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Das Dialekt-Verbot

Alessandro Urzì fordert, dass in der öffentlichen Verwaltung nur noch die deutsche Standardsprache verwendet wird. Der Gebrauch des Dialekts schrecke die Italiener davon ab, Deutsch zu sprechen.

von Matthias Kofler

Alessandro Urzì hat dem Landtag einen Beschlussantrag vorgelegt, der – so schickt der Titel voraus – „die Verwendung der Standardsprache für eine bessere gegenseitige Verständigung“ vorsieht.
Häufig falle auf, dass in Südtirol die italienischsprachigen Mitbürger die zweite Sprache im gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und institutionellen Leben nur selten verwenden würden, erklärt der Abgeordnete von Alto Adige nel Cuore. Und er hat dafür auch eine Erklärung parat: So habe sich im Laufe der Jahre gezeigt, dass der gängige Gebrauch des Dialektes in seinen unterschiedlichen lokalen Varianten die Italiener in Südtirol davon abschrecke, Deutsch zu sprechen. Dies geschehe nicht nur im familiären Kreis oder im Bereich der persönlichen Beziehungen, sondern auch in der öffentlichen Verwaltung und in den Institutionen.

„Obwohl in diesen Bereichen der Dialekt – oder auch eine stark dialektal gefärbte Standardsprache – in solchen Situationen nur mündlich und (mit wenigen Ausnahmen) nicht schriftlich verwendet wird, stellt dies oft eine unüberwindbare Hürde für die Verständigung zwischen Bürgern unterschiedlicher Sprachgruppen dar. Viele Mitbürger, die sich die zweite Sprache angeeignet haben, stoßen oft durch den Gebrauch oder Missbrauch des Dialektes bzw. der lokalen Dialekte auf institutioneller und amtlicher Ebene an ihre Grenzen“, begründet der Abgeordnete seinen Antrag. Diese oftmals lockere Verwendung der Dialekte in der öffentlichen Verwaltung sei ein „Hemmschuh“ im täglichen Gebrauch der zweiten Sprache in der erlernten Standardform.

Alessandro Urzì bedauert, dass das Problem meistens dadurch gelöst werde, indem man von der mehrsprachigen Kommunikation auf die italienische Hochsprache ausweiche. Dies verursache Frustration bei denjenigen, die fleißig Deutsch gelernt haben, sich aber im praktischen Leben und außerhalb des Schulkontextes mit einem Umfeld konfrontieren müssen, das bis auf wenige Bereiche den Dialekt bevorzuge. „Der Gebrauch des Dialektes in der institutionellen Kommunikation führt zu peinlichen Situationen und Verständigungsproblemen bei Personen, die zwar angemessene Kenntnisse der Standardsprache besitzen, jedoch kein Interesse oder keine Möglichkeit hatten, die dialektalen Formen zu erlernen und diese folglich nicht verstehen können“, kritisiert der Abgeordnete.

Ähnlich schaut es laut Urzì bei öffentlichen Veranstaltungen, Ausstellungen oder Einweihungen aus: Zwar sei der Gebrauch der Muttersprache ein Grundrecht jedes Einzelnen, der Gebrauch dialektaler Formen seitens der Redner und der institutionellen Vertreter verhindere jedoch die Beteiligung aller, auch derer, die trotz angemessener Kenntnisse der zweiten Sprache des Dialektes nicht mächtig seien.

Daher soll die Landesregierung aufgefordert werden, mit einer angemessenen Sensibilisierungskampagne für alle öffentlichen Verwalter bei Konferenzen, Veranstaltungen, Vorstellungen, Einweihungen und Pressekonferenzen die offiziellen Landessprachen in ihren Standardformen zu verwenden und den Gebrauch der dialektalen Formen so weit als möglich auszuschließen. Weiters sollen entsprechende Sensibilisierungsinitiativen unterstützt werden, damit ab dem Kindergarten über alle anderen Schularten und -stufen die an die Schülerinnen und Schüler gerichtete Kommunikation im Unterricht in der Standardsprache erfolgt und sich der Gebrauch der dialektalen Formen auf den täglichen Umgang beschränkt.

Da im Juli der Nachtragshaushalt behandelt wird, kommt der Urzì-Antrag erst im Herbst auf die Tagesordnung des Landtags. Die SVP-Fraktion, deren Stimmen für die Annahme oder Ablehnung von Anträgen entscheidend ist, hat sich mit dem „Dialekt-Verbot“ noch nicht beschäftigt. Die Begeisterung von Fraktionssprecher Gert Lanz hält sich aber in Grenzen: „Wir brauchen den Gebrauch der deutschen Standardsprache in der Verwaltung nicht zu formalisieren. Das würde so weit gehen, dass wir auch festlegen, mit welchen Worten wir uns am Morgen begrüßen sollen.“

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