„Das geht deutlich in die Hose“
Nicht alle SBB-Mitglieder sind mit dem aggressiven Anti-Wolf-Kurs des Südtiroler Bauernbundes einverstanden. Der Signater Weinbauer Hanno Mayr wirft dem Bauernbund „politische Agitation“ vor.
von Artur Oberhofer
Hanno Mayr hat sich über den Aufruf zur Teilnahme an der Anti-Wolf-Demo am 8. Juni dieses Jahres so sehr geärgert, dass er sich an seinen Computer setzte und einen Protestbrief an den „lieben Leo“ verfasst hat.
Der liebe Leo wäre Leo Tiefenthaler, seines Zeichens Obmann des Südtiroler Bauerbundes.
Warum hat sich Hanno Mayr, der Kleinstein-Weinbauer in Signat und Grünen-Gemeinderat am Ritten, so sehr geärgert? Weil im Bauernbund Service und (Partei-)Politik vermischt würden.
Konkret wirft Hanno Mayr den SBB-Bossen vor, sie nutzten das SBB-Serviceportal zur „politischen Agitation“.
Einleitend schreibt der Rittner Weinbauer:
„Heute hat mich der (…) Aufruf zur Teilnahme an einer Anti-Wolf-Demo in Sterzing erreicht. Warum ich mich darüber geärgert habe, möchte ich im Folgenden kurz darlegen.
Anders als zum Beispiel in Österreich, wo die Landwirtschaftskammer für den Service und der Bauernbund für Parteipolitik zuständig ist, wickelt der Südtiroler Bauernbund beide Arbeitsbereiche unter einem Dach ab. Das geht meistens gut und schafft sicher auch viele Synergien und Einsparungspotential. Manchmal geht die Vermischung aber auch deutlich in die Hose.
Im vorliegenden Fall nutzt der SBB ein reines Serviceportal für die Verwaltung von Rechnungen und Löhnen, Arbeitssicherheit und Weiterbildung zur politischen Agitation gegen den Wolf. Dass der Servicezugang zu den Mitgliedern für Politik missbraucht wird, ist also Absicht.“
Auch inhaltlich ist Hanno Mayr mit der SBB-Spitze nicht einverstanden. Leo Tiefenthaler & Co., so schreibt der Signater Bauer, hätten als Vertreter des größten und vor allem für den ländlichen Raum wichtigsten Verbandes eine große Verantwortung für alle ihre Mitglieder, aber auch darüber hinaus. Daher sei ihr Aufruf zum wolfsfreien Südtirol auch inhaltlich problematisch, weil – so Mayr – „völlig unrealistische Erwartungen geweckt“ würden. „Weder naturschutzrechtlich und schon gar nicht praktisch wird ein wolfsfreies Südtirol jemals machbar sein. Und das wissen Sie“, schreibt er.
Und weiter:
„Immerhin freut mich, dass bereits im Untertitel realistischere Ziele ausgegeben werden: ,STOPP der unkontrollierten Ausbreitung…’ Eine kontrollierte Ausbreitung des Wolfes wäre für Sie also akzeptabel. Ich bitte hier darum, in Ihren Botschaften etwas mehr Klarheit zu schaffen.
Zur Klarheit beitragen könnte auch eine Statistik zu den bisherigen Wolfsrissen mit entsprechenden Schadenssummen. Natürlich müssten vom Wertverlust für die Viehhalterinnen, die Entschädigungszahlungen des Landes abgezogen werden.
Das Amt für Jagd und Fischerei hilft Ihnen hier sicher weiter.
Eine solche Statistik wäre hilfreich, um die Ängste der Weidevieh haltenden Bäuerinnen und Bauern ein klein wenig mit Fakten aufzufangen.
Wahrscheinlich würde auch die wirtschaftliche Relevanz des Themas Wolf besser einschätzbar. Vor allem im Vergleich zu den leider vielen anderen Herausforderungen der Südtiroler Landwirtschaft.“
Der Signater Bauer empfiehlt dem Bauernbund, unter Nutzung europäischer Gelder Lehrfahrten für Bergbäuerinnen und Bergbauern z.B. in die Schweiz zu veranstalten und Tagungen zum praktischen Umgang mit dem Wolf auf den alpinen Weiden zu organisieren. Außerdem Fortbildungen für Hirtinnen und Hirten, Sennerinnen und Senner. „Solche Initiativen“, so Hanno Mayr, „würde dem SBB viele tausende Euro an sinnloser Imagewerbung sparen und den von Wolfsschäden Betroffenen wirklich helfen.“
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Kommentare (47)
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josef.t
Auf der einen Seite die Natur mit Netzen verschandeln, auf
der anderen für Naturschutz (Wolf) eintreten ?
Die „Schlauen“ sind natürlich immer die, die von der Realität
keine blasse Ahnung haben ?