Gestörte Wildtiere
Freizeit-Aktivitäten abseits der Pisten sind zum Trend geworden. An Orten, die bis vor wenigen Jahren noch von Ruhe geprägt waren, herrscht plötzlich reges menschliches Treiben. Für Wildtiere bleibt das nicht ohne Folgen.
„Es geht in der Kampagne ‚Freiheit mit Rücksicht‘ nicht um ein Verbot von Freizeit-Aktivitäten. Viel mehr bemüht man sich um ein respektvolles Zusammenleben von Tier und Mensch“, unterstreicht Enrico Brutti, Direktor des Landesamtes für Naturparke.
Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer bekräftigt: „Auch in der freien Natur gilt die Lebensregel: Meine Freiheit hört an der Grenze des Anderen auf.“ Und sie erinnert: „Die Natur zu respektieren, macht die eigene Freiheit zudem größer, sie nicht zu respektieren, bedeutet, sich selbst einzugrenzen.“
Für viele Wildtiere kann eine Störung im Winter nämlich lebensgefährlich werden. Ihre Körperfunktionen sind stark herabgesetzt, um wenig Energie zu verbrauchen. Ein ruhender Hirsch kann oft gar nicht flüchten, weil sein Kreislauf auf Sparmodus gestellt ist; eine flüchtende Gams verbraucht etwa die 70-fache Energie einer ruhenden. Alpenschnee- und Birkhuhn überstehen Kälteperioden in sicheren Schneehöhlen bei gleichmäßiger Temperatur. Futter ist generell knapp.
In schneearmen Wintern erhöht sich der Druck auf die Tiere, weil Feinde wie Fuchs, Marder oder Steinadler ihre Beute leichter entdecken. Raubtiere erreichen auf menschlichen Aufstiegsspuren Plätze, die sie sonst nur unter außergewöhnlichem Kraftaufwand erreichen würden. Zusätzlichen Stress für Wildtiere bedeuten von Menschen mitgeführte Hunde.
„Wenn Outdoor-Sportler diese Fakten kennen, tun sie sich meist leichter, gewisse Grundregeln respektvoll einzuhalten“, weiss Josef Hackhofer, Schutzgebietsbetreuer im Landesamt für Naturparke.
Tipps zum richtigen Verhalten
Um Störungen in Grenzen zu halten, sollten Naturnutzer daher im Winter immer dieselben Aufstiegsrouten benutzen. Diese kennen die Tiere und bleiben in sicherer Entfernung. Schneefreie Flächen oder mit Felsen durchsetzte Geländeabschnitte sollten nicht begangen werden, denn dort befinden sich oft wichtige Nahrungsplätze. Auch sollte man sich nicht parallel zum Waldrand bewegen, weil sich am strukturreichen Waldrand Tiere bevorzugt aufhalten. Tierspuren sollte man nie folgen.
Wälder durchquert man am besten auf bestehenden Schneisen oder auf Forstwegen, vor allem bei Abfahrten. Empfohlene Ruhegebiete sollten respektiert werden. Wer Tiere sieht, sollte ihnen Zeit geben, sich in Ruhe zurückzuziehen.
Aufklärung lokal und alpenweit
Die Kampagne „Freiheit mit Rücksicht“ wurde 2010 vom Alpenverein Südtirol (AVS) in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Naturparke, dem Landesamt für Jagd und Fischerei, dem Südtiroler Jagdverband und dem Clup Alpino Italiano (CAI) ins Leben gerufen. Die Initiative läuft in drei Südtiroler Pilotgebieten: in Matsch und Schlinig im Vinschgau, in Latzfons/Feldthurns sowie am Dürrenstein im Naturpark Fanes Sennes Prags. Dort werden im Winter Tafeln aufgestellt, auf denen empfohlene Aufstiegsrouten und Abfahrtsbereiche gekennzeichnet sind.
Teilweise werden auch Wegweiser im Gebiet selbst, dort wo empfohlene Abfahrtsrouten geschaffen wurden, angebracht. Zudem gibt es einen Info-Folder (siehe Anhang), der leicht verständlich über das Thema aufklärt.
Alpenweit bemüht sich das Netzwerk Alpiner Schutzgebiete ALPARC in der Initiative „Be part of the mountain“ um dieselbe Thematik. Um ein alpenweites Konzept für den respektvollen Umgang mit der Natur im Zusammenhang mit Freizeitaktivitäten zu erreichen, wurde eine Charta erarbeitet, die nach und nach von Schutzgebieten und Partnerorganisationen unterschrieben werden soll. Auch ein eindrucksvoller Kurzfilm unterstreicht die Problematik.
Das Landesamt für Naturparke hat in diesem Bereich mitgearbeitet und unterstützt die Initiative. „Es ist ein weiterer Beitrag dazu, eine intakte Natur und Landschaft für kommende Generationen zu erhalten und zu schützen“, so Amtsdirektor Brutti.
„Voraussetzung für den Erhalt und Schutz ist es, dass wir unseren Lebensraum und die Bedürfnisse der Natur und der Tiere auch tatsächlich kennen. Nur so können wir unsere Freiheit mit Rücksicht gestalten,“ schließt Landesrätin Hochgruber Kuenzer.
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