„Einen größeren Schmarrn noch nie gehört“
Der Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes, Manfred Pinzger, kann über die Forderung nach einem Tourismus-Euro für die Bauern nur den Kopf schütteln.
Tageszeitung: Herr Pinzger, der SVP-Landtagsabgeordnete Franz Locher fordert die Einführung eines Tourismus-Euro. Pro Nächtigung soll ein Euro an die Berglandwirtschaft als Anerkennung und Ausgleich für deren landschaftliche Leistungen gehen (siehe https://www.tageszeitung.it/2019/04/21/ein-euro-fuer-die-bauern/). Was halten Sie davon?
Manfred Pinzger: Einen größeren Schmarrn habe ich noch nie gehört. Wir versuchen, ganz stark und intensiv mit der Landwirtschaft zusammenzuarbeiten. Es hat sich ja alles superlativ gedreht, was die lokalen Produkte anbelangt. Beim Wein etwa war die Situation vor 20 Jahren noch ganz anders. Mittlerweile wird ja fast nur noch Südtiroler Wein angeboten. In meinem Betrieb sehe ich auch, dass seit über 60 Jahren kein Liter anderer Milch hereingekommen ist als Südtiroler Milch. Wir als Touristiker versuchen – vor allem was die Berglandwirtschaft anbelangt – wirklich alles und geben jede Unterstützung, die möglich ist. Aber grad solche aus den Sternen gegriffene Forderungen aufzustellen… Der Franz ist ein guter Freund und war ein tüchtiger Bürgermeister. Aber er schießt halt auch manchmal über das Ziel hinaus.
Ist Ihnen der Betrag von einem Euro pro Nächtigung zu hoch oder ist die Idee grundsätzlich daneben?
Grundsätzlich. Warum sollen wir damit anfangen, andere Sektoren mitzufinanzieren? Darüber würde ich nicht mal diskutieren. Im Landtag können sie ja beschließen, was sie wollen, sie sind ja souverän, aber einen größeren Schmarrn habe ich wirklich noch nie gehört.
Dann halten Sie es auch nicht für sinnvoll, wenn der Tourismus-Euro – wie es Franz Locher auch als Möglichkeit ansieht – über den Landeshaushalt, also über Steuergeld finanziert wird?
Dann sollen zuerst einmal die anderen Sektoren im Landeshaushalt – wie schon seit vielen Jahren vereinbart – ihren Beitrag zum Tourismusmarketing leisten. Die anderen Sektoren sollen die eigentlich schon öfters zugesagten Verpflichtungen eingehen, was die Mitfinanzierung des Tourismus betrifft. Wir wünschen natürlich und stellen auch fest, dass viele andere Sektoren mitverdienen, was auch richtig ist, aber bis dato ist die Mitfinanzierung eher spärlich.
Sie meinen etwa die freiwilligen Beiträge von nicht-gastgewerblichen Betrieben an die Tourismusvereine?
Ja. Das ist eine ewige Diskussion und es hat diesbezüglich schon zig Zusagen gegeben. Auch dazu, sogar über den Landeshaushalt den jeweiligen Sektoren Gelder abzuzwacken. Die Forderung von Franz Locher ist jetzt aber wieder etwas ganz Neues. Ich habe schon Verständnis für ihn – er muss halt auch versuchen, für seine Klientel Stimmung zu machen. Der Franz ist nebenbei auch noch ein guter Kollege, aber da schießt er schon ein bisschen über das Ziel hinaus.
Mit der Aussage, dass immer mehr Bauern wegen der schlechten Rentabilität aufgeben, hat er aber schon recht, oder?
Genau dasselbe können wir auch sagen, dass sehr viele kleine und Kleinstbetriebe in den Dörfern gezwungen werden aufzugeben, weil es irrsinnigen unlauteren Wettbewerb gibt. Das können wir behaupten und statistisch belegen. Das ist sicher eine Entwicklung, die nicht gut ist. Deswegen stehen wir an und für sich dem Nebenerwerb in der Landwirtschaft – vor allem in der Berglandwirtschaft – ja positiv gegenüber. Das muss ich schon unterstreichen.
Interview: Heinrich Schwarz
Kommentare (20)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.