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Verschärfte Kriterien

Mehr Gastgewerbe als Landwirtschaft: Urlaub auf dem Bauernhof artet langsam aus. Jetzt will der Bauernbund die Zugangsvoraussetzungen drastisch verschärfen. Die Details.

von Heinrich Schwarz

Der Südtiroler Bauernbund hat ein klares Ziel vor Augen: „Wir möchten die Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betriebe, auf denen wirklich Landwirtschaft betrieben wird, fördern und schützen“, erklärt Obmann Leo Tiefenthaler.

Der Landesbauernrat hat vor kurzem einstimmig ein Konzept beschlossen, wonach die Zugangskriterien für Urlaub auf dem Bauernhof (UaB) drastisch verschärft werden sollen. Der Bauernbund treibt also eine Selbstbeschränkung voran, um „schwarze Schafe“ praktisch aus dem Verkehr zu ziehen. Die zu beobachtende Entwicklung, dass teilweise mehr Gastgewerbe als Landwirtschaft betrieben wird, soll gestoppt werden.

Beim Konzept handelt es sich um Änderungsvorschläge, die an die Landesregierung weitergeleitet wurden. Denn für die UaB-Regelung ist die Landespolitik zuständig.

Die zentrale Forderung des Landesbauernrates: Nicht nur die landwirtschaftliche Fläche eines Betriebes soll als Zugangskriterium für UaB entscheidend sein, sondern insbesondere die landwirtschaftliche Tätigkeit des Betriebes. Seit März arbeitete eine Arbeitsgruppe im Bauernbund an entsprechenden Vorschlägen zur Verschärfung der Zugangskriterien, die nun gutgeheißen wurden.

Die Details:

Wer als Grünlandbetrieb künftig UaB anbieten will, soll einen Besatz von 0,5 Großvieheinheiten pro Hektar anstatt bisher 0,4 nachweisen müssen – bei einem Mindestbesatz von insgesamt 1,8 GVE. Das Vieh soll dabei an der eigenen Hofstelle gehalten werden müssen.

Pferde, Ponys, Esel, Lamas, Alpakas und Kamele sollen nicht mehr zum GVE-Besatz hinzugezählt werden, um die Milchviehhaltung zu fördern. Es sei denn, es handelt sich um einen gemeldeten Reitbetrieb mit mindestens fünf Pferden und/oder Ponys.

Weiters: Kleinbetriebe mit weniger als einem Hektar Obst-, Wein- oder Gemüseanbau oder mit weniger als zwei Hektar Grünland sollen mindestens drei Produkte herstellen und verkaufen. Konkret müssen diese Betriebe laut Vorschlag des Landesbauernrates bei Tätigkeitsbeginn eine Produktecke oder einen Hofladen mit mindestens drei hofeigenen Produkten nachweisen können.

UaB soll also stärker an die Landwirtschaft gebunden werden, um dem Namen gerecht zu werden.

Änderungsvorschläge

• Der Viehbesatz wird von 0,4 auf 0,5 Großvieheinheiten pro Hektar erhöht. Es müssen aber mindestens 1,8 Großvieheinheiten pro Betrieb nachgewiesen werden.

• Das Vieh muss an der eigenen Hofstelle gehalten werden.

• Equiden (Pferde, Ponys, Esel und ähnliche), Lamas, Alpakas und Kamele zählen nicht zu den Großvieheinheiten. Eine Ausnahme bilden gemeldete Reitbetriebe mit mindestens fünf Pferden und/oder Ponys.

• Kleinbetriebe mit weniger als einem Hektar Obst-, Wein- oder Gemüseanbau oder mit weniger als zwei Hektar Grünland müssen mindestens drei Produkte herstellen und verkaufen.

• Die Landesverwaltung führt jährliche Kontrollen von sechs Prozent der UaB-Betriebe durch.

• Die Kombination von UaB-Beherbergung und gewerblicher Beherbergungstätigkeit (Hotels usw.) ist verboten.

• Die Lebenspartner werden den Eheleuten gleichgestellt und somit anerkannt, zum Beispiel für die Ausbildung.

Quelle: Südtiroler Bauernbund

Für große Diskussionen dürfte auch ein weiterer Vorschlag sorgen: Die Kombination von UaB und gewerblichen Beherbergungsbetrieben wie einem Hotel soll verboten werden.

„Heute ist diese Kombination möglich“, sagt Leo Tiefenthaler, der erklärt: „Früher waren ja fast alle Dorfgasthäuser mit Landwirtschaft kombiniert. Später wurden daraus Hotels, die gleichzeitig einen Bauernhof betreiben. Das soll in Zukunft eingeschränkt werden, weil der landwirtschaftliche Betrieb Vorrang haben muss. Es soll nicht nur so nebenbei ein bisschen Landwirtschaft betrieben werden, sondern der Betreiber des Bauernhofes soll von der Landwirtschaft leben. Und UaB soll ein Zu- und Nebenerwerb für ihn sein.“

Beim Bauernbund beobachtet man kopfschüttelnd, wie die Kombination zwischen Hotel und UaB samt Luxus-Ausstattung langsam ausartet und von einem eigentlichen Bauernhof oft wenig übrig bleibt.

„Auf einem UaB-Betrieb soll aktiv Landwirtschaft betrieben werden. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass man den Gästen, die auch die Konsumenten unserer Produkte sind, die Landwirtschaft erklären kann“, so Tiefenthaler.

Die Neuregelungen sollen nur für künftige UaB-Betriebe gelten.

Ein weiterer Wunsch ist die Gleichstellung der Lebenspartner gegenüber den Eheleuten – etwa im Hinblick auf die Ausbildung.

Und: Künftig soll neben den Gemeinden auch das Land kontrollieren, ob die UaB-Regeln eingehalten werden.

Das Land soll kontrollieren

Als eine der wichtigsten Maßnahmen, um zu garantieren, dass auf Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betrieben auch tatsächlich Landwirtschaft betrieben wird, sieht der Bauernbund eine verstärkte Kontrolltätigkeit.

„Eigentlich hätten die Gemeinden die Aufgabe zu kontrollieren, aber aus verschiedenen Gründen nehmen sie diese nicht wahr. Also soll die Landesverwaltung zumindest zum Teil die Kontrollen übernehmen. Denn es ist wichtig zu kontrollieren, ob ein Betrieb wirklich die Regeln einhält oder ob er mit Urlaub auf dem Bauernhof wenig zu tun hat“, sagt Obmann Leo Tiefenthaler.

Konkret soll das Land laut Vorschlag des Landesbauernrates jährlich bei sechs Prozent der Betriebe prüfen, ob diese die Kriterien für UaB bzw. für einen Hof- oder Buschenschank einhalten. „Bei Übertretungen drohen Sanktionen: Geldbußen und das Einstellen der Tätigkeit, bis diese wieder den geltenden Vorschriften entspricht“, heißt es vom Bauernbund.

Die Kontrolltätigkeit zwischen Gemeinden und Land soll in gemeinsamer Absprache erfolgen.

Keine Wellness-Beschränkung

Wie weit soll ein UaB-Betrieb gehen können, was Wellness-Anlagen anbelangt? „Solche Anlagen sind aus Sicht des Landesbauernrates nicht unbedingt notwendig. Aber wenn ein Betrieb das unbedingt machen will, werden wir das sicherlich nicht verbieten“, erklärt Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler.

Eine Wellness-Ausstattung gehöre nicht wirklich zu einem UaB-Betrieb, allerdings ist sich Tiefenthaler bewusst, dass die Nachfrage der Gäste groß ist. Der Bauernbund will diesbezüglich jedenfalls keine einschränkenden Maßnahmen vorantreiben.

„Wer unbedingt Wellness anbieten will, soll das tun. Aber wir werden das sicherlich nicht fördern“, betont der Obmann.

LESEN SIE MORGEN AUF TAGESZEITUNG ONLINE: WAS LANDESRAT ARNOLD SCHULER ZU DEN VORSCHLÄGEN SAGT.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (11)

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  • noando

    das südtiroler modell „bauer“ ist in der weltweiten landwirtschaft ebenso eine ausnahme wie die autonomie. man könnte auch sagen: so reformresistent wie „do stiefl“. was wäre wohl aus den kleinbauer-ntum geworden, ohne den beiträgen und möglichkeiten (aussiedelung usw.).

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