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„Das ist ungeschickt“

Der SVP-Arbeitnehmer Helmuth Renzler kritisiert die Entscheidung der Gewerkschaften, die Vertragsverhandlungen mit dem Land vorerst abzubrechen. Sein Appell: „Nicht auf die Uhr schauen und Gas geben.“

Tageszeitung: Herr Renzler, die Gewerkschaften haben die Verhandlungen für die Erneuerungen des bereichsübergreifenden Kollektivvertrages im öffentlichen Dienst vorerst abgebrochen. Warum melden sich die SVP-Arbeitnehmer in dieser heiklen Phase nicht zu Wort?

Helmuth Renzler: Weil wir uns nicht in die Vertragsverhandlungen einmischen! Unsere Aufgabe als Abgeordnete besteht darin zu schauen, dass am Ende die für die Erneuerung des Kollektivvertrags notwendigen Finanzmittel in den Nachtragshaushalt reinkommen.

Wie bewerten Sie die Entscheidung der Gewerkschaften, die Verhandlungen platzen zu lassen?

Ich bin nicht mehr Vorsitzender der SVP-Arbeitnehmer und spreche daher nicht für die gesamte Bewegung, sondern als Helmuth Renzler: Meiner Meinung nach ist das, was die Gewerkschaften da gemacht haben, nicht das Geschickteste, was du in dieser Phase tun kannst. Die Zeit ist knapp, da der Landtag bereits Ende Juli den Nachtragshaushalt verabschieden soll, der die für den Kollektivvertrag notwendigen Finanzmittel vorsieht. Es muss daher unbedingt weiterverhandelt werden. Die Gewerkschafter sollen umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren und alle demokratischen Druckmittel, die ihnen zur Verfügung stehen, auch ausschöpfen.

Die da wären?

Zum Beispiel Proteste und Streiks. Die Gewerkschaften dürfen nicht nachgeben, sondern müssen Tage und Nächte durchverhandeln, um so die Gegenseite mürbe zu machen. Das bisherige Angebot des Landes ist nicht schlecht. Ich denke da an die Essensgutscheine und den vier-prozentigen Inflationsausgleich. Darauf lässt sich gut aufbauen. Den Verhandlungstisch zu verlassen ist ungeschickt, da das Land sich seinerseits ja bereit erklärt hat, jederzeit weiter zu verhandeln.

Was würden Sie tun?

Ich würde auf reale Lohnerhöhungen bestehen. Das Urteil des Verfassungsgerichts besagt ja, dass der Inflationsausgleich nur für die Zeit nach der Aufhebung des Gehaltsstopps berechnet werden kann. Das wären die vier Prozent. Eine zusätzliche reale Lohnerhöhung ist sehr wohl möglich. Wir haben eine Reihe von Gutachten, die besagen, dass wir aufgrund unserer autonomen Gesetzgebung über das, was wir selber finanzieren, auch selber entscheiden können. In den Verhandlungen kommt man nur dann weiter, wenn man Nerven und Sitzfleisch hat und redet, redet und redet. Das ist der einzige Weg, wenn man etwas rausholen will. Wenn man die Verhandlungen abbricht, bringt das sicher keine Vorteile für die Arbeiter und Angestellten. Es sind sich alle einig, dass die Landesbediensteten mehr verdienen sollen. Es gibt aber einige Strömungen, die verhindern wollen, dass die Erhöhungen allzu hoch ausfallen werden. Denn diese Erhöhung hat direkte Auswirkungen auf die Gehälter der privat Angestellten, deren Löhne dann auch entsprechend angepasst werden müssten.

Welche Möglichkeiten haben Sie als Abgeordneter?

Wie gesagt, soll sich die Politik nicht in die Verhandlungen einmischen. Ich hoffe, dass Land und Gewerkschaften zu einem Ergebnis kommen, mit dem alle einigermaßen zufrieden sind und das finanzierbar ist. Wir Abgeordneten können zwar gegen den Nachtragshaushalt stimmen, aber dann würden die Angestellten gar nichts bekommen. Sollte aufgrund des Verhandlungsstopps kostbare Zeit verspielt werden, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als das zu akzeptieren, was man bis dahin ausverhandelt hat. Wir könnten dann versuchen, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Mittel bereitzustellen. Weniger als das, was das Land bis jetzt geboten hat, kannst du nicht kriegen. Doch wenn du gar nicht verhandelst, darfst du dich am Ende auch nicht beklagen. Ich sage das als jemand, der 30 Jahre lang als Gewerkschafter tätig war und mit dem Staat harte Verhandlungen geführt hat. Wichtig ist, dass die Gewerkschafter nie aufgeben, nächtelang durchverhandeln, nicht auf die Uhr schauen und Gas geben. Dann bin ich zuversichtlich, dass man auch zu einem guten Ergebnis kommen kann.

Interview: Matthias Kofler

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