„Unwürdiges Museum“
Eine Erlebniswelt, aber kein Museum: Warum Kurator Günther Oberhollenzer die kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten im Museum für Bergfotografie am Kronplatz vermisst.
von Silke Hinterwaldner
Als Günther Oberhollenzer sich kurz nach Weihnachten auf den Weg zum Kronplatz machte, waren weniger die Skipisten das Ziel seiner Reise als vielmehr das neue Museum für Bergfotografie.
Das kommt nicht von ungefähr: Oberhollenzer hat Kunstgeschichte und Kulturmanagement studiert und arbeitet als Kurator für die Landesgalerie Niederösterreich, das neue Kunstmuseum in Krems, das bald eröffnet werden soll. Gleichzeitig stammt er aus Pfalzen und war bis zu den Landtagswahlen Mitglied im Südtiroler Kulturbeitrat. Deshalb hat er die Entstehungsgeschichte des Lumen am Kronplatz und die Diskussion um die Förderbeiträge umso eingehender verfolgt. Zur Erinnerung: Die Landesregierung hatte sich vor zwei Jahren eine Spitzfindigkeit erdacht, um der Seilbahngesellschaft am Kronplatz einen Beitrag über drei Millionen Euro genehmigen zu können. Das Problem dabei: Als gewinnorientierte Gesellschaft hätte der Kronplatz eigentlich keinen Anspruch auf öffentliche Fördergelder. Entsprechend groß war die Empörung bei vielen Kulturschaffenden darüber, dass das Museum für Bergfotografie trotzdem großzügig gefördert wurde – während andere lange oder sogar vergeblich auf finanzielle Unterstützung warten.
Aber zurück zu Günther Oberhollenzer. Seit dem Besuch im Lumen stellt sich der Kurator die Frage: Entspricht der Inhalt dieses Gebäude tatsächlich den musealen Standards? Die Antwort folgt auf dem Fuß: „Nein. Das ist eine Erlebniswelt, aber kein Museum. Insofern muss die Frage erlaubt sein, ob die Förderbeiträge tatsächlich gerechtfertigt waren.“
Und er fügt hinzu: „Jede Struktur, in der Menschen über Kunstwerke, Zeitdokumente oder Fotografien etwas erfahren können, ist zu begrüßen. Aber das Museum am Kronplatz ist so gestaltet, dass es stets an der Oberfläche bleibt.“ Man spielt mit Effekten, man denkt in touristischen Kategorien und schafft so ein durchaus spannendes Erlebnis für den Besucher. Beispiel Spiegelsaal: Das ist ein schöner Raum, in dem unterhaltsame Szenen entstehen. Aber auch hier gilt: Erlebnis ja, Museum nein. Günther Oberhollenzer sagt: „Es gibt durchaus Objekte, die Potential haben. Es wird einiges angerissen, aber kaum etwas wird vertieft.“
Genau das sollte jedoch der Anspruch an ein Museum sein. Dort muss auch die kritische Auseinandersetzung mit Inhalt und Thema Platz finden. „In einem Museum für Bergfotografie erwarte ich mir mehr“, sagt Oberhollenzer, „etwa eine künstlerische Auseinandersetzung. Es gibt eine große Bandbreite an Fotografen, die sich mit den Themen Mensch und Natur, der Bebauung und Besetzung am Berg auch kritisch auseinandersetzen. So wie etwa Walter Niedermair. Es wäre spannend gewesen, sich all dem vertiefend anzunähern und nicht nur in erster Linie schöne Fotoreihen zu zeigen. Ganz nebenbei: Das Gebäude am Kronplatz ist lichtdurchflutet und eignet sich allein schon aus restauratorischen Gründen nur bedingt dafür, originale Fotografien auszustellen.
Dabei hätte von Anfang an klar sein müssen, dass am Kronplatz kaum eine kritische Auseinandersetzung mit der Industrialisierung am Berg zu erwarten war: Sobald eine Liftgesellschaft ein Museum plant, geht es eher darum, möglichst viele Besucher anzuziehen. Und weniger darum, das eigene Tun in Frage zu stellen.
Übrigens: Das Haus am Kronplatz ist nicht die einzige Struktur, die auf schnelle, effektvolle Bilder und Erlebnisse setzt, anstatt sich kritisch und ausführlich mit Inhalten zu befassen. Eine solche Tendenz ist aktuell durchaus auch in manchen Ausstellungshäusern in Wien zu beobachten. Oder man denke an die schöne Oberfläche auf Instagram oder Facebook. Dies ist derzeit Trend. Sehr zum Missfallen von Oberhollenzer.
Die Hoffnung jedoch, die stirbt zuletzt: Und so denkt sich Günther Oberhollenzer, dass sich im Museum für Bergfotografie noch einiges nachbessern lässt.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.