Big Brother im Pustertal
1,5 Millionen Euro für 195 Überwachungskameras in den 26 Gemeinden des Puster- und Gadertales: Der Bezirksrat hat über Kosten, Privacy und die Angst vor den Einbrechern diskutiert.
von Silke Hinterwaldner
Die Angst vor Einbrechern, der Wunsch nach mehr Sicherheit; aber auch ein Instrument zur Steuerung des Verkehrs, für Verkehrszählungen und nicht zuletzt für die Aufklärung von Delikten: Das alles sind Gründe, die vor zwei Jahren dazu geführt haben, dass einige Gemeinden im Pustertal die Idee einer flächendeckenden Überwachung der Ortszufahrten lancierten.
Die Nachfrage war damals vor allem im unteren Pustertal groß, wo in Gemeinden wie Terenten oder Kiens immer wieder Einbrüche gemeldet wurden. Als die Bezirksgemeinschaft dann vor eineinhalb Jahren eine Umfrage unter allen 26 Mitgliedsgemeinden durchführte, sprachen sich 20 für Überwachungskameras aus.
So übernahm die Bezirksgemeinschaft als Koordinatorin und Planerin die nächsten Schritte für ein Überwachungssystem im gesamten Puster- und Gadertal. Kostenpunkt: rund 1,5 Millionen Euro, wobei die Hälfte das Land übernehmen und die andere Hälfte durch die Gemeinden finanziert werden müsste. Die technischen und finanziellen Details wurden am Dienstagnachmittag im Bezirksrat vorgestellt. Demnach würde es 195 Überwachungskameras brauchen, um die strategischen Punkte, also vor allem Ortseinfahrten und -ausfahrten, im Blick zu haben.
„Ein solches Projekt macht nur Sinn, wenn wir tatsächlich flächendeckend arbeiten“, sagt Roland Griessmair, Präsident der Bezirksgemeinschaft, „Insellösungen für einzelne Gemeinden zu schaffen, bringt wenig.“ Deshalb sollten auch all jene Gemeinden, die nicht euphorisch nach Überwachung verlangen, aus Solidarität mit den anderen mitmachen. Denn: Während Gemeinden entlang von Hauptachsen wie Kiens oder Gais für eine Überwachung der durchziehenden Fahrzeuge strategisch wichtig sind, hat es eine Gemeinde wie Mühlwald leichter. Am Talende lässt sich verhältnismäßig einfach checken, welche Fahrzeuge sich in einem Dorf aufhalten.
Mindestens genauso wichtig sind der Schutz der Privacy und der Umgang mit Daten. „Dazu gibt es ganz klare Regeln“, sagt Griessmair, „es ist nicht so, dass ein Bürgermeister schnell nachschauen kann, wer gerade wohin fährt.“ Mit dem Regierungskommissariat, den Ordnungskräften und den Gemeinden würden die Zugangsregeln definiert. Die Kameras sollten auch ausschließlich die Kenntafeln lesen.
Trotzdem bleibt das Pustertal ein Gebiet mit im Grunde geringer Anzahl an Delikten und einer vergleichsweise hohen Aufklärungsrate. „Trotzdem“, sagt Griessmiar, „die Kameras können einen Beitrag dazu leisten, dass die Menschen sich sicherer fühlen.“
Entschieden ist noch nichts: In den Gemeinden kann das Konzept jetzt noch diskutiert werden, die Frage der Finanzierung soll endgültig geklärt werden, damit mit Stichtag 31. August eine Entscheidung getroffen wird. Sollten schlussendlich alle Gemeinden mitmachen, dürfte es noch einige Zeit bis zur Umsetzung dauern. Vor Ende 2020 ist nicht damit zu rechnen, dass die Kameras installiert werden.
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Kommentare (15)
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andreas
Vorsicht kurtl, jetzt wissen sie in der Gemeinde immer, in welcher Bar du rumlungerst.. 🙂
vogelweider
Wenn ihr eure Privatfehden ausgetragen habt, könntet ihr eigentlich über das Wesentliche diskutieren!
Weg mit den Kameras aus unseren Dörfern; denn heute filmen diese die Kennzeichen der Autos, auch im hintersten Tripstrill, morgen (siehe China!) hängen dort so genannte intelligente Kameras, deren Bewegungsprofil die Gesichter vermessen, die Augenfarbe erheben, spezielle Merkmale wie Leberflecken und Ohrmuscheln genau identifizieren usw. Zugleich kann ein Mensch bereits mit relativer Sicherheit sogar über seinen Gang identifiziert werden.
KI in unseren Dörfern und Weilern ist ein Unding und verletzt gröbstens die Privacy; möchte wissen, wie viele Diebstähle es z.B. in Luttach oder Martell oder Altrei gegeben hat oder gibt und ob Aufwand und Kosten dies alles rechtfertigen.