„3.000 Euro Unterschied“
Die Verhandlungen im öffentlichen Dienst stocken. Das AFI hat die Vorschläge von Land und Gewerkschaften analysiert und ein Fallbeispiel berechnet.
Stefan Perini, Direktor des Arbeitsförderungsinstitutes (AFI), schickt das Ergebnis seiner Bewertung voraus:
- „Dass der wirtschaftliche Aufschwung im letzten Jahrzehnt an Südtirols Arbeitnehmern vorbeigegangen ist, dürfte inzwischen hinreichend bekannt sein. In besonderem Maß gilt das für die öffentlich Bediensteten in Südtirol.
- Der aktuelle Vorschlag der öffentlichen Delegation ist nicht konform mit den Richtlinien der Landesregierung.
- Das Urteil des Verfassungsgerichts 178/2015 sagt eigentlich das Gegenteil davon, was die öffentliche Delegation vorgibt. Es sagt nämlich, dass ein Lohnstopp eine zeitweilige Maßnahme sein kann, aber nicht unbegrenzt gelten darf. Konkret fordert das Verfassungsgericht vom Staat ein, die Kollektivverhandlungen im öffentlichen Dienst wiederaufzunehmen. Weiter noch, dass die finanzielle Schieflage des öffentlichen Haushalts nicht auf nur eine gesellschaftliche Kategorie – die der öffentlichen Bediensteten – lasten darf. Objektiv betrachtet spielt das Urteil des Verfassungsgerichts den Gewerkschaften sogar in die Hände.“
Wie bekannt, gingen die kollektivvertraglichen Verhandlungen im öffentlichen Dienst am Montag dieser Woche in die fünfte Runde. Auf dem Tisch lagen ein Vorschlag der öffentlichen Delegation und ein konkretes Forderungspapier der Gewerkschaften.
Die Richtlinien der Landesregierung geben vor, dass in der Festlegung der Entlohnungen der Schutz der Kaufkraft der Gehälter, unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes sowie der grundlegenden Bestimmungen der wirtschaftlich-sozialen Reformen zu berücksichtigen sind.
Und das sind die Zahlen, die das AFI liefert: Zwischen 2010 und 2018 ist das Bruttoinlandsprodukt in Südtirol real um 10,0 Prozent gestiegen, die Zahl der Erwerbstätigen um 7,9 Prozent und die Lebenshaltungskosten um 16,0 Prozent.
„Der Grundlohn eines öffentlich Bediensteten ist im selben Zeitraum, abhängig von der Funktionsebene, nominell zwischen 5,6 und 2,9 Prozent gestiegen, was real einer Abnahme von 10,4 bis 13,1 Prozent entspricht“, erklärt das AFI.
Der Vorschlag der öffentlichen Delegation
Die öffentliche Delegation geht von den geltenden Lohntabellen (Stand Mai 2017) aus. Vorgeschlagen werden folgende Lohnerhöhungen: 1,5 Prozent für 2019, 1,6 Prozent für 2020 und 1,7 Prozent für 2021. Es handelt sich hier um die geschätzten Inflationsraten für Südtirol für die entsprechenden Jahre.
Darüber hinaus: höhere Einstiegsgehälter, Aufstockung des Leistungsfonds, Neuregelung der Koordinierungszulagen, Gewährung einer Zulage bei Besitz eines höheren Zweisprachigkeitsnachweises als von der jeweiligen Funktionsebene vorgesehen, Anhebung von „fringe benefits“ wie z.B. Essensgutscheine auf sieben Euro.
Die Forderungen der Gewerkschaften
Die Gewerkschaften fordern mit Verweis auf die Richtlinien der Landesregierung einen flächendeckenden, einmaligen Lohnsprung von zehn Prozent auf die geltenden Lohntabellen. Unter dieser Bedingung akzeptieren sie den Vorschlag der öffentlichen Delegation betreffend die Gehaltsentwicklung für den Zeitraum 2019-2021 (2019: 1,5 Prozent, 2020: 1,6 Prozent, 2021: 1,7 Prozent).
Allfällige Abweichungen zwischen programmierter und effektiv gemessener Inflation sollen allerdings noch vor Ablauf des Vertragszeitraumes ausgeglichen werden.
Das Fallbeispiel
Das AFI hat nachgerechnet, was die verschiedenen Vorschläge konkret für einen öffentlich Bediensteten der 6. Funktionsebene bedeuten.
Die im April 2010 definierten Lohntabellen (Jahres-Bruttolohn) wurden am 1. Juli 2016 ein erstes Mal um 480 Euro brutto angehoben, ab 1. Mai 2017 ein weiteres Mal, immer um 480 Euro brutto. Dem Vorschlag der öffentlichen Delegation entsprechend würde ein öffentlich Bediensteter im Jahr 2021 auf einen Jahres-Grundgehalt von 30.105,39 Euro kommen.
Würde der Grundlohn den Südtiroler Lebenshaltungskosten folgen, müsste er im Jahr 2021 bei 33.638,81 Euro liegen. Geht die gewerkschaftliche Forderung durch, kommt der öffentlich Bedienstete auf 33.115,93 Euro.
Fazit: „Zwischen den Vorstellungen der beiden Seiten liegen rund 3.000 Euro brutto“, so das AFI.
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Kommentare (20)
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andreas
Na ja, wenn man die Essensgutscheine dazu rechnet, was nach meinem Verständnis nicht gemacht wurde, ca. 1.700 Euro Netto jährlich, Brutto bei entsprechender Lohnerhöhung wären es für den Steuerzahler Mehrkosten von über 3.000 Euro im Jahr, sieht die ganze Sache nicht mehr so dramatisch aus.
vagabund
Ach, wieder mal einer mit wenig Ahnung!
Die Gemeindebediensteten erhalten ja schon Essensgutscheine: 6 Euro
Eine Erhöhung auf 7 Euro wäre also nur 1 Euro mehr!!!
Hier schreiben einfach viel zu viele Leute, welche von Tuten und Blasen keine Ahnung haben!!!
andreas
Was dann bedeuten würde, dass sie schon bis jetzt einen zusätzlichen Mehrwert erhalten haben, welcher hier nicht aufgelistet ist.
Aber du kannst mich ja aufklären, da du anscheinend vom Tuten und Blasen, was ich bemerkenswert finde, eine Ahnung hast.
meinemeinung
was soll das?? höhere Einstiegsgehälter, Aufstockung des Leistungsfonds, Neuregelung der Koordinierungszulagen, Gewährung einer Zulage bei Besitz eines höheren Zweisprachigkeitsnachweises als von der jeweiligen Funktionsebene vorgesehen, Anhebung von „fringe benefits“ wie z.B. Essensgutscheine auf sieben Euro.
Zulagen und Zulagen und wenn jemand besser Zweisprachig ist bekommt er /sie noch mehr Zulagen , spinnen wir oder.???
Gebt Ihnen 18 % dass man damit Leben kann ,mehr und streicht diese Unübersichtliche Zulagen die nur Bürokratie und Papier schaffen.
vagabund
Es gibt ZIG-Betriebe in der Privatwirtschaft, wo auch Essensgutscheine an die Mitarbeiter bezahlt werden!!!!!
Diese ewigen Vorurteile gehen mir mittlerweile so was von auf den Geist!!!!
andreas
Du hast den Grund für Essensgutscheine anscheinend nicht verstanden, wobei wenn du anfängst Privilegien von Land – Privat zu vergleichen, du wohl den Kürzeren ziehst.
Mein Vorschlag wäre sowieso die Effizienz um 10% zu steigern, Abgänge nicht zu kompensieren und so die 10% Lohnsteigerung zu „erwirtschaften“.
Die Lohnkosten des Landes müssen im Rahmen bleiben und nebenbei hat eigentlich jeder Landesangestellte, welchen ich kenne gemeint, dass es ihm gar nicht so schlecht geht.
vagabund
Geh du mal einen Tag arbeiten in einer Gemeinde, und du läufst wieder davon!!!!
Effizienz steigern ist lächerlich hoch drei bei dieser Bürokratie! Was soll da der einfache Angestellte machen laut dir? Einfach die ganzen gesetzlichen hochbürokratischen Abläufe ignorieren?????!!!!
Aber zeigt nur wieder mal dass du NULL Ahnung hast, welcher Arbeitsaufwand mittlerweile auch bei den öffentlichen zu leisten ist!!!!
asterix
@Vagabund, du hast vollkommen Recht. Die meisten die hier gscheid schreiben haben keinen blassen Schimmer von dem sie schreiben. Abgesehen davon wiederhole ich mich gerne: Die können sich ihre Essensgutscheine an den bekannten Hut stecken. Ersten nicht pensionierbar und zweitens wollen wir unser Geld ausgeben wo und wie wir wollen. Die Politiker wollen ja auch nicht eine Sack Kartoffel als Amtsentschädigung.
nochasupergscheiter
Ich als Angestellter in der Privatwirtschaft verstehe die ganzen Diskussionen hier nicht!!!!
Bitte bitte ihr braucht doch nur in die Privatwirtschaft zu wechseln! Mehr Lohn, mehr Freizeit,
mehr Vergünstigungen sowieso! Ihr könnt Überstunden machen bis zum Abwinken, wenn ihr Lust habt. Ihr kriegt ein tolles Mittagessen!!!!
Ja ich weiß nicht, was die ganzen öffentlich Angestellten auf Ihrem Arbeitsplatz hält, wenns wirklich soooooooooo schlecht ist.
PS.: in meiner Familie gibts öffentliche Bedienstete in allen Varianten. KEINER WÜRDE ZU MIR IN DEN BETRIEB WECHSELN, und wenn ich Ihnen manchmal anbiete mir ein wenig zu helfen lachen sie mich aus und schwingen sich Freitag nachmittags oder um 17.15 aufs Rad…, wenn sie nicht gerade ein Sabbathjahr in Anspruch nehmen und mal kurz weg sind, oder sowieso im Urlaub oder auf Stundenausgleich…
exodus
Ich kann dieses ewige Gejammer nicht mehr ertragen! Provinz-u. Gemeindeangestellte können sich nun wirklich nicht über Lohn und Vorteile beklagen. Was sollen die Rentner sagen, die höchstens
1-2% Erhöhung pro Jahr bekommen? Wo ist hier die Inflationsanpassung und bei wem kann man sich beklagen? Ein Angestellter, welcher er auch ist, kann immerhin Arbeitsplatz wechseln und vielleicht sich so verbessern. Einem Rentner ist diese Möglichkeit nicht gegeben.