„Sie ist gefährlich“
Sie sieht harmlos aus, hat aber ein hohes Suchtpotenzial: Die E-Zigarette „Juul“. In den USA hat sie viele Jugendliche abhängig gemacht. Dort dampft bald jeder Fünfte. Seit kurzem gibt es sie auch in Italien. Was sie so gefährlich macht.
von Eva Maria Gapp
„Juul“ und „juulen“ sind Ausdrücke, die an High-Schools und Universitäten in den USA mittlerweile fast jeder kennt. Die E-Zigarette „Juul“, die dort seit einigen Jahren erhältlich ist, hat sich in den USA innerhalb kürzester Zeit rasend schnell verbreitet. Dort dampft bald jeder fünfte Jugendliche. Viele sind 14 oder 15 Jahre alt. Die meisten sind nikotinabhängig. „Heimlich eine rauchen gehen“, liegt bei den Jugendlichen dort nicht mehr im Trend. Heute geht man „vapen“, das kommt aus dem Englischen „to vape“ und heißt so viel wie „dampfen“.
Da sie in Amerika so beliebt ist, hat man in Deutschland mittlerweile Angst, dass sie bei den Jugendlichen genauso „einschlagen“ wird. Sogar die Bundesregierung fürchtet um die Gesundheit der deutschen Schüler. Denn dort wird „Juul“ seit Dezember verkauft. Im Netz liest man von „neuer Teenie-Droge“ oder „Epidemie: E-Zigarette“. Und hierzulande? Seit kurzem ist die stark nikotinhaltige E-Zigarette „Juul“ auch in Italien erhältlich.
Bettina Meraner, geschäftsführende Primaria des Dienstes für Abhängigkeitserkrankungen in Bozen, ist ebenso besorgt. „Ich kann mir gut vorstellen, dass „Juul“ unter den Jugendlichen hier genauso abgehen könnte wie in Amerika. Ich habe große Bedenken.“ Denn generell steige auch hier der Konsum von E-Zigaretten bei Jugendlichen. „Es ist mittlerweile cool an einer E-Zigarette zu ziehen“, sagt sie.
Doch was macht diese E-Zigarette, die einem USB-Stick ähnelt, so besorgniserregend? „Die „Juul“ ist deshalb so gefährlich, weil sie ganz harmlos daherkommt. Sie sieht sehr trendy aus, ähnelt einem USB-Stick, ist klein und schmeckt nach Apfel oder Mango. Das spricht natürlich Jugendliche an. Im ersten Moment klingt das alles sehr harmlos“, sagt sie. Doch das täuscht. Diese „Juul“ hat es in sich: „Sie enthält Nikotin und zwar ein solches, das vom Körper leichter und schneller aufgenommen wird. In kürzerer Zeit nimmt man also mehr Nikotin auf, als bei anderen E-Zigaretten. Deshalb ist das Suchtpotenzial auch höher“, warnt Meraner. Grund dafür sind Nikotinsalze, die auf eine bestimmte Art und Weise präpariert sind, die viel schneller in den Blutkreislauf gelangen.
Das führt dazu, dass die Jugendlichen immer mehr davon wollen. „Es ist auch dieser Reiz des Neuen, der für die Jugendlichen so verlockend ist. Dass es aber abhängig macht, durchschaut nicht jeder 15 oder 16 Jähriger“, weiß Meraner. Deshalb sei es wichtig die Jugendlichen aufzuklären und an die Eltern zu appellieren, ihren Kindern keine E-Zigaretten zu kaufen. „Denn obwohl in Südtirol E-Zigaretten an minderjährige Jugendliche nicht verkauft werden dürfen, gibt es Eltern, die sie immer wieder an Jugendliche schenken“, sagt sie. Diese Gefahr bestehe somit auch bei der E-Zigarette „Juul“, die aber viel mehr Nikotin enthält.
Nikotin macht aber nicht nur abhängig, es wirkt sich auch negativ auf die Konzentration aus. Es kann auch Organe und Gefäße schädigen. Insbesondere auf die Hirnentwicklung Jugendlicher hat es nachweisliche Auswirkungen. Diese negativen Aspekte würden aber zu wenig thematisiert werden.
Zudem ist nach wie vor unklar, wie der Konsum von E-Zigaretten auf lange Sicht die Gesundheit beeinträchtigen wird. Das weiß auch Bettina Meraner: „Die langfristigen Auswirkungen sind noch relativ unerforscht. Was man aber sagen kann, ist, dass E-Zigaretten keineswegs gesünder oder unschädlicher als Tabakrauch sind. Es fallen nur die ganzen Stoffe weg, die durch die Verbrennung entstehen und die zum Teil das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen können. Das heißt aber nicht, dass vielleicht nicht auch E-Zigaretten Erkrankungen verursachen können, die man aber erst in 30 oder 40 Jahren erkennt“, sagt sie. Denn auch bei den Tabakzigaretten habe es sehr viele Jahre gedauert, bis man festgestellt hat, dass Nikotin und generell Tabakprodukte krebserregend sind.
Zudem gibt Meraner zu bedenken, dass hinter den E-Zigaretten ein großer Markt steckt, der nicht unterschätzt werden darf: „Wenn ich ein Produkt verkaufe, das die Menschen schnell abhängig macht und sie dann mein Produkt immer stärker nachfragen, dann ist das natürlich auch vorteilhaft für mich als Unternehmen“, sagt sie. Die Zahlen geben ihr auch Recht. In USA ist die E-Zigarette „Juul“ sehr erfolgreich. Sie hat einen Marktanteil von 72 Prozent und setzt sich damit gegen Konzerne wie Philip Morris durch, die über ein Millionenbudget verfügen. Zugleich leisten sie aber auch einen erheblichen Beitrag dazu, dass Kinder und Jugendliche dort E-Zigaretten nutzen. „Diese E-Zigarette hat man explizit für Jugendliche konzipiert. Eine E-Zigarette für Erwachsene? Das ist ‚Juul’ nicht“, sagt Meraner. Auch wenn dies die Hersteller behaupten.
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