Der Präzedenzfall
Dass das Südtiroler Gesetz jetzt hält, zeigt das Urteil zur Schließung der dm-Filiale am Brunecker Nordring. Der österreichische Drogeriemarkt soll an einen anderen Standort wechseln – so zumindest der Wunsch.
von Silke Hinterwaldner
„Die Materie ist kompliziert“, sagt der Bürgermeister. Damit hat Roland Griessmair ganz bestimmt Recht. Denn viele fragen sich nach dem Urteil gegen den Drogeriemarkt dm am Brunecker Nordring: Warum muss dieses Geschäft schließen und der Supermarkt MD darf nebenan offen halten? Und: Warum fährt die Gemeinde so hartes Geschütz gegen dm auf?
Als die österreichische Drogeriekette vor einem Jahr ihr Geschäft am Nordring eröffnete, haben sich viele Kunden gefreut. Sie mussten bisher nach Sillian oder Innsbruck fahren, wenn sie bei dm einkaufen wollten. Die großen Verkaufsschlager in den österreichischen Geschäften sind dort Windeln und Babynahrung, ganz einfach deshalb, weil das Angebot größer ist als in Italien und die Preise günstiger sind. Dass der Ableger von dm am Brunecker Nordring jetzt wieder schließen soll, ärgert die Kunden verständlicherweise.
„dm ist eine Bereicherung für den Standort Bruneck“, sagt Bürgermeister Griessmair, „wir hoffen jetzt, dass der Drogeriemarkt an einem anderen Standort innerhalb der dafür vorgesehenen Zonen weitermacht.“ Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch klingt, hat eine lange juridische Vorgeschichte.
Bereits vor der Eröffnung in den Geschäftsräumen der Gatterer Holding am Nordring hatte die Gemeinde die Betreiber informiert, dass an diesem Standort kein Detailhandel möglich ist. Schließlich sollten für alle Gewerbetreibenden dieselben Bedingungen gelten: Wer ein Geschäft in der Stadt eröffnet, zahlt oft mehr Miete und hat weniger Parkplätze zur Verfügung als Standorte am Stadtrand. Das bewog große Handelsketten immer wieder zum Versuch, das Landesgesetz zu umgehen.
Aber spätestens seit Oktober 2018 scheint es in Stein gemeißelt: Sowohl der Europäische Gerichtshof als auch die zuständigen Stellen in Rom haben das Südtiroler Gesetz anerkannt. Damit sollte in Gewerbegebieten kein Detailhandel möglich sein.
„Dieses Urteil des Verwaltungsgerichtes im Fall dm ist das erste seiner Art“, sagt hds-Präsident Philipp Moser. Beim Kaufleuteverband ist man erleichtert über die Entscheidung des Gerichts, weil damit wieder verstärkt auf die Neuansiedlung von Geschäften in Ortszentren und Wohngebieten gesetzt werden kann.
„Wir haben richtig gehandelt“, sagt Roland Griessmair. Trotzdem wird die Stadtgemeinde nicht sofort die Ortspolizei losschicken, um die Schließungsverfügung durchzudrücken. Zunächst muss das Urteil zugestellt werden, gleichzeitig wollen die Betreiber den Richterspruch nicht anerkennen und vor den Staatsrat ziehen. Bis – voraussichtlich in wenigen Wochen – eine endgültige Entscheidung fällt, soll dm am Nordring nicht geschlossen werden – insofern der Staatsrat sich mit dieser Gangart einverstanden zeigt.
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Kommentare (22)
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saustall_kritiker
Eine Antwort auf die Frage würde mich aber schon interessieren, auf die Brunecks Bürgermeister wohlweislich keine Antwort gibt (oder weiß hihihihi): Warum muss der Supermarkt MD nebenan nicht schließen. Ist der vor dem Gesetz nicht auch gleich, oder eher gleicher? Ist das die typische Vetternwirtschaft in Südtirol, die hier mal wieder zum Ausdruck kommt? MD gehört nämlich jener Unternehmerfamilie, die auch das Bozner Einkaufszentrum TWENTI im Bozner Industriegebiet betreibt und die es besonders gut mit den maßgeblichen Politikern kann. Ein Schelm, der hier nicht weiterdenkt 🙂 🙂 🙂 .
Und eines ist klar: Ich habe in MD kaum einmal einheimische, d.h. Südtiroler Produkte gesehen. Also kann die eklatante Ungleichbehandlung der zwei Läden wohl nur auf unterschiedliches Vitamin B zurückzuführen sein, welches die einen haben, die andern halt nicht. Ich kann bei diesem Fall nur mehr ganz ganz laut lachen und zum wiederholten Mal froh sein, die durch Vetternwirtschaft gekennzeichneten maßgeblichen Regierungsparteien nie in meinem Leben gewählt zu haben 🙂 🙂 🙂