk-Verbot in Bozen diskutiert – nun kommt es: Der Bozner Gemeinderat hat am vergangenen Donnerstag mit 24 zu 10 Stimmen eine Änderung der Stadtpolizeiordnung beschlossen, die den Bürgermeister ermächtigt, für bestimmten Straßen und Zonen ab 24.00 Uhr den Besitz von alkoholischen Getränken im Freien zu verbieten.
Zweifellos eine drastische Maßnahme.
Wirtschaftsstadtrat Stephan Konder (SVP), der Promotor der Neuerung, sagt, dass es in mehreren Zonen der Stadt immer wieder Reklamationen der Bürger gegeben habe, die sich wegen nächtlichem Lärm aufgrund des Alkoholkonsums gestört fühlten. Deshalb die Notwendigkeit eines Alk-Verbots.
Für Tobias Planer von den Grünen, der am Donnerstag mit Nein gestimmt hat, obwohl er der Regierungsmehrheit angehört, geht es dabei einzig und allein um den Obstmarkt: „Die Befürworter haben immer wieder betont, dass es nicht nur für den Obstmarkt gedacht ist, er ist aber sicher der Auslöser“, erklärt Planer.
„Es gibt auch andere Zone, wie beispielsweise den Bahnhofspark, wo es in der Vergangenheit zu Situation gekommen ist, die ein Verbot rechtfertigen“, entgegnet Stadtrat Konder. Die Möglichkeit eines Verbotes würde auch in Zukunft dazu dienen, bei neuauftretenden Problemzonen schnell zu intervenieren. „Wenn das Gleichgewicht zwischen Anwohnern und Ausgehenden nicht mehr gegeben ist, dann muss man halt auch mal einschreiten“, so Konder.
Genauso sieht es Lega-Fraktionssprecher Kurt Pancheri, der bei dem Beschluss mit der (gespaltenen) Regierungsmehrheit gestimmt hat: „Die Anwohner haben ein Recht auf Gesundheit und Ruhe“.
Lega-Mann Pancheri sieht vor allem die Studenten als Ruhestörer. „Das Problem ist entstanden, seitdem die Universität angesiedelt wurde, was ich ja auch gut finde“. Tobias Planer beklagt das beschränkte Ausgeh-Angebot in der Uni-Stadt Bozen: „Wenn wir eine Universitätsstadt sein wollen, dann müssen wir den Leuten auch etwas bieten. Es fehlen Lokale, die nachts länger offen haben.“ Laut Planer sind es auch nicht nur junge Leute, die sich am Obstmarkt versammeln. „Viele Besucher sind 30 Jahre und aufwärts. Wenn dann mehrere Leute zusammenkommen, entsteht halt Lärm.“
Eine Problematik besteht in der Anwendbarkeit des Verbots. Wie kann die Stadtpolizei feststellen, ob jemand in seinem Glas ein alkoholisches Getränk mit sich führt? Etwa bei einem Mixgetränk. Dazu sagt Stadtrat Konder ausweichend: „Die Polizei muss schauen, wie sie das Verbot am besten umsetzt“. Auch Alk-Verbots-Befürworter Pancheri hat seine Zweifel: „Die Polizisten müssten in manchen Fällen selbst kosten oder riechen“. Er sieht das Hauptproblem allerdings in Jugendlichen, die mitgeführten Super-Alkohol in Softdrinks mischen.
Eine weitere Problematik besteht darin, dass das Verbot immer nur für eine bestimmte Straße oder Zone ausgesprochen werden kann. Hier lässt sich voraussagen, dass sich die Feier-Gemeinde eben in die nächstgelegene, nicht vom Verbot betroffene Straße verlagert. „Auch wenn es Alternativen geben würde, glaube ich nicht, dass das Nachtleben aus dem Zentrum verschwindet – das ist in jeder größeren Stadt Europas so“, sagt Tobias Planer dazu. Er hat große Zweifel, dass es bei einem Alk-Verbot etwa am Obstmarkt dort keine Ruhestörung mehr geben wird: „Ich glaube nicht, dass der Lärmpegel durch diese Verordnung sinkt. Wenn die Leute zwischendurch das Lokal ohne alkoholisches Getränk verlassen, dann bleibt es ja immer noch laut.“ Auch Panchieri bleibt hier realistisch: „Das Verbot wird keine Wunder schaffen“.
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