Der TV-Star aus Aicha
Sieben Millionen Zuseher sahen den TV-Zweiteiler „Bier Royal“: Einer der Hauptdarsteller ist der Südtiroler Michael Klammer. Der 39-Jährige über seinen TV-Erfolg, seine spezielle Familiengeschichte und seine enge Bindung zu seiner Heimat.
Tageszeitung: Herr Klammer, wie kommt ein Mann aus Aicha nach Berlin auf die internationale Bühne bzw. zum TV?
Michael Klammer: Schon als kleines Kind hatte ich den Wunsch, Schauspieler zu werden. Nach der Handelsoberschule habe ich die Schauspielschule in Salzburg absolviert und dort habe ich auch an der Elisabeth-Bühne gespielt. Dann bin ich weiter zum Wiener Volkstheater und schließlich ans Maxim Gorki Theater nach Berlin. In Berlin lebe ich inzwischen seit 13 Jahren. Mittlerweile wirke ich aber mehr in Filmen mit und bin daher öfters im TV zu sehen.
Sie waren inzwischen schon in zahlreichen Filmen zu sehen. Gibt es eine Figur, mit der Sie sich besonders identifizieren?
Viele Rollen waren sehr reizvoll. Aber identifizieren würde ich mich mit ihnen nicht. Die Herangehensweise bei „Arthurs Gesetz“ beispielsweise war sehr außergewöhnlich.
In der sechsteiligen Serie mit Jan Josef Liefers und Martina Gedeck in den Hauptrollen, spiele ich einen Polizisten. Bei dieser Serie haben wir während der Dreharbeiten sehr viel ausprobiert und ausgelotet, in welche Richtung es gehen könnte. Das war sehr reizvoll, weil sich dann vieles vom Spiel und der Haltung her anders entwickelt hat.
Die Serie kommt nun bald im österreichischen ORF ins Free-TV.
Im ZDF wurde gerade der Zweiteiler „Bier Royal“ ausgestrahlt. Sieben Millionen Zuseher bei der ersten Folge, sechs Millionen bei der zweiten am Mittwoch. Zufrieden mit dem Erfolg?
Natürlich. Für einen Zweiteiler ist diese Zuschauerquote ein Riesenerfolg, ein absolut überragender Wert. 21 Prozent Marktanteil. Also wenn 21 Prozent von allen Leuten, die deutschsprachiges TV schauen, denselben Film ansehen, ist das gewaltig viel. Es ist auch normal, dass bei der zweiten Folge etwas weniger zuschauen, weil viele Leute nicht zwei Tage warten wollen. Sie schauen die Filme bereits in der Mediathek an.
Was war für diesen Erfolg ausschlaggebend?
Die Leute lieben Familiendramen, sie lieben Machtkämpfe wie beispielsweise bei der Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ oder „Der Denver-Clan“. Diese Zuschauer sind von den Machtverhältnissen, und wie diese sich verschieben, fasziniert. Solche Serien werden generationsübergreifend angesehen, sowohl junge als auch ältere Leute finden daran Gefallen. Und dann kommt natürlich die Besetzung; Marianne Sägebrecht, Lisa Maria Potthoff, Robert Palfrader und natürlich Gisela Schneeberger! Das sind schon große Nummern.
Im Zweiteiler bringt Vicky, Ihre Frau in der TV-Saga, schließlich Zwillingskinder zur Welt. Eines davon ist dunkelhäutig. Hat diese Szene Kindheitserinnerungen wach gerüttelt?
(lacht) Nein, ich habe ja keinen weißen Zwillingsbruder. Das war ein Überraschungseffekt, ein witziges Element, auch um die Verschiedenartigkeit aufzuzeigen.
Sie stammen aus Aicha in der Gemeinde Natz-Schabs. Mit Ihrer Mutter sind sie auf dem Bauernhof der Großeltern aufgewachsen. Ihr Vater kommt aus Nigeria. Ihre Mutter dürfte damals, vor 39 Jahren, keinen leichten Stand im kleinkarierten Südtirol gehabt haben…
Kleinkariert würde ich nicht sagen. Ich empfinde die Südtiroler schon auch als sehr offen, warmherzig und neugierig. Die Sichtweisen auf viele Dinge sind halt oftmals verschieden, weil man die Gegebenheiten vielleicht nicht anders kennt. In Südtirol hat die Gesellschaft mehrheitlich eine weiße Hautfarbe, der Großteil der Menschen stammt auch aus Südtirol ab. Es gibt nicht sehr große Zuwanderung. Die Bevölkerung ist nicht so bunt durchmischt, wie in einer Großstadt. Mein Erscheinungsbild war damals sicherlich ein Novum für die ganze Gemeinde. In der Schule anfangs, später auch beim Fußballspielen oder beispielsweise im Rahmen von Streitigkeiten habe ich schon oft Dinge zu Ohren bekommen, die ich später an anderen Orten so nie wieder vernehmen musste. In einer Großstadt empfinden es die Leute als ganz normal, wenn Menschen eine andere Hautfarbe haben. Und das ist auch gut so.
Ausländerfeindliche Aussagen?
Es gab schon auch Ressentiments und Ablehnung, ja. Es gibt in Südtirol sehr wohl auch Rassismus, der einerseits mit einer konservativen Haltung und Denkweise, andererseits vielleicht mit Furcht vor etwas Unbekanntem zusammenhängt. Das betrifft aber zum Glück natürlich bei weitem nicht jeden.
Manche Leute jedoch haben mit Menschen anderer Herkunftsländern sehr wenig oder keinen Kontakt und scheuen diesen auch. Sie sehen oftmals nicht, dass es natürlich und normal ist, dass Menschen verschiedener Nationen, Religionen und Mentalitäten an einem Ort zusammenleben. Das irritiert sie. Aber ich habe den Eindruck, das ändert sich auch sehr. Gerade bei der jüngeren Bevölkerung.
Hat Ihre Mutter sehr darunter gelitten?
Da müssten Sie meine Mutter selbst fragen. Aber sicherlich war es für sie nicht immer angenehm: Man spürt die Blicke, vernimmt die Kommentare. In mir haben diese Erfahrungen etwas anderes ausgelöst: Mich hat es dazu angespornt, mehr zu leisten und in manchen Dingen mehr Energie aufzubringen, als die meisten anderen. Ich hatte oftmals das Gefühl, ich müsste mich mehr durchsetzen oder beweisen, um voll akzeptiert zu werden und war daher bestrebt, immer gut zu sein, in dem, was ich tue. Das ist Teil meiner Persönlichkeit geworden. Ich versuche, immer das Beste aus mir rauszuholen. Allerdings jetzt natürlich aus anderen Gründen.
Ihre Mutter hat um Ihren Vater nie ein Geheimnis gemacht. Mit 24 Jahren haben Sie Ihren Vater erstmals kennengelernt. Er lebt in Rimini?
Nein, warum auch? Sie ist eine sehr selbstbewusste Frau und er ist schließlich auch Teil ihrer persönlichen Geschichte. Es gab keine Geheimnisse um ihn. Er lebt in Misano Adriatico, bei Rimini.
Das Verhältnis zu Ihrem Vater?
Das ist super. Wir hören und besuchen uns regelmäßig, er ist eine Erweiterung meiner Familie.
Sie sind sehr oft in Südtirol zu Besuch. Hängen Sie sehr an Ihrer Heimat?
Absolut. Mir bedeutet Südtirol sehr viel. Jeder Mensch ist mit seiner Heimat verbunden. In Europa haben alle eine Heimat, in die sie zurückkehren dürfen. Südtirol ist ein sehr schönes Land. Wenn jemand Südtirol verlässt, dann meistens, weil er neue Aufgaben sucht oder weil er seinen Wunschberuf nicht entsprechend ausüben kann. Aber ansonsten gäbe es für mich keinen Grund, Südtirol zu verlassen: Wir haben eine wunderschöne Landschaft, coole Leute, niemand fällt durch das soziale Raster. Südtirol ist phänomenal: drei Sprachgruppen in einem Land. Das ist einzigartig in der Welt.
Sie haben vor zwei Tagen Ihre Familiengeschichte der Tageszeitung „Bild“ geschildert. Wurden Sie auf das Interview sehr oft angesprochen?
Ja, schon. Besonders von Südtiroler Seite, meiner Familie und meinen Freunden habe ich sehr viel Zuspruch erfahren. Das freut mich auch sehr. Es wird mir viel Respekt und Anerkennung gezollt und das Gefühl vermittelt, es „geschafft“ zu haben. Ich bin jetzt etwas „populärer“ 😉
Wie sieht es um Ihre Zukunftspläne aus? Werden Sie nach Südtirol zurückkehren?
Das kann ich noch nicht sagen. Ich bin für vieles offen. Zurzeit ist eine Rückkehr aber keine Option. Mein Sohn geht hier in Berlin zur Schule, er hat hier sein Umfeld. Ich fühle mich wohl in Berlin. Hier gibt es jegliche Angebote, die man sich wünschen kann. Ich kann in Berlin bestens meiner Arbeit nachgehen und bin sehr gut vernetzt. Daher werde ich die nächsten paar Jahre sicherlich hier bleiben.
Interview: Erna Egger
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