Der Bauern-Aufstand
Das Projekt zur Errichtung einer Müllvergasungsanlage in Kurtatsch erhitzt weiterhin die Gemüter der Unterlandler Bevölkerung. Oswald Schiefer kündigt an, mit den Traktoren aufzufahren, um gegen den Bau zu protestieren.
von Matthias Kofler
Die geplante Errichtung einer Müllvergasungsanlage im Gemeindegebiet von Kurtatsch versetzt die Dorfgemeinschaft weiterhin in Aufregung. Die Landesregierung hatte das umstrittene Projekt im Sommer 2018 nach einer negativen Umweltverträglichkeitsprüfung abgelehnt. Der Chef der am Bau der Vergasungsanlage interessierten Firma „Eco Energy“, Patrick Santini, legte jedoch vor dem Bozner Verwaltungsgericht Rekurs gegen den Beschluss der Landesregierung ein. Land und Gemeinde haben sich mittlerweile in das Verfahren eingelassen. Der Prozess vor dem Verwaltungsgericht dürfte frühestens in einem Jahr beginnen.
„Es war absehbar, dass Santini gegen die Ablehnung seines Projekts rekurrieren wird“, sagt der Kurtatscher Bürgermeister Martin Fischer. Durch den Rekurs behalte Santini „einen Fuß in der Tür“, um mit dem Land noch einmal nachverhandeln zu können. Der Bürgermeister ist überzeugt, dass Santinis Chancen auf eine Errichtung der Anlage nach wie vor äußerst schlecht seien.
„Das Verwaltungsgericht kann nicht entscheiden, ob die Anlage gebaut wird. Es kann nur feststellen, ob bestimmte Argumente, mit denen das Land das Projekt abgelehnt hat, rechtlich nicht haltbar sind“, betont Martin Fischer. Er nennt als Beispiel den Ablehnungsgrund, wonach es keinen Bedarf für die Anlage gebe, weil zu wenig Müll zur Vergasung vorhanden sei. Hier könnte Santini dagegenhalten und argumentieren, dass es ihm rechtlich zustehe, Müll aus anderen Regionen zu importieren. Sollte das Gericht dieser Argumentation folgen, müsste die Landesregierung den Beschluss neu formulieren. „Wir haben aber viele Argumente gegen das Projekt vorgebracht. Eines davon wird sicher halten“, zeigt sich der Bürgermeister zuversichtlich.
SVP-Bezirksobmann Oswald Schiefer bedauert, dass das Land und die Umweltagentur die Abfallpalette von „Eco Energy“ sukzessive erweitert haben. Der Ex-Bürgermeister von Kurtatsch blickt zurück: Als sich Santini mit seiner Firma vor gut zwölf Jahren im Gemeindegebiet von Kurtatsch niedergelassen hat, machte ihm der damals noch von Oswald Schiefer geleitete Gemeindeausschuss strenge Auflagen. „Es durfte ausschließlich Sperrmüll verarbeitet werden und der Betreiber musste garantieren, dass dabei kein Gestank erzeugt wird“, erinnert sich der SVP-Politiker. Im Jahr 2010 habe ihm das Land erlaubt, in seiner Anlage auch ungiftigen Restmüll der Betriebe zu sammeln. Dadurch sei „Santinis Müllappetit angeregt worden“, bedauert Schiefer. Die Gemeinde trage dafür nicht die Verantwortung.
„Santini verfolgt mit seinem Projekt rein wirtschaftliche Interessen“, unterstreicht Schiefer. Die gesamte Bevölkerung des Unterlandes sei aber strikt gegen eine solche Vergasungsanlage. Der ehemalige Landtagsabgeordnete kündigt an, im Bedarfsfall Protestaktionen gegen die Errichtung der Anlage zu planen. „Die Bauern werden dann – ähnlich wie die französischen Gelbwesten – Kundgebungen veranstalten und mit den Traktoren auffahren“, sagt Schiefer. Mit einer ähnlichen Aktion sei es ihm in den 80er-Jahren bereits gelungen, in Kurtatsch die Errichtung einer Kläranlage zu verhindern, betont der Ex-Bürgermeister.
Die Bürgerliste Kurtatsch teilt indes mit, dass sie sich geschlossen gegen die Errichtung einer Müllvergasungsanlage im Gemeindegebiet von Kurtatsch ausspricht und alle in ihrem Einflussbereich liegenden Möglichkeiten ausschöpft, um das Projekt zu verhindern. Die Gemeinderätinnen Heidi Peer, Erika Rinner und Claudia Rizzi weisen auf die 4.000 Unterschriften hin, die im Zuge der Rekursstellung von Bürgern gegen das Projekt gesammelt werden konnten. Sie zeigen sich überzeugt, dass das Verwaltungsgericht Bozen den Unterschriften Rechnung trägt und diese bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
„Es ist wichtig, dass alle Maßnahmen, die nun getroffen werden, von allen Vertretern der Gemeinde Kurtatsch mitgetragen werden und dass die Bürger geschlossen gegen das Projekt von Patrick Santini auftreten“, betonen die Gemeinderätinnen der Bürgerliste Kurtatsch.
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Kommentare (14)
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erich
Der Mezzogiorno von Südtirol macht das genau richtig, erst waren sie gegen eine Landesbeteiligung am Flughafen, nun ist der Weg frei für einen funktionierenden in privater Hand. Das selbe werden sie bei der Bahnstrecke und Vergasunganlage erreichen.
andreas
„Santini verfolgt mit seinem Projekt rein wirtschaftliche Interessen“, unterstreicht Schiefer.
Ja was sonst, er ist doch kein Sozialverein.
ostern
Was hat das mit der Überschrift „Aufstand der Bauern“ zu tun?
Betrifft doch die gesamte Bevölkerung.
morgenstern
Die Unterwürfigkeit Schiefers seinerzeit im Landtag wird ihn jetzt zum Verhängnis, oder findet sich doch jemand der ihn ernst nimmt?
besserwisser
kann steward bei der Pusterer Airway machen wenn Sie von Bozen aus wegfliegen …
besserwisser
Lieber Herr Schiefer, sie hatten es in der Hand nein zu sagen. So wie beim Flughafen. Aber so nah am Futtertrog sagt es sich halt schwer nein. Danach einen auf Protest machen ist doch die Höhe!
george
„Das Volk steht auf und hält mächtig dagegen“, das wäre ein ordentlicher Titel. Denn ohne Volk kann Schiefer gar nichts und manch anderer hat hier sicher mehr zu sagen. Oder will man vielleicht wieder einen „Salvini“ herholen, der ohnehin immer wieder in die Belange Südtirols hineinpfuscht.