„Explosion der Freude“
Landeskommandant Jürgen Wirth Anderlan wehrt sich gegen den Vorwurf (der Kurie), die Schützen würden mit ihren Ehrensalven Kinder erschrecken.
TAGESZEITUNG Online: Herr Landeskommandant, warum erschrecken die Schützen mit ihren Salven die armen Kinder?
Jürgen Wirth Anderlan: Erstens werden bei Erstkommunionen keine Salven geschossen. Zweitens werden die Ehrensalven in sehr vielen Gemeinden angekündigt, so dass sich die Kinder die Ohren zuhalten können.
Generalvikar Eugen Runggaldier hat gemeint, durch das Abschießen der Salve komme Unruhe in eine besinnliche Versammlung …
Das glaube ich nicht. Sogar Papst Benedikt hat gesagt, eine Ehrensalve sei eine Explosion der Freude. Also: Wir haben den Lärm der Salve bis heute ausgehalten, und wir werden ihn auch in Zukunft aushalten.
Der Generalvikar wehrt sich auch gegen eine Gleichstellung der Schweizer Garde mit den Schützen …
Warum? Wir haben denselben historischen Hintergrund. Die Schweizer Garde wurde 1506 gegründet, die Schützen sind 1511 entstanden. Genauso wie die Schweizer Gardisten die Hellebarde, also ihre historische Waffe tragen, führen auch wir Schützen unsere historische Waffen mit. Dabei handelt es sich – wie der Herr Generalvikar richtig erkannt hat – nicht um echte Waffen, sondern um Paradegewehre.
Der Generalvikar sagt aber auch, dass sich der liebe Gott gar nicht über die Ehrensalven freut …
Dann haben wir nicht den gleichen Gott wie die Bayern, die Nord- und Osttiroler. Dort freut sich nämlich der liebe Gott über die Ehrensalven.
Sind Sie sicher?
Ja.
Ist es tatsächlich so, dass die Thematik Waffen-Kirche nicht in allen Orten und Realitäten des Landes gleich empfunden wird? Gibt es Orte, wo man die Schützen lieber sieht und Gemeinden, wo die Federhutträger als Fremdkörper angesehen werden.
Ich denke, das Ganze hat mit Dialog zu tun. Wo es einen Dialog gibt, gibt es keine oder weniger Probleme. Dass man keine Lösungen finden kann, wenn kein Dialog stattfindet, das beweisen gerade die Vorkommnisse im Hochpustertal …
Sie meinen?
Zur Chronik: Am 24. Februar hat die Seelsorgeeinheit des oberen Pustertales beschlossen, dass in den Kirchen der betroffenen Pfarreien keine Gewehre mehr getragen werden dürfen – ohne mit uns im Vorfeld darüber zu sprechen. Erst am 29. Juni hat die Seelsorgeeinheit eine Einladung zu einem Gespräch verschickt, das am 24. Juli stattfinden soll …
Die Schützen wurden vor vollendete Tatsachen gestellt?
Ja, der Inhalt des Einladungsbriefes ist am 4. Juli publik geworden. Wir wollten keine Polemik entfachen. Aber als es geheißen hat, dass die Kompanien des Hochpustertales mit der Lösung recht zufrieden wären, mussten wir reagieren …
Warum?
Weil das nicht stimmt! Die Toblacher Schützen gehen nicht mehr in die Kirche, seit es diesen Beschluss gibt.
Der Generalvikar würde sich auch wünschen, dass die Schützen nicht nur vor und nach der Messe präsent sind, sondern auch während der Messe …
Das ist eine Frechheit.
Sie haben nie bemerkt, dass Schützen während der Messe im Gasthaus gestanden haben?
Nein, das wäre mir nie aufgefallen. Da muss mir der Herr Generalvikar schon ein Beispiel nennen.
Sie selbst gehören auch nicht zur Fraktion der Part-Time-Kirchgänger, die während der Predigt einen Weißen trinken?
(lacht) Nein. Ich selbst stehe immer in der Kirche, ganz vorne!
Herr Landeskommandant, was erwarten Sie sich von der Aussprache am 24. Juli?
An dieser Aussprache nehmen die sechs betroffenen Kompanien – Sexten, Innichen, Toblach, Taisten, Pichl-Gsies und Niederdorf – und die Schützenkapelle Pichl-Gsies teil. Ich werde auch dabei sein …
Und?
Ich habe es bereits am Mittwochabend im Gespräch mit dem Generalvikar gesagt: Ich bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden werden, die für alle gutgeht. Am Tag danach werden wir eine gemeinsame Aussendung machen …
Sie sind sehr optimistisch …
Ja, und Sie werden sehen: Am Tag danach werden wir alle wieder gut miteinander auskommen.
Interview: Artur Oberhofer
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Kommentare (18)
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andreas
Was redet der denn daher?
Kinder sind doch nicht nur bei der Erstkommunion in der Kirche.
Meines Wissens durften die Schützen im Dom von Bozen noch nie mit den Waffen rein und wenn er nicht wusste, dass viele der Folkloretruppe die Messe lieber beim Dorfwirt als in der Kirche feiert, hat er entweder keine Ahnung oder er sagt die Unwahrheit.
vogelweider
Wenn es doch nur bei den Salven bliebe!
Noch mehr erschrecken die Böllerschüsse, die zum Teil in unmittelbarer Nähe der Häuser abgefeuert werden. Keine Widerrede: Habe ich erst kürzlich wieder selbst erleben müssen!