„Das Volk wurde verraten“
Lega-Landesrat Massimo Bessone verteidigt die Entscheidung von Matteo Salvini, die Koalition in Rom platzen zu lassen. Über die (un-)demokratischen Verhältnisse im „Carroccio“ will er sich nicht äußern.
Tageszeitung: Herr Landesrat, Giuseppe Conte hat von Staatspräsident Sergio Mattarella den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung aus Movimento 5 Stelle und PD erhalten. Die Lega wurde dadurch ins Abseits gestellt. Hat Matteo Salvini, der die bisherige Koalition zu Fall gebracht hat, um Neuwahlen zu erzwingen, einen großen Fehler begangen?
Massimo Bessone: Nein, Salvini hat immer nur das gemacht, was im Interesse der Lega und insbesondere im Interesse der italienischen Bürger ist. Ich bin davon überzeugt, dass nicht Salvini, sondern die anderen einen Fehler begangen haben.
Wen meinen Sie damit?
Die 5-Sterne-Bewegung und der PD haben die Werte unseres Landes und das Vertrauen unserer Bevölkerung verraten. Eine Koalition aus diesen beiden Parteien entspricht nicht dem Willen des Volkes. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass PD und 5 Sterne nich das machen, was im Interesse der Menschen ist.
Es war aber Salvini, der die bisherige Koalition verlassen hat …
Salvini will die TAV machen, die Grillini sagen Nein. Salvini will die Regionen des Nordens mit Autonomie nach dem Vorbild unserer Region ausstatten, die Grillini sagen Nein. Salvini will die Schiffslandungen mit den Flüchtlingen stoppen, die Grillini sagen Nein. Es war folglich keine Schrulle von Salvini, die Regierungszusammenarbeit mit dem Movimento 5 Stelle zu beenden.
Der Lega-Chef erklärte, dass durch Neuwahlen die Bürger das Wort haben sollten. Ihn würden die „Poltrone“ nicht interessieren. Gleichzeitig bot er im Zuge der Koalitionsverhandlungen Luigi Di Maio den Palazzo Chigi an, um selbst Innenminister bleiben zu können. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?
Ich weiß nicht, was Luigi Di Maio angeboten wurde. Die nationale Politik entscheidet Salvini, während auf Landesebene Maurizio Bosatra das Sagen hat. Ich spreche hier nicht als Lega-Chef, sondern bringe nur meine persönliche Meinung zum Ausdruck.
Inwieweit wird sich die neue Koalition in Rom auf die Landesregierung in Südtirol auswirken?
Das hat keine Auswirkungen. Unser Verhältnis zur SVP wird sich dadurch nicht ändern. Ich bin mir sicher, dass ich weiterhin ausgezeichnet mit der SVP zusammenarbeiten werde. Für uns steht immer das Wohl des Landes und der Menschen im Vordergrund, unabhängig davon, wer in Rom regiert. Freilich wäre es besser, wenn die Lega an der Regierung ist als wenn nicht. Doch unabhängig davon: Wir arbeiten auf der Basis von Taten und nicht auf der Basis von Worten und wollen das Beste für die Bevölkerung erreichen. Schämen dafür, die Menschen verraten zu haben, müssen sich die anderen.
Salvini sagt, dass in einer Demokratie die Menschen das Sagen hätten. In Südtirol hat die Lega-Basis seit zehn Jahren keinen Kongress mehr abgehalten, der Kommissar wird in Mailand bestimmt, Sie als meistgewählter Abgeordneter durften auf Anweisung der Parteizentrale nicht LH-Stellvertreter werden. Ist für Salvini Demokratie nur dann wichtig, wenn sie ihm etwas bringt?
Das sind Dynamiken, über die ich mich nicht äußern will. Das müssen Sie den Kommissar Bosatra fragen.
Interview: Matthias Kofler
Kommentare (61)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.