Auf uralten Pfaden
In fünf Etappen führte die Wanderung von Obergurgl zur Hütte Schöne Aussicht im Schnalstal über die Oberetteshütte, bevor der Weg nach Matsch ins Tal hinabführte, wo ein Wissens-Parcours gemeinsam mit Schulklassen stattfand.
Seinen Abschluss findet der Cammino heute bei der Südtiroler Langen Nacht der Forschung in Bozen. Organisiert wurde die Weitwanderung von der Universität Innsbruck, die die LTSER-Forschungsplattform (long-term socio-ecological research) Tyrolean Alps koordiniert, Eurac Research, dem österreichischen und dem italienischen Netzwerk für ökologische Langzeitforschung (LTER Austria, LTER Italia) sowie den Alpenvereinen Tirol und Südtirol.
Die Wanderung folgte uralten Pfaden der Wanderweidewirtschaft, die die jahrtausendealte Kultur der Landnutzung in den Alpen bezeugen. Verbindendes Element aller Etappen war das Wasser in all seinen Erscheinungsformen, als Gletscher, Schnee und Regen, aber auch als See, Bach und Feuchtigkeit im Boden.
So tauchten die Teilnehmer unter anderem in 150 Jahre Gletscherforschung im Rofental ein. Sie ist zum einen Grundlage für regionale hydrologische Studien, fließt zum anderen aber auch in weltweite Studien mit ein, um den Beitrag der Gletscherschmelze zum Anstieg der Meeresspiegel abzuschätzen.
Im Matschertal installierten Forscher von Eurac Research in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen und der Universität Innsbruck im Laufe der vergangenen zehn Jahre eines der dichtesten Mikroklima-Messnetze Europas, um den Klimawandel zu dokumentieren und seine Einflüsse auf Ökosysteme zu verstehen.
Sie erforschen Wasserkreisläufe und Schmelzwasserdynamiken und beobachten fortlaufend Lufttemperatur, Bodenfeuchte, Niederschlag oder Sonneneinstrahlung, sodass zukünftige Klimaveränderungen vorhergesehen werden können. Im Matschertal erfuhren die Teilnehmer, wie Sediment-Bohrkerne aus dem Seegrund Aufschluss über die Klimageschichte der letzten 10.000 Jahre geben oder wie die Forscher an so genannten „Waldmessstationen“ Lärchen und Zirben in ihrem Wachstum beobachten.
Open-Air-Vorlesungen
Programmpunkte während der Wanderung waren auch kurze Vorträge und Open-Air-Vorlesungen von Experten und Wissenschaftlern, die einen Einblick in die Region und in ihre Forschung gaben. Beteiligt waren auch zwei Professoren der Universität Innsbruck: Die Botanikerin Brigitta Erschbamer hielt am ersten Abend einen Vortrag im Universitätszentrum Obergurgl, in dem sie die Langzeitforschung in den Ötztaler Alpen vorstellte.
In der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl, einer Außenstelle der Uni Innsbruck, untersucht sie gemeinsam mit Kollegen laufende Veränderungen durch Klimawandel und Weideausschluss. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Dauer der Vegetationsperiode signifikant zunimmt und die Temperatur im Hochgebirge stetig steigt. Am zweiten Tag, auf dem Weg zur Hütte Schöne Aussicht, hielt dann der Geograph Ulrich Strasser eine Open-Air-Vorlesung im Rofental zum Thema Gletscherschwund. Dort werden bereits seit ca. 150 Jahren eine Reihe von Gletschern beobachtet, die ausgezeichnete Indikatoren für den Klimawandel sind. Die Messungen im Hochgebirge sind jedoch eine große logistische Herausforderung. In Kooperation mit der Universität Bozen, Eurac Research, dem ÖAV und dem AVS gab es während der Wanderung weitere spannende Kurzvorträge, beispielsweise zur Mess-Infrastruktur oder dem dramatischen Rückgang der Gletscher, den die Teilnehmer hautnah sehen konnten.
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Kommentare (1)
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morgenstern
Mein Beitrag bei der Open-Air-Vorlesung hätte den Titel gehabt: „Oh Herr lass Hirn regnen“