Gratwanderung gelungen
Nadine Labaki zeigt in „Cafarnao“ wie Kinder ohne Rechte leben müssen. Bald schon auch in Italien?
von Renate Mumelter
„Bring mir einen Beweis, dass du ein Mensch bist“. Das ist einer der Schlüsselsätze im Spielfilm, der von Zain erzählt. Der vielleicht 12jährige Bub lebt in einem Slum in Beirut und hat keine Papiere. Seine Eltern sind auch illegal. Das Leben ist geprägt von Hunger und Unsicherheit, und es ist sehr rüde. Notgedrungen.
Ein Zufall zwingt Zain, sich um ein einjähriges Kind kümmern zu müssen. Er tut das mit viel Phantasie und Hingabe, so lange es geht. Dann kommt er als Gewaltverbrecher in Haft und verklagt seine eigenen Eltern dafür dass sie ihn und andere Kinder auf die Welt gesetzt haben. Das ist der Rahmen für eine Geschichte, die betroffen macht, weil sie so real ist und weil sie konsequent aus der Kinderperspektive erzählt.
Nadine Labaki zeigt zwar Spielfilm, sie ist aber nah an der Wirklichkeit, und es gelingt ihr, ohne Geigenschmalz deutlich zu machen, was es bedeutet, abseits aller Menschenrechtskonventionen leben zu müssen. Bald wird’s in Italien auch so sein, steht zu befürchten. Lega sei Dank.
Labaki hat „Capharnaüm“ mit Laien besetzt. Darsteller Zain lebt heute als anerkannter Flüchtling in Norwegen, hat einen Ausweis und kann endlich eine Schule besuchen.
„Cafarnao – Caos e Miracoli“ (LB/US 2019), Regie: Nadine Labaki mit Zain Al Rafeea, Yordanos Shiferaw. Bewertung: Sehenswert. Kein Herzschmerzschmalz
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