„Kranke Kultur“
SVP-Wirtschaftsboss Josef Tschöll schießt sich (in bester Salvini-Manier) auf die Grillini ein – und spricht deren Landtagsabgeordneten Diego Nicolini ab, ein Südtiroler zu sein.
von Matthias Kofler
Um das (konfuse) Verhalten der SVP in Rom zu verteidigen, fährt Josef Tschöll in einer Aussendung schweres Geschütz gegen den M5S auf. „Opfer“ des Rundumschlags ist der Landtagsabgeordnete Diego Nicolini, dem der SVP-Wirtschaftschef abspricht, ein Südtiroler zu sein. Tschöll schickt voraus, dass er normalerweise „gehässige Aussagen von politischen Vertretern ohne politisches Gewicht“ nicht kommentiere. „Die Worte und Drohungen, die gegenüber dem SVP-Obmann gefallen sind, dürfen jedoch nicht unbeantwortet bleiben, denn sie schaden dem friedlichen Zusammenleben der Volksgruppen in Südtirol“, verweist Tschöll auf die Aussage Nicolinis, Achammer sei ein „Athesia-Gehilfe“, der für die Privilegien des Monopolisten kämpfe. „Solche Aussagen sind typisch für die kranke Kultur des Verdachts, die diese Bewegung gegenüber all jenen hegt, die nicht die wirren Ansichten ihres Gründers teilen“, meint Tschöll.
Der Wirtschafts-Boss bietet dem „Nicht-Südtiroler Nicolini“ sodann an, bei der SVP Nachhilfeunterricht in Sachen Autonomie zu nehmen, anstatt „ideologisch blind“ zu agieren und „Rassenhass“ zu betreiben. „Wenn Nicolini glaubt, wir würden nach solchen Worten den Grillini das Vertrauen aussprechen, dann ist er auf dem Holzweg. Populisten und Nationalisten besiegt man, indem man ihnen die Maske vom Gesicht reißt“, sagt Tschöll, dessen Partei mit Matteo Salvini koaliert.
Vor allem die Bezeichnung „Nicht-Südtiroler“ ist ein Griff unter die Gürtellinie, den Nicolini nicht auf sich sitzen lässt. „Wer ist Südtiroler für Sie, Herr Tschöll? Ich bin nicht in Südtirol geboren, lebe aber hier mit meiner Familie, meine Tochter ist hier geboren und geht hier zur Schule, ich arbeite seit über 30 Jahren hier und bin in meiner gesamten beruflichen Laufbahn nie so diskriminiert worden, wie Sie es getan haben“, antwortet der Grillino auf die Entgleisung. Und weiter: „Meine beiden Großeltern waren Kaiserjäger, sie kämpften für dieses Land, für unser Land. Einer von ihnen kehrte als Kriegsversehrter zurück und der andere verlor seinen älteren Bruder. Ich brauche keine Autonomie-Lektionen von Ihnen, Herr Tschöll.“
Die kriselnde SVP verbreite falsche Nachrichten über die 5-Sterne-Bewegung und stelle sie als „autonomiefeindlich“ dar. „In Wirklichkeit haben wir die Autonomie immer als Modell unterstützt, das geschützt, weiterentwickelt und exportiert werden soll. Wenn die SVP bestimmten Extremisten erlaubt, für sich zu sprechen, und wenn sie sich durch solchen Irrsinn repräsentieren lässt, wird sie weiter verlieren“, meint Nicolini.
Auch Oppositionschef Paul Köllensperger wird in der Tschöll-Aussendung nicht verschont: „Die Haltung des Grillinos wirft Fragen auf, woher ein solches Geschöpf denn kommt. Wenn es stimmt, dass der politische Ziehvater Ex-Grillino Köllensperger ist, dann lässt das einige Rückschlüsse über dessen politische Ansichten zu. Einmal Grillino, immer Grillino“, giftet Tschöll. Doch Köllensperger reagiert unbeeindruckt: „Frei nach Julia Unterberger: Tschöll? Nie gehört.“ Der Abgeordnete ruft die SVP auf, Giuseppe Conte das Vertrauen auszusprechen: „Sie soll ihre drei Stimmen im Senat, die dank der knappen Mehrheiten wichtig wären, gewinnbringend einsetzen. In Sachen A22, Sanität und deutsche Ärzte gäbe es viel Bedarf, mit der Regierung gute Beziehungen zu pflegen. Oder sind der SVP die Lega-Machtspiele hierzulande wichtiger als diese Anliegen?“
Kommentare (29)
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