Kampf gegen den Schnee
So viel Schnee wie in diesem Frühjahr hat es noch nicht oft gegeben. Das stellt die Hüttenwirte vor große Herausforderungen: Um rechtzeitig in die Sommersaison starten zu können, müssen sie kräftig schöpfen.
von Silke Hinterwaldner
Gottfried Leitgeb verbringt seit 43 Jahren jeden Sommer oben auf der Rieserfernerhütte. Zuerst hat er drei Jahre lang beim Bau geholfen, seitdem ist er Hüttenwirt. Auf 2.800 Metern über dem Meer kann das Leben manchmal hart sein. So wie jetzt.
Denn während es im Tal sehr zögerlich wärmer wird, herrscht in der Höhe noch tiefster Winter. Bei der Rieserfernerhütte liegt derzeit stellenweise noch fünf bis sechs Meter Schnee, sagt der Hüttenwirt. Aber können die Schutzhütten trotzdem im Juni aufsperren wie geplant?
„Der Schnee macht uns nicht nervös“, erklärt Gottfried Leitgeb. Nach vier Jahrzehnten Erfahrung als Hüttenwirt bringt ihn eigentlich gar nichts mehr so schnell aus der Ruhe. Aber er sagt auch, dass heuer weit mehr Schnee liegt als in anderen Jahren. Und das macht die Arbeit zu Saisonbeginn besonders beschwerlich. Zwar sollte bis zum Start der Hüttensaison am 23. Juni noch viel Schnee schmelzen, aber geschöpft werden muss auf jeden Fall. Der viele Schnee hat aber auch Vorteile: Voriges Jahr lag im Frühjahr wenig Schnee, das hatte zur Folge, dass im August bereits das Wasser ausging. Das steht heuer nicht zu befürchten.
Die Hütte freischaufeln, das Wasser einkehren, alles vorbereiten. Die Chemnitzer Hütte von Roland Gruber liegt auf 2.420 Metern auf dem Neves-Joch, normalerweise startet man dort Anfang Juni in die Sommersaison. „Es wird heuer wohl Pfingsten werden“, sagt Roland Gruber, also ein paar Tage später. Auf der Schattenseite liegen hinter der Chemnitzer Hütte noch zwei bis drei Meter Schnee, und es will heuer einfach nicht aufhören zu schneien. „Aber“, sagt der Hüttenwirt, „wir machen uns keine Sorgen. Bisher ist es noch jedes Jahr irgendwann warm geworden.“ Er ist nun auch schon seit 18 Jahren jeden Sommer über auf der Chemnitzer Hütte. Auch wenn heuer mehr Schnee liegt als andere Jahre, wird man den Saisonstart trotzdem meistern.
Die Eröffnung zum Pfingstwochenende am 7. Juni hat auch Michael Weissteiner in seinem Kalender dick angestrichen. An diesem Tag eröffnet die Edelrauthütte, trotz allem. „Es liegt sehr viel Schnee“, sagt Michael Weissteiner, „70 Zentimeter sind allein in den letzten Tagen hinzugekommen.
Und es hört nicht auf zu schneien. Das ist gut für die Skitourengeher, aber für uns bedeutet das viel Arbeit.“ Neben den Anlagen für Strom, Wasser und sanitäre Strukturen muss auch das Magazin zugänglich gemacht werden. Das liegt momentan noch unter einer zweieinhalb Meter dicken Schneedecke. Michael Weissteiner geht alle zehn Tage mit den Skiern hinauf auf die Hütte, um nach dem Rechten zu sehen, aber so weit wie heuer hat sich der Schnee selten aufgetürmt, so weit hat der Schnee selten ins Tal gereicht.
Die Edelrauthütte liegt auf 2.545 Metern am Eisbruggjoch. An ganz anderer Stelle, nämlich am Pfannhorn bei Toblach, auf 2.340 Metern steht die Bonner Hütte. Dort gibt es mit einem halben Meter zwar etwas weniger Schnee, Schwierigkeiten entstehen aber trotzdem.
„Die Zufahrt ist problematisch“, sagt Wirt Alfred Stoll.
Er will bereits Ende Mai aufmachen, aber noch weiß er nicht so recht, wie er Holz, Getränke und Lebensmittel zum Start in die Sommersaison nach oben bringen soll. Normalerweise gibt es ab Mitte Mai keinen Schnee mehr auf der Bonner Hütte, aber heuer wird das wohl anders sein. Also, was tun? Mit dem Raupenfahrzeug das Notwendige nach oben transportieren? Oder sogar mit dem Hubschrauber? Die steile Zufahrt freischöpfen scheint heuer unmöglich. Dafür liegt einfach zu viel Schnee.
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