WeltAnschauungsBildApparatur
Der Blick von oben und der Blick nach oben: Brigitte Mahlknecht und Wendelin Pressl stellen in der Kunsthalle West, Lana, aus.
Die Zeichnerin Brigitte Mahlknecht schaut nach unten, der Weltanschauungsapparturen-Bastler Wendelin Pressl nach oben. Er ist ein Kosmos-Schauer, sie eine Welt-Schauerin. Einige Arbeiten von Mahlknecht tragen den Titel „Weltbilder“, Pressl nennt seine aus Pappe, Lack und Holz gebauten Objekte „Weltanschauungsapparatur“ – woraus sich die hermetisch verdichtete Begriffskombination „WeltAnschauungsBildApparatur“ ergibt.
Beide befassen sich im weitesten Sinn mit dem, was in der Kunst seit den 1960er-Jahren unter dem Begriff „Mapping“ firmiert. Doch was sie kartieren, liegt jenseits territorialer Messlandschaften und abstrakt-geographischer Welterkundung. Statt Verortung zu bieten, driften sie in Entortung und stellen das Medium Karte als solche in Frage.
Pressl baut aus Pappe, Lack und Holz Sehmaschinen, etwa einen „Apparat zur Betrachtung der Oberfläche des Mondes“ oder eine „Planetothek“, die den Bildtypus des technischen, wissenschaftlichen Bildes zu bedienen scheinen, in Wahrheit diesen aber dekonstruieren und ironisch ad absurdum führen. Sein Teleskopblick setzt einen Prozess in Gang, der Weltanschauung als Selbstschau kartiert. In der Serie „Sternbildgrenzen“ etwa setzt er sich mit den Implikationen von Karten auseinander, künstliche Grenzen zu ziehen, wo es per definitionem keine Grenzen gibt. Das irdische Grenz-Dispositiv in All übertragen, bedeutet eine absurde Territorialisierung, die sich nicht aus unserem Wissen vom Raum ableiten lässt. Das kartierte Raumwissen ist von Weltbildern und von Absichten, die mit der Kartierung verfolgt werden, geprägt.
Im Gegensatz zum astronomischen Teleskopblick von Pressl pflegt Brigitte Mahlknecht den „ikarischen Blick“ (Buci-Glucksmann), den Blick der Kartographin, die von oben auf ein Gelände schaut und zeichnend zur Anti-Kartographin wird. Die Bilder aus der Serie „Flugbilder“ haben ihren Ursprung in Skizzen, die die Künstlerin nachts im Flugzeug sitzend, mit Blick auf die beleuchteten Ortschaften darunter, geschaffen hat. Ein radikal subjektives Kartierungsverfahren wendet sie auch in urbanen Räumen an. Einem neuen Ort nähert sie sich herumgehend, zeichnend, sich verlierend und ihre eigenen Karten entwerfend, die mehr oder weniger nahe an den Ort hinkommen. Das zeichnerische Ergebnis schaut wie Mapping aus, ist aber letztlich weit davon entfernt, weil es keine verwertbaren Informationen enthält. Ihre nomadische Lust am Umherirren erzeugt eine Spur, die ohne Ursprung und Ziel auskommt. Wer Mahlknechts Bilder betrachtet, ihren mäandernden Gängen folgt, streift durch das möglicherweise Mögliche. Mahlknechts und Pressls „Mapping“ gehen von unterschiedlichen Räumen aus und treffen sich im Weglosen, in Zwischenwelten, in der wechselseitigen Kontamination von Bild und Kartographie. Brigitte Mahlknecht (geb. 1966 in Bozen) letzte Ausstellungen: Museo Palazzo Ducale di Mantova und Österreichisches Kulturforum New York. Nächste Ausstellung im Drawin Lab Paris Wendelin Pressls (geb. 1971 in Graz) letzte Ausstellung: Complexity Science Hub Vienna, nächste Ausstellung in der Kunsthalle Krems
Termin: Eröffnung am 21. Juni um 19.30 Uhr in der Kunsthalle West Eurocenter Lana. Bis 7. Juli.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.