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Auf Schritt und Tritt

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Sie bringen ihre Schulkinder bis zur Klassentür und wählen für sie die passende Uni aus: Helikopter-Eltern. Was dahinter steckt.

von Eva Maria Gapp

Egal, ob Schule oder Kindergeburtstag. Überall hin verfolgen sie und überwachen sie ihre Kinder. Die Rede ist von Helikopter-Eltern. Sie machen die Hausaufgaben für sie, entscheiden über „geeignete“ Spielsachen, später über die Studienwahl und den zwischenmenschlichen Umgang. „Sie kreisen also wie Hubschrauber um ihre Kinder und versuchen jedes Unheil aus dem Weg zu räumen, lange bevor etwas passieren kann. Aus Angst um die Zukunft ihrer Schützlinge steuern sie deren Leben bis ins kleinste Detail“, weiß der Naturnser Psychologe Hartmann Raffeiner.

Er kennt das Phänomen der Helikopter- Eltern genau: „Es kommen betroffene Eltern oder Kinder in meine Praxis und ich arbeite auch mit Lehrern und Erziehern zusammen, die mir immer häufiger von Vorkommnissen berichten, die typisch für Helikopter-Eltern sind“, sagt er. Damit meint Raffeiner, dass sie mit allen Mitteln versuchen, ihr Kind vor Misserfolgen zu schützen: „Wenn etwa der Sohn oder die Tochter eine schlechte Note bei einer Schularbeit bekommt, wollen sie das nicht hinnehmen. Sie behaupten dann, die Schule oder der Kindergarten ist zu streng und man soll sich an das Kind anpassen“, so Raffeiner.

Aus der Psychologie weiß man auch, „dass es diesen Eltern schwer fällt, psychische Schwierigkeiten ihres Kindes zu akzeptieren“. „Wenn ein Psychologe Lernschwierigkeiten feststellt, dann glauben sie das nicht. Die Diagnose wird also in Frage gestellt, weil es die Idealvorstellungen der Eltern angreift. Denn bei Helikopter-Eltern geht es auch sehr viel um Selbstdarstellung und Image“, so der Psychologe. Da Helikopter-Eltern sehr misstrauisch sind, kommt es auch vor, dass sie sogar Apps auf dem Handy ihres Kindes installieren, um es kontrollieren zu können. „Denn Helikopter-Eltern wollen das Leben ihres Kindes überwachen und greifen notfalls auch zu diesen Mitteln“, so Raffeiner.

Der Psychologe kommt also zu dem Schluss: „Helikopter-Eltern sind sicherlich ein Phänomen unserer Zeit.“ Grund dafür sind laut Raffeiner auch die gesellschaftlichen Veränderungen: „Heutzutage bekommen Eltern meist nur mehr ein Kind und das vergleichsweise spät. Das heißt: Sie haben viel mehr Zeit, diesem einem Kind die volle Aufmerksamkeit zu schenken, als es etwa früher der Fall war“, sagt er. Zudem verfügen diese Eltern meist über ausreichende zeitliche als auch finanzielle Ressourcen, um den Alltag ihrer Kinder bis ins kleinste Detail zu strukturieren. Das zweite ist, dass Eltern heutzutage viel informierter sind, als es etwa früher der Fall war: „Durch das Internet bekommen sie einen umfassenden Einblick über die unterschiedlichsten Gefahren, die auf der Welt herrschen. Dadurch werden sie noch besorgter. Ein Nährboden für Helikopter-Eltern“, so Raffeiner.

Ein weiterer wesentlicher Faktor ist laut Raffeiner, dass die Ansprüche an die Kinder heutzutage höher geworden sind: „Sie sollen in einer Leistungsgesellschaft bestehen und sich zugleich um Hundert andere Dinge kümmern. Diese Eltern befürchten dann, das Kind könnte diesem Druck nicht standhalten und überwachen es deshalb so sehr. Sie haben Angst, dass ihr Kind es zu nichts bringt“, erzählt er. Oft spielen aber auch Versagensängste der Eltern eine Rolle oder die Angst, von anderen verurteilt zu werden. Durch die sozialen Netzwerke steigt auch der soziale Druck. Viele Eltern tun sich aber auch schwer, das richtige Maß an Distanz und Nähe zu bewahren. „Das sehe ich immer häufiger. Viele Eltern wissen oft nicht, wann ihr Kind sie wirklich braucht und wo es besser ist, sich zurückzuhalten“, sagt er.

Das kann aber unterschiedlichste Folgen haben: „Dadurch, dass Helikopter- Eltern ihre Elternrolle in übertriebenem Maße ausüben, hat das heranwachsende Kind wenig äußere und innere Freiräume“, sagt Raffeiner. Zudem würden sich diese Kinder später schwerer tun, selbstständige Entscheidungen zu treffen: „Viele Kinder von Helikopter-Eltern sind dann als junge Erwachsene überfordert, weil sie nicht gelernt haben, eigenständig Probleme zu bewältigen oder mit Rückschlägen umzugehen. Sie landen dann bei mir in der Praxis“, sagt er. Dabei würden sie auch über Depressionen, Angst -und Panikstörungen sowie Substanzmissbrauch klagen. Denn vieles von der eigenen Selbstsicherheit sei nie entwickelt worden.

„Das sehe ich in meiner Praxis ganz stark“, sagt er. Hinzu kommt, dass viele dieser Kinder gar nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen: „Für sie ist es eine ganz schlimme Situation und oft mit Scham verbunden. Einerseits fühlen sie sich den Eltern ausgeliefert, andererseits haben sie das Bedürfnis, selbst Entscheidungen zu treffen“, sagt er. Oft komme es deshalb auch zu Konflikten zwischen den Eltern und dem Kind: „Viele reagieren dann sehr aggressiv und wollen mit den Eltern nichts mehr zu tun haben. Die Eltern sind dann oft ganz überrascht. Sie glauben, dass sie dem Kind immer nur etwas Gutes getan haben. Das Gegenteil ist aber der Fall“, so Raffeiner. Deshalb werden Helikopter-Eltern auch häufig kritisiert. Laut Raffeiner ist die Kritik berechtigt, nur sei es wichtig, nicht vorschnell über diese Menschen zu urteilen: „Es hat wenig Sinn, den Zeigefinger zu erheben und zu sagen, schau mal diese Mutter mischt sich in allem ein. Vielmehr sollte man auf sie zugehen und ihr die Chance geben, über ihre Situation und über ihre Ängste zu reden. Denn oft merken sie dann selbst, dass sie dem Kind damit nicht gut tun. Denn bei Helikopter- Eltern geht es massiv um die eigenen Ängste“, gibt er zu bedenken.

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Kommentare (5)

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  • erich

    Junge Mütter sind mit der Erziehung zunehmend überfordert.

  • exodus

    Was ist das Ergebnis solcher verkorkster Erziehungsweise? Unentschlossene Jugendliche, die den Psychiater brauchen und Studierte die teilweise nichts taugen und nur das können was auswendig gelernt wurde und Söhne und Töchter die immer noch am Rockzipfel der Mutter hängen und ewig daheim wohnen und bedient werden Die Väter haben meistens nicht viel zu melden und geben still bei. Zu meiner Studienzeit wehte ein anderer Wind und man hatte auch mehr Stolz und Eigenständigkeit. Ich bin meinen Eltern dankbar für ihr Verhalten, ich wurde immer richtig geführt und unterstützt.

  • george

    Und die Kinder dieser Eltern leiden dann unter dem „Curling-Syndrom“, d. h, bei jeder kleinen Schwierigkeit, die sich ihnen in den Weg stellt, kommen sie vom Zielweg ab, bleiben irgendwo hängen, kriegen Angst, klappen zusammen oder igeln sich ein. Dieses „Curling-Syndrom“ tritt dann vor allem in der Schule vor Prüfungsaufgaben auf, wo sie selbständig bestimmte Aufgaben bewältigen sollten.

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