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„Auf eigene Faust unterwegs“

Jemand muss schuld sein: Der Kastelruther SVP-Bürgermeister Andreas Colli hält es für absurd, für den Schaden von 4.400 Euro aufzukommen, den zwei Carabinieri bei einem Unfall im Jendertal verursacht haben.

von Thomas Vikoler

Andreas Colli, der Beschuldigte, und sein Anwalt Alfred Mulser hätten Staatsanwältin Daniela Morgante, wie sie nach der Verhandlung berichten, gern auf einen Ausflug auf die Seiser Alm eingeladen. Zwecks Erkundung der Örtlichkeiten, insbesondere des Jendertales.

Doch die Leiterin der Staatsanwaltschaft am Rechnungshof war bereits dort. Auf Google Maps hat sie sich die Gegend zwischen Saltria und St Christina angeschaut. Und dort den Eintrag gefunden, dass die Forststraße durch das Jendertal für Autos befahrbar sei.

Dort ereignete sich am 23. Jänner 2017 ein folgenschwerer Unfall: Ein Subaru Forester 4×4, ein Dienstwagen der Carabinieri von Kastelruth, stürzte dort, auf einer Eisplatte ausrutschend, gut 20 Meter in die Tiefe. Der Subaru wurde dabei faktisch zu Schrott gefahren, die beiden Carabinieri kamen wie durch ein Wunder mit leichten Verletzungen davon (die TAGESZEITUNG berichtete).

Eine im Sommer 2017 abgeschlossene interne Ergebung der Carabinieri ergab, dass die beiden Carabinieri für den Unfall im Jendertal nicht verantwortlich waren. Also muss jemand anderes schuld sein – der Kastelruther Bürgermeister, der ortspolizeilich für die Sicherheit der Straßen zuständig sei, wie es Staatsanwältin Morgante bei der gestrigen Verhandlung am Rechnungshof formulierte. Der Schaden beläuft sich auf 4.400 Euro, 3.700 Euro für den materiellen Schaden, den Rest für den Dienstausfall der verletzten Ordnungshüter.

Verteidiger Mulser bestreitet dies auf der ganzen Linie: Erstens hätten die Carabinieri die Straße (wie jeder andere Bürger) im Winter nicht befahren dürfen. Die einzige Zufahrt zur Alm sei laut Gebietsplan die Straße über St. Valentin. Zweitens scheine das Jendertal in der Dienstanweisung für die Kontrollfahrten am Tag des Unfalls nicht auf. Die beiden Polizisten seien „auf eigene Faust“ durchs Jendertal gefahren. Außerdem, so der Verteidiger, sei der Unfall allein auf ihre „Unvorsichtigkeit“ zurückzuführen.

„Kastelruth ist eine der flächenmäßig größten Gemeinden Südtirols. Der Bürgermeister kann nicht jeden Meter Gemeindestraßen kontrollieren, ob es dort irgendwo eisig ist“, stellt Collis Anwalt klar.

Als Indiz für die behauptete schwere Fahrlässigkeit und als indirektes Schuldeingeständnis wertet die Anklage den Umstand, dass der Bürgermeister zwei Tage nach dem Unfall ein Fahrverbot für die Straße durchs Jendertal verordnete.

Das Gegenargument des Verteidigers: „Wie hätte er das früher tun sollen, wenn er nichts von einer etwaigen Gefahr wusste?“

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