Rückkehr zur Naja?
Innenminister Matteo Salvini macht sich erneut für die Wiedereinführung der Wehrpflicht stark. In Südtirol gehen die Meinungen dazu auseinander.
von Markus Rufin
Seit 2005 gibt es in Italien keine Wehrpflicht mehr. Dieser Schritt wurde von vielen befürwortet und war in Europa eine Art Auslöser für Diskussionen um die Wehrpflicht. Immer mehr Staaten schlossen sich Italien an und verzichteten auf einen verpflichtenden Dienst beim Militär.
Doch offensichtlich gibt es auch jetzt – 14 Jahre später – noch Personen, die in der Wehrpflicht durchaus etwas Gutes sehen. Zu diesen Personen zählt auch Innenminister Matteo Salvini. Der Lega-Chef schlug mehrmals vor, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Nun bekräftigt er diesen Vorschlag nochmals. Am Montag sagte Salvini bei einem Wahlkampfauftritt im Trentino: „Wir sollten den verpflichtenden Militärdienst wieder einführen, vielleicht beim Alpini-Korps.“
Schon alleine dieser Aussage ist zu entnehmen, dass es sich beim Vorschlag lediglich um eine Idee von Salvini handelt, dienoch nicht ausgearbeitet wurde. Trotzdem sorgte die Aussage für viel Wirbel – auch deshalb, weil sich der Innenminister schon in Vergangenheit für den verpflichtenden Militärdienst aussprach.
Die zuständige Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta von der 5-Sterne-Bewegung, mit der Salvini in Sachen Migration streitet, sprach sich aber vehement gegen die Wehrpflicht aus.Die Regierungsparteien sind sich also uneins.
Der Landtagsabgeordnete und Parteikollege von Trenta, Diego Nicolini, schließt sich dem an: „Ich erinnere mich noch gut daran, dass die Abschaffung der Wehrpflicht ein harter Kampf war. Die Diskussion war langwierig und es gab viele Hürden zu überwinden. Warum sollte man also jetzt zurückkehren?“
Matteo Salvini sieht den Sinn einer Wehrpflicht vor allem darin, Jugendlichen Disziplin und Gehorsam zu lehren. Auch Rita Mattei, Lega-Abgeordnete im Landtag, erkennt einige Vorteile: „Ich bin mit dem Vorschlag durchaus einverstanden. Es ist ja nicht so, dass es eine Wehrpflicht wie vor 20 Jahren geben würde.“
Mattei ist der Überzeugung, dass viele Jugendliche mit dem Wehrdienst wichtige Erfahrungen sammeln würden: „Man ist eine Zeit lang nicht mehr bei seinen Eltern, sondern wohnt mit anderen Gleichaltrigen zusammen und lernt, sich an Regeln zu halten. Außerdem könnte man Erste-Hilfe-Kurse oder ähnliches einbauen. Somit lernen die jungen Leute auch etwas für das spätere Leben.“
Auch Mattei erkennt in der Wehrpflicht also eine erzieherischebeziehungsweise lehrreiche Maßnahme. Diego Nicolini kanndas nicht behaupten. Er selbst absolvierte die Wehrpflicht ebenfalls und hat daran nicht die besten Erinnerungen: „Ich habe nur wenig gelernt. Für mich war es vor allem eine stressige Zeit. Als die Wehrpflicht abgeschafft wurde, haben sich alle gefreut und auch andere Staaten haben bald nachgezogen.“
Für ihn habe der verpflichtende Wehrdienst bei den Alpini oder beim Militär vor allem deshalb keinen Sinn, weil Italien in einer Zeit des Friedens lebt, ein Dienst beim Militär sei also nicht der richtige Weg.
Der Landtagsabgeordnete kann sich aber vorstellen, dass ein verpflichtender Zivildienst erzieherisch wertvoll sein könnte: „Ein solcher Dienst müsste aber für Frauen und Männer verpflichtend sein, denn es würde um Werte gehen, die für alle wichtig sind.“
Die Südtiroler Landtagsabgeordneten der Regierungsparteien schließen sich also der jeweiligen Meinungen ihrer Parteien an und beweisen damit, dass das Thema für Spannungen sorgen könnte.
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Kommentare (10)
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pingoballino1955
Was die Eltern in der Erziehung der Kinder versäumt haben,kann kein Militärdienst retten. Mit was will Matteo Salvini diese „Schnapsidee“ finazieren??? Mit der bereits vorhandenen Überschuldung von 133 %???
pingoballino1955
Freischaltung????
semperoper
Die Kinder am liebsten bereits mit vier Jahren in die Schule schicken, weil man Angst hat, sie könnten was verlieren. Aber nachher mit einem im wahrsten Sinne des Wortes stumpfsinnigen Wehrdienst diese Zeit verschenken. Respekt, Toleranz und Engagement sind die Werte, die eine Gesellschaft weiterbringen, nicht Disziplin und Ordnung, schon gar nicht die nach Salvin’scher Vorstellung.
meintag
Da ich als (fast) einziger deutschsprachiger Südtiroler in der Kaserne Dienst schob, wurde mein Italienisch Kenntnis einigermassen „eingebrannt“. Im Grunde nur positive Erinnerungen. Habe sogar Vermittler bei mancher Bauerntochter machen müssen, da am Telefon meist Mutter oder Vater zuerst ran gegangen ist.
morgenstern
Eine Möglichkeit die Jugendarbeitslosigkeit nach unten zu frisieren.