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Wer kocht die Knödel?

So arg wie heuer war es noch nie: Warum Hotels und Gastbetriebe zum Teil verzweifelt nach Küchenchefs und Fachkräften im Service suchen.

von Silke Hinterwaldner

Eduard Jesacher befindet sich in einer glücklichen Lage. Der Hotelier aus Prags führt einen überschaubaren Betrieb, viele der Mitarbeiter sind bei ihm im Gasthof Dolomiten schon seit Jahren tätig. Sein Team ist komplett. Er ist gerüstet für die Sommersaison.

„Aber ich weiß schon, dass es an allen Ecken und Enden fehlt. Überall wird Personal gesucht, nicht nur für die Küche.“ In Prags etwa, wo Jesacher HGV-Obmann ist, haben in den vergangenen Wochen gleich drei Betriebe nach einem Küchenchef gefahndet. Es ist alles andere als einfach, den passenden Mann oder die passende Frau für diesen anspruchsvollen Job zu finden.

„Dabei“, sagt Eduard Jesacher, „ist den meisten Betrieben einheimisches Personal lieber, weil die Sprache einfach wichtig ist. Aber das ist sehr, sehr schwer zu finden, obwohl die Hotelfachschulen immer neue Leute ausbilden.“ Die Ausbildung stimmt, trotzdem wird der Mangel an Fachkräften immer deutlicher spürbar. S

o arg wie heuer im Frühjahr war es noch nie, sagen viele Hoteliers und Gastwirte.

Aber warum ist das so? Thomas Walch, HGV-Obmann im Pustertal und im Gadertal sucht nach Antworten.

TAGESZEITUNG Online: Herr Walch, wie viele Chefköche würde es denn brauchen, um den Bedarf der Betriebe im Pustertal abdecken zu können?

Thomas Walch: Das ist sehr schwer einzuschätzen. In insgesamt 1.400 Betrieben, das reicht von der Bar bis zum Fünf-Sterne-Hotel, sind sehr viele Leute mit unterschiedlicher Ausbildung gefragt. Mittlerweile sind auch neue Berufsbilder entstanden, man braucht etwa Weinfachleute, Joga-Lehrer oder Wanderführer. Das war bis vor einigen Jahren noch nicht so wichtig. In vielen Suchportalen und Zeitungsannoncen kann man unschwer erkennen, dass viele Betriebe noch auf der Suche sind. Schlüsselpositionen in einem Betrieb sind immer ein Küchenchef oder Fachkräfte im Service. Dass hier Leute fehlen, merkt man heuer besonders stark.

Warum wird es immer schlimmer?

Das hat mehrere Ursachen. An der Hotelfachschule sind rund 500 Schüler eingeschrieben, wobei die Einschreibungen seit zwei Jahren stagnieren, weniger weil die Schule nicht attraktiv wäre, sondern vielmehr weil geburtenschwache Jahrgänge zum Zug kommen. Gleichzeitig aber steigen die Ansprüche und die Qualität in den Betrieben. Fast jeder Betrieb braucht heute mehr Mitarbeiter als früher. Bisher hat man die Mitarbeiter aus drei Zonen angeworben: Südtiroler, Ausländer und Italiener. In Südtirol gibt es mittlerweile Vollbeschäftigung, das bedeutet, dass Mitarbeiter in allen Sektoren fehlen. Trotzdem soll jederzeit alles angeboten werden, das ist ein Anspruch, den auch unsere Freizeitgesellschaft stellt. Aber das eine ist mit dem anderen nicht vereinbar.

Viele Mitarbeiter kamen stets aus Ländern wie Tschechien, Slowakei oder Ungarn. Fallen diese jetzt aus?

Im Osten hat sich die Wirtschaftslage geändert. Heute kann man in diesen Ländern auch rund 1.000 Euro im Monat verdienen, deshalb bleiben viele Leute in ihren Herkunftsländern. Gleichzeitig verlangen die Mitarbeiter immer stärker nach einer Fünf-Tage-Woche, was wiederum für die Betriebe schwer zu handhaben ist. Hier braucht es sicherlich ein Umdenken bei den Betrieben. Auch die Unterbringung der Mitarbeiter ist zu einem wichtigen Thema geworden: Nicht jeder Betrieb kann seinen Leuten ein Einzelzimmer bieten. Hier müsste die Politik mehr Möglichkeiten schaffen.

Es heißt immer, dass die Abgänger aus der Hotelfachschule lieber einen Job im Büro annehmen als sich in die Küche zu stellen. Stimmt das?

Eine Erhebung hat ergeben, dass 70 Prozent der Abgänger aus den Hotelfachschulen in die Betriebe gehen. Diese arbeiten vor allem in den Bereichen Service, Management und Rezeption. Der Rest geht für eine weiterführende Ausbildung ins Ausland.

Bräuchte die Hotelfachschule mehr Einschreibugen, oder was würden Sie dem Fachkräftemangel entgegensetzen?

Die Ausbildung ist sehr kompetent, und in diesem Bereich sind wir gut aufgestellt. Die Hotelfachschule bietet eine Rundumausbildung, hier werden sehr viele Bereiche abgedeckt, von der Küche über Umgangsformen bis hin zu Sprachen oder Geografie.

Was kann man dann tatsächlich tun, um die Lage zu entschärfen?

Wir müssen Zusatzangebote machen. Der HGV hat etwa mit Hotelfachschulen in der Lombardei und Sizilien Kontakt aufgenommen, damit Schüler von dort ihre Sommerpraktika bei uns machen. Außerdem versuchen wir in Ländern wie Tschechien, Kroatien oder der Slowakei eine Kampagne zu starten, um die Jobs in Südtirol schmackhaft zu machen. Es gibt auf jeden Fall viel zu tun.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (21)

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  • carlotta

    Wenn ich höre, dass man mittlerweile in den OSt-Ländern “auch” 1.000 Euro verdienen kann, dann sind sie dort definitiv überbezahlt oder bei uns stimmt was nicht!

    • andreas

      Es scheint eher, dass du nicht wirklich Ahnung hast.
      Beim kaufkraftbereinigten BIP pro Kopf liegen die Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn nicht weit hinter Italien.
      Also durchaus verständlich, dass sie in ihrer Heimat bleiben.

      • carlotta

        Herr Andreas Allwissend.. ok BIP und was ist mit den Spesen? Oder stellt jeder Hotelier gratis Zimmer-Wohnungen oder Irgend a Unterkunft? 1.000 ist in unserem Land viiiiel zu wenig.. und solang das deine heilige SVP mit ihren Krippenfiguren und Lobbykollegen nicht verstehen wollen, verschenken sie regelrecht ihre Stimmen.. wia blind und hochnäsig konn men sein?

    • meintag

      Im Südtiroler Gastgewerbe war es schon immer die Maxime dass das Personal die 6 Tage, ja oft auch zwei Wochen und Mehr, gefälligst für den Gast und das Hotel dazustehen hatte. Da wurden die Leute mit dem Spruch „sei froh dass du Arbeit hast“ vom Chef auch noch gerügt. Dass mit der heutigen Ausbildung mit den jungen Personal damit nicht mehr verfahren werden kann liegt auf der Hand da im Ausland mit weniger Stunden die Bezahlung auch nicht schlechter ist.
      Und da möchte ein Fraktionssprecher der SVP hinsichtlich der neuen EU Bestimmungen ein Modell á Südtirol machen? Man hat Jahrzehnte die Leute als ihre Sklaven angesehen, aber irgendwann fällt Alles Negativ auf die Könige der Luftblasen zurück.

  • sepp

    In südtirol wellen lei die firmen verdienen seis gastgewerbe oder andere früher hobense genug vom osten bekommen jetzt hobense die quittung richtig so

    • meintag

      Die Nächsten werden die Apfelbarone sein. Wenn die Klauber merken welche schlechte, wenn überhaupt, Einzahlung in das Rentensystem gemacht wird kann man davon ausgehen dass die Arbeiter fehlen. Auch hier findet System SVP Erwähnung wie Oben erwähnt.

  • schwarzesschaf

    Win magazineur kriegt tarif sogar nur 900 euro dann bist du als tellerwäscher mit 1280 gut dran.

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