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Teures Wohnen

Olav Lutz, Wohnbau-Experte und KVW-Vize-Landesvorsitzender, zeichnet ein ernüchterndes Bild vom Wohnbau und Mietmarkt in Südtirol – und wartet mit interessanten Zahlen auf.

Tageszeitung: Herr Lutz, im Landtagswahlkampf war leistbares Wohnen ein großes Thema – und ist es immer noch. Wie sehen Sie die Debatte?

Olav Lutz: Leistbares Wohnen ist nicht nur in Südtirol ein großes Thema. Besonders vor den Wahlen ist dieser Punkt fix in jedem Programm von jeder Partei. Dies ist kein reines Südtiroler Phänomen. Auch in dem so wirtschaftsstarken Deutschland, wo es kaum Staatsverschuldung gibt und eigentlich genug finanzielle Möglichkeiten, brennt dieses Thema. Deutschland schafft es auch nicht, den überhitzten Wohnungsmarkt zu beruhigen.

Was kann man in Südtirol tun?

Erst einmal sind einige wichtige Fragen zu klären: Was versteht man unter leistbarem Wohnen? Soll für schwächere Einkommensschichten eine Unterstützung her oder soll für jeden ein Beitrag fließen, der bauen, sanieren oder kaufen will? Vom ursprünglichen Wohnbauförderungsgesetz, das vor über 40 Jahren startete, sind wir weit entfernt. Die Bedürfnisse damals waren andere, vieles hat sich geändert. Aber ist der Fokus von damals derselbe? Ist das Wohnbauförderungsgesetz ein Monster an Bürokratie geworden und eigentlich zu einer Wirtschaftsförderung geworden? Ist es zulässig, die Wohnbauförderung noch dem Sozialen zuzuordnen? Wer bekommt heute noch eine Unterstützung für das Eigenheim? Eine im April veröffentlichte Statistik des ASTAT zu Bautätigkeit und Immobilienmarkt zeigt interessante Fakten.

Und zwar?

Die Baugenehmigungen betrugen im Jahr 2017 über vier Millionen Kubikmeter und erhielten somit einen starken Aufschwung. Die Neubauten von Wohngebäuden sanken jedoch um 15 Prozent und die Bauabschlüsse dieser Kategorie sogar um 25 Prozent. Die Erweiterungsbauten von Wohngebäuden sanken gar um 37 Prozent. Wenden wir uns den Förderbeiträgen zu, merken wir, dass die Einführung der EEVE und die Punkteregelung Spuren hinterlassen haben. Hier fällt von 2016 auf 2017 ein Rückgang von über 25 Prozent bei den Schenkungsbeiträgen auf. Auch wenn laut Statistik neun von zehn Gesuchen die Voraussetzungen für eine Wohnbauförderung erfüllen, ist die Dunkelziffer somit wesentlich höher.

Warum?

Weil jene, die gar keinen Antrag mehr gemacht haben, weil ihnen im Vorfeld schon vom Amt gesagt wurde, dass sie keinen Beitrag bekommen, ja nicht erfasst wurden.

Wer sind nun diese 25 Prozent, die durch den Rost fallen?

Jene, die die vielen Hürden der Wohnbauförderung nicht erreicht haben. Junge Leute bekommen die nötigen Mindestpunkte nicht. Junge Paare, die noch keine Kinder haben, schießen über die Einkommensstufen hinaus. Wer dann trotzdem die notwendigen Punkte erreicht, weil genau zu dem Zeitpunkt das Einkommen den Erfordernissen des Landes genehm ist, tut sich dann mit der Rückzahlung schwer.

Wer schafft also noch die Hürde der Wohnbauförderung?

Jene, die eine finanzielle Unterstützung von der Familie bekommen. Jene, die ihr Einkommen steuern können, und jene, die bei den Eltern ausbauen können. Wer also keine Unterstützung des Umfeldes bekommt, kommt aus der Mietfalle nicht mehr heraus. Verdiene ich genug, dass ich mir eine Miete leisten kann, dann verdiene ich zu viel, um eine Wohnbauförderung erhalten zu können. Verdiene ich zu wenig und würde eine Wohnbauförderung erhalten, dann fehlt mir aber das Eigenkapital und die Rückzahlungskraft, die Südtiroler Immobilienpreise zu bezahlen. Auch zum sozialen Wohnbau liefert das ASTAT interessante Daten.

Die lauten…

Der Wohnungsbestand des Wobi stieg nur um 0,5 Prozent, obwohl im Jahr 2017 4.657 Ansuchen für eine Wobi-Wohnung gemacht wurden. Was aber auffällt: Von 13.400 Wobi-Wohnungen sind 5.994 unterbelegt. Dies zeigt, dass hier Potenzial steckt, das Besserung bieten könnte. Wenn im Jahr 1985 noch 463 Wohnungen vom Wobi gebaut wurden, waren es im Jahr 2016 nur noch 22. Interessant ist das Bauprogramm des Wobi: Im Programm 2001-2005 waren noch 1.446 Wohnungen vorgesehen, im Programm 2016-2020 nur noch deren 434 – und dies bei 4.657 Ansuchen.

Was macht das Bauen heute so teuer?

Die gestiegenen Baukostenpreise werden letztens gern an den Klimahaus-A-Standard geknüpft. Schaut man sich aber die Statistik der Baukostenpreise seit 1980 an, ist hier zwar ein kleiner Anstieg zu erkennen, aber zu sagen, dass das Klimahaus das ausschlaggebende Argument für die Steigerung ist, ist falsch. Vielmehr ist der Baugrund massiv gestiegen. Auflagen wie überdimensionale Garagenbauten und teure Infrastrukturen tragen ein Vielfaches an der Teuerung des Bauens bei.

Sie zeichnen insgesamt ein ungutes Bild vom Wohnbau in Südtirol…

So ist es. So ist etwa das von Ex-Landesrat Tommasini viel propagierte Mittelstandsprogramm ein Flop. Nur 57 Mietverträge in Südtirol wurden im Jahr 2017 für diese Kategorie abgeschlossen. Niemand hat die Courage zu sagen, dass dies so ist und das Projekt in dieser Form gescheitert ist. Zum Thema Mieten ist auch zu sagen: Es gibt sieben Südtiroler Gemeinden mit Wohnungsnotstand, wo ein Gebietsabkommen möglich ist, das die Vermietung steuerlich begünstigt. Wenn man aber die Statistik des ASTAT genauer anschaut, gibt es neun Gemeinden, in denen der Mietpreis pro Quadratmeter über 15 Euro ist, und über 33 Gemeinden, in denen der Mietpreis pro Quadratmeter über zehn Euro ist. Hier wäre dringend etwas zu tun.

Interview: Heinrich Schwarz

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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