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„Sind kein Sündenbock“

Die Grillini mit Diego Nicolini (Mitte)

Schweigen über Michl Ebner, lange Wartezeiten in der Sanität und Schlaumeierei in der Gesetzgebung: Nach den Verbalattacken des Landeshauptmanns schlagen die Grillini nun zurück.

Von Matthias Kofler 

Unter den strengen Augen von Arno Kompatschers Pressesprecherin Elisabeth Augustin und des SVP-Fraktionsmitarbeiters Arno Parmeggiani nahmen die Vertreter des Südtiroler Movimento 5 Stelle am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz zu den Vorwürfen des Landeshauptmanns Stellung. Die zentrale Botschaft: „Wir lassen uns von Kompatscher, der nur von seinem eigenen Versagen ablenken will, nicht zum Sündenbock machen.“ Der LH hatte den Grillini eine „autonomiefeindliche Haltung“ vorgeworfen und die Lega dazu aufgerufen, Südtirol in Rom besser vor den Angriffen des Movimento 5 Stelle zu schützen. Doch den Vorwurf, gegen die Sonderautonomie zu arbeiten, wollte der Landtagsabgeordnete Diego Nicolini so nicht stehen lassen: Immer dann, wenn er in Schwierigkeiten sei, nehme Kompatscher die Autonomie als Entschuldigung her und schlage Alarm. Das sei zwar „sehr bequem“, könne aber nicht länger hingenommen werden. 

Elisabeth Augustin

Kompatschers offene Baustellen

Diego Nicolini zählte eine Reihe von Problemfeldern auf, zu denen die Landesregierung – nach sechs Monaten im Amt – keine Antworten liefern konnte: „Denken wir nur an den Wolf, die Gehälter der öffentlich Bediensteten, die Funktionszulagen der Führungskräfte, die Leibrenten oder den Flughafen – Kompatscher weiß, dass er das Land nicht gut regiert“, kritisierte der Fünf-Sterne-Abgeordnete und konstatierte einen „Vertrauensverlust“. Die größte Baustelle sei aber mit Sicherheit die Sanität. Den einzigen Erfolg, den Kompatscher in dieser Legislatur erzielt habe, sei die A22-Konzession – „dank der guten Zusammenarbeit mit unserem Verkehrsminister Danilo Toninelli“, betonte der Grillino. 

Angefochtene Landesgesetze 

Die römische Regierung hat in der vergangenen Woche zwei Artikel des Nachtragshaushalts angefochten, welche die Sanität betreffen. Wie die Grillini betonten, gingen die Beanstandungen jedoch vom Lega-geführten Regionenministerium aus und wurden schließlich von Lega-Unterstaatssekretär Giancarlo Giorgetti unterzeichnet. Zudem widersprach Nicolini der Behauptung des LH, wonach die Regierung die Landes-Facharztausbildung angefochten hätte. Dafür seien die Fristen nämlich schon längst verstrichen. Vielmehr gehe es um das System zur periodischen Überprüfung der Sanitätsführungskräfte, wo sich das Land nicht an die Vorgaben des Staates halte und damit nicht im Sinne der Bürger agiere.

Lange Wartezeiten in der Sanität

Harsche Kritik übte Nicolini an Sanitätslandesrat Thomas Widmann: Dieser habe ihn – so wörtlich – „auf den Arm genommen“. Die Regierung hatte die Regionen und Länder zu Jahresbeginn aufgefordert, binnen 60 Tagen einen Plan zum Abbau der Wartezeiten in den Krankenhäusern vorzulegen. Doch die Landesregierung sei dieser Aufforderung bislang nicht nachgekommen. Auf eine entsprechende Landtagsanfrage antwortete Widmann, Südtirol brauche keine Pläne, sondern Mediziner. Nicolini vermutete, dass das Land bereits einen Plan in der Schublade liegen habe, diesen aber nicht veröffentlichen wolle, da er die peripheren Krankenhäuser „aufschrecken“ würde. Der Fünf-Sterne-Politiker wies den Vorwurf zurück, seine Bewegung sei für die Kontrollen der Gesundheitspolizei an den Krankenhäusern Bozen und Bruneck verantwortlich. Diese seien vielmehr von der Ärztegewerkschaft ausgegangen und würden mit Unregelmäßigkeiten bei der Zweisprachigkeitspflicht und bei der Anstellung von medizinischem Personal zusammenhängen. 

Schlaumeierei in den Kommissionen

Nicolini kritisierte die fehlende Transparenz in den Gesetzgebungskommissionen. Die Geheimniskrämerei sei ein „Zeichen von Schwäche“. Direktoren und Funktionäre des Landes, die auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit von Gesetzesartikeln hinweisen, würden von der SVP nicht ernstgenommen. Ihr Argument laute: „Die in Rom merken das eh nicht.“ Das sei vielleicht unter dem PD so gewesen, die Zeiten hätten sich aber mittlerweile geändert. Die Fünf Sterne jedenfalls würden sehr wohl für die Autonomie und eine bürgernahe Verwaltung eintreten. Dies heiße aber nicht, dass man sich „Gesetze nach eigenem Gutdünken erfinden“ könne, so der Landtagsabgeordnete.

Kein Wort zu Michl Ebner

Enttäuscht zeigte sich Nicolini vom Verhalten des LH im Zusammenhang mit der Ernennung der Mitglieder der Sechserkommission. Dieser habe sich dazu nie zu Wort gemeldet. Dabei sei die Berufung von Michl Ebner und Antonio Lampis, die nicht Ausdruck des Wandels seien, eine „Provokation“ seitens der Lega, um die Regierung zu Fall zu bringen. „Wir erkennen diese Kommission nicht an, weil sie nicht diese Regierung widerspiegelt“, so der Abgeordnete und zitierte Karl Zeller, der die Kommission als „Totgeburt“ bezeichnet hatte, da es keine Durchführungsbestimmung in den Ministerrat schaffen werde. „Wie soll man unter diesen Voraussetzungen die Autonomie weiterentwickeln? Warum sagt Kompatscher nichts zu dieser Schande? Und warum wird darüber nicht in den großen Medien des Landes berichtet? Etwa weil es der Besitzer nicht will?“, giftete Nicolini und richtete die Frage an eine anwesende Journalistin des „Alto Adige“, die aber schwieg. 

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