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Vermiedene Krise

Die SVP- und die Lege-Delegation mit Roberto Calderoli (Fotos: Karl Oberleiter)

Die Lega hätte ein Ja der SVP zur neuen Conte-Regierung als Affront empfunden, der die Zusammenarbeit auf Landesebene schwer belastet hätte. Wollte Philipp Achammer mit der Enthaltung einem drohenden Ehestreit aus dem Weg gehen?

von Matthias Kofler

Diebe, Sesselkleber, Verräter.“ Die Lega-Vertreter schimpfen seit Tagen wüst gegen die neue Regierungskoalition aus Movimento 5 Stelle, PD und Liberi e Uguali. Die SVP ist – dank ihrer Stimmenthaltung beim Vertrauensvotum – nicht ins Schussfeld der Kritik geraten. Mit seiner „neutralen“ Haltung hat Philipp Achammer weder Giuseppe Conte die Tür zugeschlagen, noch den „Carroccio“, mit dem man seit einem Dreivierteljahr in der Landesregierung zusammenarbeitet, vor den Kopf gestoßen.

Hat das Edelweiß also die richtige Entscheidung getroffen?

Wenn man hierzu mit den Südtiroler Lega-Vertretern spricht, dann fällt die Antwort eindeutig aus: „Wir hätten eine Zustimmung der SVP als Affront verstanden, der unser Vertrauensverhältnis gestört und die weitere Zusammenarbeit nachhaltig geschädigt hätte“, stellt ein hochrangiger Leghista unmissverständlich klar.

Die Lega wehrt sich schon lange dagegen, vom Landeshauptmann und von anderen SVP-Spitzenvertretern als reine Mehrheitsbeschafferin betrachtet zu werden. Mit der Unterschrift unter dem SVP-Lega-Koalitionsvertrag hat die Edelweißpartei auch ein politisches Statement gesetzt. Immerhin wäre – rein numerisch – auch eine Koalition mit den Grünen und dem Langzeitpartner PD möglich gewesen. Dass man dann bei der erstbesten Gelegenheit die Fronten wechselt und zu den nunmehrigen „Intimfeinden“ der Lega überläuft, wäre beim „Carroccio“ überhaupt nicht gut angekommen. „Wir hätten die Entscheidung der SVP zwar akzeptieren müssen, da wir keinen Bruch der Koalition anstreben, wir wären aber sicher nicht gleich wieder zur Tagesordnung übergegangen“, heißt es aus der Lega.

Dass Lega-Kommissär Maurizio Bosatra schnell auf die Palme steigen kann, wenn er sich provoziert fühlt, hat man zuletzt gesehen, als Kompatscher die Sanitätsbauten von Massimo Bessone an Thomas Widmann übertragen wollte. Auch im Landtag fuhren die Leghisti ihre Krallen aus und verhinderten, dass die SVP einen parteiübergreifenden Beschlussantrag mitträgt, den man selber nicht unterzeichnen durfte. Klar ist: Wenn die Lega-Spitze in Mailand bzw. Chef Matteo Salvini persönlich etwas nicht goutieren, dann halten sich die vier Lega-Abgeordneten auch an die Vorgaben. Die SVP wäre mit einem römischen „Alleingang“ freilich in Erklärungsnot geraten: Sie hätte ihrem Partner erklären müssen, warum sie den „Sesselklebern“ zur Macht verhilft und damit Neuwahlen mit einem wahrscheinlichen Sieg der Lega verhindert.

Philipp Achammer behauptet dennoch, dass die Koalition auf Landesebene „überhaupt keinen Einfluss“ auf die Entscheidung der SVP gehabt habe, sich beim Vertrauensvotum im Parlament zu enthalten. „Die SVP trifft ihre Entscheidungen eigenständig und unabhängig“, betont der Obmann. Und fügt hinzu: „Ich habe mit keinem Leghista über die Vertrauensabstimmung und wie wir uns verhalten gesprochen.“

Achammer kann sich auf die Fahne schreiben, mit der Stimmenthaltung einen Ehestreit im Hause SVP-Lega verhindert zu haben: Ob er es wollte oder nicht.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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