Kurze Geisterfahrt
Ein Jahr und zehn Monate Haft wegen Tötung im Straßenverkehr: So lautet das Urteil für eine 38-jährige Autofahrerin aus Pfatten, die für den Tod des 17-jährigen Davide Simone verantwortlich gemacht wird.
von Thomas Vikoler
Es war ein hart umkämpftes Verfahren, in dem es um mehr ging als die Feststellung der Verantwortlichkeiten. Es ging um Schadenersatz und das Höhe des Strafmaßes für eine Tat, die die Staatsanwaltschaft als Tötung im Straßenverkehr („omicidio stradale“) nach dem im März 2017 eingeführten Strafbestand einstufte.
Der tödliche Unfall, bei dem der 17-jährige Davide Simone aus Leifers sein Leben verlor, ereignete sich am 22. September 2017, also nach Einführung des „omicidio stradale“.
Deswegen angeklagt wurde eine 38-jährige Frau aus Pfatten.
Laut dem Gutachter der Staatsanwaltschaft, Antonio Pietrini, hatte sie den Unfall verursacht, indem sie mit ihrem Chevrolet Matiz von einer Seitenstraße in die Landesstraße bei Birti (Gemeinde Pfatten) einbog.
Sie verletzte dabei nicht nur das Vorfahrtsrecht des Motorradfahrers, der mit einer Benelli 125 unterwegs war, sondern fuhr einige Meter gegen die Fahrtrichtung.
Im Juni vergangenen Jahres bemühte sich Alessandro Tonon, der Anwalt der Autofahrerin, am Landesgericht um einen gerichtlichen Vergleich über ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung. Doch Richter Michele Pappalardo ließ den mit der Staatsanwaltschaft ausgehandelten Vergleich platzen. Francesco Coran, der Anwalt der Zivilpartei, erachtete das Strafmaß als zu niedrig, auch weil laut Anklage-Gutachten die (kurze) Geisterfahrt des Chevrolets sehr wohl als Mit-Ursache für den Zusammenprall zu werten sei.
Verteidiger Tonon und die Staatsanwaltschaft waren hingegen davon ausgegangen, dass dieser Verstoß gegen die Verkehrsordnung keinen Einfluss auf die Unfalldynamik gehabt habe.
Der Verfahrensakt wurde jedenfalls von Richter Pappalardo an die Staatsanwaltschaft zurückgeschickt.
Am Mittwoch wurde das Strafverfahren dennoch abgeschlossen: In Rahmen eines verkürzten Verfahrens wurde die 38-Jährige Pfattnerin von Vorverhandlungsrichter Emilio Schönsberg wegen Tötung im Straßenverkehr verurteilt – zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung.
Die Nebenstrafe: Zwei Jahre Führerscheinentzug.
Die Höhe der Haftstrafe erklärt sich dadurch, dass Richter Schönsberg eine Mitschuld des Motorradfahrers (wegen der erheblichen Geschwindigkeit der Benelli 125 beim Aufprall) anerkannte. Andererseits verwehrte er der Verurteilten den mildernden Umstand der Auszahlung der Zivilpartei. Deshalb verfügte er mit seinem Urteil die Auszahlung folgender Beträge an die Hinterbliebenen des verstorbenen Motorradfahrers: 541.000 Euro, die bereits von der Versicherung entrichtet wurden, dazu muss die Verurteilte ihnen 141.000 Euro zahlen. Letztlich auch 8.500 Euro für Anwaltskosten.
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