Die Geldspritze
Weil Rom den Parteien und Bewegungen komplett den Geldhahn zudreht, stellt der Landtag nun die Weichen für eine eigene Südtiroler Parteienfinanzierung. Die Hintergründe.
von Matthias Kofler
Im Landtag spricht man von einem Präzedenzurteil: Am 28. Dezember 2018 hat die zuständige Kontrollkommission in Rom entschieden, dass die Süd-Tiroler Freiheit nicht in den Genuss der italienischen Wahlkampfkostenrückerstattung kommen kann. Die Bewegung um Sven Knoll hatte den entsprechenden Antrag schon vor einigen Jahren gestellt, wissend, dass er aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ohnehin abgelehnt wird. Denn antragsberechtigt sind nur jene Parteien, die mindestens einen Vertreter im römischen Parlament oder im EU-Parlament haben.
Mit dem jüngsten Entscheid aus Rom liegt nun schwarz auf weiß vor, dass – mit Ausnahme der Südtiroler Volkspartei – keine deutschsprachige Landtagspartei die Voraussetzungen erfüllt, um Geld aus der römischen Kasse zu erhalten. Die Entscheidung der Kontrollkommission dient dem Landtag als Grundlage, um die Weichen für die Einführung einer eigenen Südtiroler Parteienfinanzierung zu stellen.
Der Hintergrund: In einem Referendum haben sich die italienischen Bürger 1993 mehrheitlich gegen eine Parteienfinanzierung ausgesprochen. Stattdessen wurde die sogenannte Rückerstattung der Wahlkampfkosten für jene Parteien eingeführt, die den Sprung ins Parlament schaffen. Seit 2014 wird auch diese indirekte Form der Parteienfinanzierung schrittweise abgeschafft. Demnach kommen Parteien nur mehr über Spenden zu Geldmittel (maximal 100.000 Euro pro Jahr und Person). Parteien mit mindestens einem Vertreter im Parlament haben darüber hinaus Anspruch auf die zwei Promille auf der Steuererklärung.
Das Problem: Auch die Parteispenden werden von Rom nun sukzessive eingeschränkt. Parteien dürfen beispielsweise kein Geld mehr von Minderjährigen oder von ausländischen Spendern annehmen. Auch große Parteien wie die SVP tun sich aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen immer schwerer, die Parteistrukturen und Mitarbeiter zu bezahlen. Die deutschsprachige Opposition hat fast gar keine Möglichkeiten mehr, die Parteikassen zu füllen.
Daher plant die Regierungsmehrheit aus SVP und Lega – mit der Unterstützung der meisten Oppositionsparteien –, eine eigene Südtiroler Parteienfinanzierung einzuführen. Als Grundlage dient das Falcon-Gutachten, das die Autonomiegruppe in der abgelaufenen Legislaturperiode in Auftrag gegeben hat. Daraus geht hervor, dass der Landtag durchaus die rechtlichen Möglichkeiten hat, eine eigene Parteienfinanzierung festzulegen, spfern die Politikkosten einzig vom Land getragen werden und nicht den Staatshaushalt belasten.
Der damalige Landtagspräsident Roberto Bizzo war bereits in der abgelaufenen Legislaturperiode in Rom, um einen Vorschlag für eine Landesparteienfinanzierung vorzulegen. Diese wurde jedoch abgelehnt, da der Bizzo-Entwurf – in minimaler Form – zu Lasten des Staatshaushaltes ausgefallen wäre.
Derzeit ist noch unklar, wie die Südtiroler Regelung im Detail aussehen soll. Einige Abgeordnete weisen darauf hin, dass mit einer transparenten Parteienfinanzierung das Argument wegfällt, wonach Südtirols Volksvertreter hohe Gehälter beziehen müssen, um damit ihre Parteien am Leben zu halten.
Der SVP-Präsidialsekretär Helmuth Renzler unterstreicht, dass Parteien auf öffentliche Finanzmittel angewiesen sind und verweist auf die Parteienfinanzierung in Nordtirol. Der Arbeitnehmer-Flügel innerhalb der SVP erhalte seit einiger Zeit überhaupt kein Geld mehr und könne sich daher weder eine Struktur noch einen Mitarbeiter leisten. Die Zwei-Promille-Regelung sei nur „ein Tropfen auf dem heißen Stein“, so Renzler.
Auch die Süd-Tiroler Freiheit trägt das Modell einer Südtiroler Parteienfinanzierung mit – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen passen. „Eine Partei oder eine politische Bewegung ist nicht irgendwie ein geldsaugendes Monster, das mit seinen Tentakeln sozusagen in die Taschen der Bürger hineingreift, um ihnen dort den letzten Euro, den letzten Cent aus der Tasche herauszuziehen, sondern politische Parteien und politische Bewegungen sind Ausdruck einer gelebten Demokratie“, stellte Sven Knoll unlängst in einer Landtagsrede klar. Südtirol müsse sich dem europäischen Standard anpassen. Keine politische Organisation könne arbeiten, wenn man ihr das Arbeiten unterbinde. „Ansonsten werden Parteien von Förderern abhängig, das heißt, wenn jemand einer Partei mehr Fördermittel zukommen lässt, dann wird sie eher geneigt sein, demjenigen auch einen entsprechenden Gefallen zu machen und das eine und andere Gesetz einzubringen oder abzulehnen“, so Knoll.
Dezidiert gegen das Modell einer Südtiroler Parteienfinanzierung spricht sich hingegen Alessandro Urzì aus: „Auf nationaler Ebene abgeschafft, darf und kann die öffentliche Finanzierung nicht unter falschem Namen in Südtirol wieder eingeführt werden, um die Schulden, die die großen Parteien angehäuft haben, zu begleichen. Die Kosten der Parteien müssen von deren Anhängern und Mandataren selbst getragen und nicht den Bürgern aufgebürdet werden“, ist der Abgeordnete von Alto Adige nel Cuore überzeugt.
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Kommentare (17)
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erich
Parteienfinanzierung braucht es, aber bitte nur an jene die mindestens 5% der Wählerstimmen erreichen.
annamaria
Wenn Politiker von ihren Gehalt die Hälfte in die Parteikasse geben würden, würden sie immer noch mehr verdienen als normale Arbeitnehmer und dann nicht Steuergelder beanspruchen!