Du befindest dich hier: Home » Politik » „Schwierige Situation“

„Schwierige Situation“

Nach dem jüngsten Urteil des Verfassungsgerichts zu den Führungszulagen steht der Landtag unter Zugzwang: Verdienen die Spitzenbeamten und Ärzte schon ab Juli deutlich weniger?

Von Matthias Kofler

Das Verfassungsgericht in Rom hat die Landesbestimmungen zu den Führungszulagen für verfassungswidrig erklärt. Das Verfahren hing mit einem brisanten Urteil des Rechnungshofes von 2017 zusammen. Damals wurden 18 Personen aus Politik und öffentlicher Verwaltung zu einer Schadenersatzzahlung von 565.000 Euro verurteilt. Am härtesten traf es den Ex-Direktor der Personalabteilung des Landes, Engelbert Schaller, mit 182.000 Euro.

Der Grund für das Urteil: Die bereichsübergreifenden Kollektivverträge ab 1999 seien in Bezug auf die Funktions- und Koordinierungszulagen für Führungskräfte widerrechtlich gewesen. Konkret sei ehemaligen Abteilungs- und Amtsdirektoren ein Teil der früher bezogenen Zulagen bis zur Pensionierung als fixes Lohnelement ausbezahlt worden. Das sei aufgrund fehlender Gegenleistung eine nutzlose Ausgabe. Das Land hätte sich laut Rechnungshof an das Staatsgesetz halten müssen.

Zum selben Schluss kommt nun auch der Verfassungsgerichtshof: Aus dem Urteil geht hervor, dass zwischen 2011 bis 2016 rund 600 Beamte des Landes Führungs- und Koordinierungszulagen bezogen, die ihnen nicht zugestanden hätten, weil sie keine Führungs- oder Koordinierungsaufträge mehr innehatten.

Erfreut über das Verdikt aus Rom zeigt sich der Landtagsabgeordnete des Movimento 5 Stelle, Diego Nicolini, der wörtlich von einem „Ende der Privilegien“ spricht. Er geht davon aus, dass bereits im Juli führende Landes-, Gemeinde-, Bezirks- und Gesundheitsbeamte deutlich weniger verdienen werden. Auch der jüngste Vertrag für die Ärzte, der ebenfalls die schrittweise Umwandlung der Funktionszulagen in ein fixes Lohnelement vorsieht, könnte dem Urteil des Verfassungsgerichts zum Opfer fallen.

Nicolini spricht sich klar gegen das Ansinnen des Landeshauptmanns aus, die Situation im nachhinein zu „sanieren“, indem mit einem neuen Landesgesetz die Personalordnung auf neue Füße gestellt und somit die Gehälter der Spitzenbeamten „gerettet“ werden.

Für eine entsprechende Gesetzesreform macht sich der SVP-Rechtsexperte und Ex-Senator Karl Zeller stark. Das Land befinde sich in einer „extrem schwierigen Situation“, da man im Zivilrecht, dem die Arbeitsverträge im öffentlichen Sektor seit 2001 unterliegen, keine Kompetenzen habe. „Ich habe in meiner Zeit im Parlament versucht, die Situation mittels einer Durchführungsbestimmung zu retten. Eine Ausnahmeregelung für Südtirol zu erwirken, erwies sich jedoch als unmöglich.“

Zeller bezweifelt, dass die 600 betroffenen Beamten vom Rechnungshof dazu gezwungen werden können, die unrechtmäßig erhaltenen Funktionszulagen zurückzuzahlen. Immerhin hätten sie sich an die geltenden Landesbestimmungen gehalten und im guten Glauben gehandelt. Dennoch müsse schnell eine Gesetzesänderung her, da einer weiteren Auszahlung der Funktionszulagen die gesetzliche Grundlage entrissen worden sei. Es brauche nun eine „intelligente Lösung“, fordert Zeller und betont, dass auf staatlicher Ebene viel höhere Funktionszulagen ausbezahlt würden. Mit dem Unterschied, dass die Beamten diese nicht mehr beziehen, sobald sie den Führungsauftrag verloren haben. Auf die laufenden Kollektivvertrags-Verhandlungen fürs Landespersonal habe das römische Urteil keine Auswirkungen, so der SVP-Politiker.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (21)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen