Echoing Movements To Come
Die Schweizer Künstlerin Romy Rüegger zeigt in der ar/ge Kunst Vorwegnahmen, Fragmente und Rescherchematerialien ihrer Performances.
Echoing Movements To Come ist die erste Einzelausstellung von Romy Rüegger in Italien. Ausgehend von ihrem zuletzt erschienenen Band Language is Skin: Scripts for Performances (Archive Books, 2018), übersetzt die Künstlerin ihre zeitbasierte und performative Praxis in die Raumzeit der Ausstellung. Die für ar/ge kunst neu geschaffene Installation bezieht beide Räume der Galerie ein. Sie versammelt und führt Vorwegnahmen, Fragmente und Rescherchematerialien der Performances anhand deren assoziativem Potential, deren Status und deren vorübergehender Präsenz parallel.
Der erste Raum baut sich anhand drei unabhängiger Elemente auf, die aus drei verschiedenen Performances der Künstlerin herausgegriffen sind. Diese überlagern sich dabei in ihren jeweiligen Narrativen, durchkreuzen sich und greifen einander echohaft auf. Gemeinsam fügen sich die Elemente zu einem potenziellen Szenario, das bei jeder Performance anders bespielt wird. Vertikal (hängend): Ein Hintergrund, bestehend aus langen, mit Stoffmustern bedruckten Baumwollbahnen, verweist auf Produktionsverfahren und befragt Narrative, wie sie im Zuge der frühen Textilindustrie entstanden sind. Blumenmuster, auf Dromedaren reitende Affen, Palmen in bunten Farben – Zeugen einer stillen Form des Kolonialismus. Gezeichnet und hergestellt in einer Zeugsdruckfabrik im Glarnerland, verschifft vom Freihafen Ancona nach Indonesien. Im selben Jahr und in derselben Fabrik kam es 1837 zum ersten Arbeiterstreik in der Geschichte der Schweiz, „ein Streik von Frauen und Kindern“, die gegen die Anbringung einer Fabrikglocke zum Einläuten des Arbeitsbeginns aufbegehrten. (A Fabric in Turkey Red, 2013/2019). Horizontal (Boden): Silberfarbene, auf den Boden der Galerie aufgebrachte Markierungen zeichnen im Maßstab 1:1 den Grundriss einer Einzimmmerwohnung nach, die 1926 von der kurz zuvor gegründeten „Baugenossenschaft berufstätiger Frauen“ errichtet wurde. Der Wunsch nach einem unabhängigen Leben in Gemeinschaft mit anderen Frauen, wurde legitimiert durch den Bedarf nach mehr Arbeitskräften in der florierenden Metallindustrie. Die von der Architektin Lux Guyer entworfenen Wohnungen orientierten sich an modernen Lebensstandards – bürgerliche Miniwohnungen, mit Einzelbetten. (If You Lived Here, You Would Already Be at Yours, 2015/2019). Sound (Angestaubte Stimmen): Stimmen dringen aus den Räumen eines staatlichen Museums, südlich der Alpen gelegen, mit Blick auf die italienische Grenze. Zwei Kletterer, nachts alleine im Museum. Weiße Gipsmodelle von Statuen und Denkmälern und das Relief Die Opfer der Arbeit umgeben sie. Gerade ist der Gotthard-Basistunnel eröffnet worden – wieder. Wer putzt hier nachts, unsichtbar? Wer unterhält die Statuen so weiß, wer unterhält diese Rollenmodelle des Nationalstaats? (Climbing Monuments, 2016/2019)
Im zweiten Ausstellungsraum finden sich Dokumente, Skripte und Recherchematerialien, die im Zusammenhang mit den Performances stehen. Diese bilden ein neu geschaffenes Display, das Romy Rüegger’s Praxis der Montage erweitert und ein Bühnenbild, das der Bildhauer Isamu Noguchi für Martha Grahams Ballett Appalachian Spring (1944) gestaltet hat, aufgreift. Die Installation fungiert als performatives Setting für Bilder und Texte. Sie wirft Fragen nach den historischen, privaten und öffentlichen Räumen auf, durch die sich unsere Gegenwart bewegt – Geschichten von Arbeitsmigration, der Konstruktion nationaler Mythen und weißer Privilegien.
Termin: Eröffnung und Performance am 6. September um 19 Uhr in der Galerie Museum. Performance: If You Lived Here, You Would Already Be at Yours 12. Oktober, 17 Uhr Performance und Matinée
9 November, 11 Uhr Savoir-vivre #4 Workshop Reihe, kuratiert von Simone Mair
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