Silberner Bär
Das beste Drehbuch hatte in Berlin „La paranza dei bambini“.
von Renate Mumelter
Er schießt auf jemanden, und er weint, weil er auf den Mann geschossen hat. Nicola ist 15 und Chef einer Bubengang im quartiere Sanità in Neapel. Bisher musste er dabei zusehen, wie seine Mutter mühsam Schutzgeld bezahlte, bald schon wird er es selbst kassieren. Nicht in seinem Viertel allerdings, dort will er geliebt werden.
„Paranza“ bedeutet in Neapel bewaffnete Gruppe oder meint einen Schwarm junger Fische, die sich von den Lichtern der Fischer anlocken lassen, um dann als frittura auf dem Tisch zu landen. Für die Buben-Paranza kommt das verführerische Leuchten aus den teuren Läden mit den heißen Klamotten. Sie glauben Geld zu brauchen, um ins Leben zu kommen. Sie möchten jemand sein. Das Geld besorgen sie sich beim Dealen, später kommen Überfälle dazu, Waffen, echte Waffen mit allen Konsequenzen.
Dem feinfühligen Film liegt Roberto Savianos gleichnamiger Roman zugrunde. Ein Roman, der sich an gut recherchierte Tatsachen hält. Am Drehbuch hat Saviano mitgeschrieben, und dafür gab es letzten Samstag den Silbernen Bären. Verdient. Denn die Geschichte ist vielschichtig erzählt, und obwohl das Thema hart ist, wird nicht gepoltert, es spritzt kein Blut. Dafür taucht immer wieder ein ganz besonderes T-Shirt auf. Es hat Flügel. Eine feine kostümtechnische Andeutung an den Traum von Freiheit, der teuer wird.
„La paranza dei bambini“ (IT/FR 2019), 110 Min., Regie Claudio Giovannesi, mit Francesco di Napoli, Viviana Aprea, Drehbuch: R. Saviano, C. Giovannesi, M. Braucci Bewertung: Feinfühlig
Und außerdem: „Eldorado“ Autorenabend mit dem bekannten Schweizer Regisseur Markus Imhoof (Das Boot ist voll) am Dienstag, Lothar-Brandler-Bergfilme am Mittwoch und in Meran „The Mule“ und „Die Frau des Nobelpreisträgers“
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