„Messer steckte im Rücken“
Die Staatsanwaltschaft wertet die Messerattacke in einem WoBi-Kondominium in Sinich, bei der ein 19-Jähriger schwer verletzt wurde, als Mordversuch. Die 27-jährige Virginia Lai sitzt in Trient in Untersuchungshaft.
Von Thomas Vikoler
Eine Messerattacke im Gang eines Kondominiums des Wohnbauinstituts wegen eines angeblich entwendeten Fußabstreifers? Ist das ein schlüssiges Motiv für ein Delikt, das die Staatsanwaltschaft derzeit als Mordversuch einstuft?
Ein Mordversuch, verübt gegen 10.00 Uhr am vergangenen Sonntag in dem Gebäude in der Damiano-Chiesa-Straße im Sinich/Meran. Von einer 27-jährigen Frau, Virginia Lai, die inzwischen in U-Haft im Frauengefängnis von Trient sitzt. Und ein Opfer, der 19-jährige Merzak Bourdoune, der inzwischen im Bozner Spital operiert wurde und außer Lebensgefahr ist.
Die genauen Hintergründe des Nachbarschaftsstreits werden von Staatsanwaltschaft und Carabinieri erst noch genauer untersucht. Aber wie es aussieht, genügte wenig, um eine ungeahnte Messerattacke auszulösen.
Laut Aussagen der Mutter des Opfers war es ein Fußabstreifer. „Es war der zweite Fußabstreifer, der vor unserer Eingangstür verschwunden war“. Also habe ihr 19-jähriger Sohn bei den Nachbarn – ein junges italienischsprachiges Paar – geläutet und sie damit konfrontiert.
Laut der ersten Rekonstruktion der Staatsanwaltschaft folgte ein kurze verbale Auseinandersetzung: Der männliche Bewohner der Nachbarswohnung stritt jegliche Schuld am Verschwinden der Fußmatte ab.
Dann griff ein weiterer Akteur in den Streit ein: Ein Anwalt, der von seinem im Hof geparkten Auto zurückkehrte. Er trat in gewisser Weise als Schlichter in der verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Paar aus der Nachbarwohnung und dem 19-jährigen Merzak Bourdoune, einem gebürtigen Algerier, auf.
Und offenbar gelang es ihm, die Gemüter zu beruhigen.
Doch dann passierte – immer laut den Ermittlern – etwas Unvorhergesehenes: Die Frau aus der Nachbarwohnung, Virginia Lai, stach Bourdoune ein Fleischmesser mit einer 20 Meter langen Klinge von hinten in den Rücken. Genauer, in den rechten Lungenflügel. Die Wunde war nicht weniger als sieben Zentimeter tief.
Schon allein deshalb geht die Staatsanwaltschaft von einem Mordversuch aus. Der Stich mit dem spitzen und scharfen Messer hätte – bei etwas weniger Glück des Opfers – auch tödlich enden können. „Ich habe gesehen, wie das Messer im Rücken meines Sohnes steckte“, berichtete die Mutter des 19-Jährigen.
Nicht nur das: Die Frau aus der Nachbarwohnung habe das Messer aus dem Rücken herausgezogen und versucht, ein weiteres Mal zuzustechen. Der Anwalt/Schlichter habe sie daran gehindert.
Für die Staatsanwaltschaft ist erwiesen, dass das neue, am Samstag von Staatspräsident Sergio Mattarella mit substantiellen Einschränkungen abgesegnete Notwehr-Gesetz in diesem Fall nicht greift. Denn die Rekonstruktion der Carabinieri hat ergeben, dass Virginia Lai das Fleischmesser vor der Attacke eigens aus der Küche geholt hatte, bevor sie zustach.
Also kein Versuch, sich zu verteidigen. Auch keine Affekt-Handlung.
Bei einer ersten informellen Einvernahme durch die Carabinieri erklärte die 27-jährige Frau, sie habe ihren Partner schützen wollen, der nicht zum ersten Mal im Kondominium attackiert worden sei.
Im WoBi-Gebäude in Sinich war es in der Vergangenheit mehrmals zu Zwischenfällen gekommen, u.a. gab es eine Brandstiftung.
Virginia Lai wird am Donnerstag im Trienter Gefängnis dem Haftrichter vorgeführt. Vielleicht werden da die tatsächlichen Hintergründe der Bluttat bekannt.
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Kommentare (10)
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meinemeinung
ein Fleischermesser mit einer 20 Meter langen Klinge , ja da kann das leicht passieren ,dass jemand verletzt wird