Vom Mann zum „Mandl“
Karl Schönherrs „Weibsteufel“ treibt im Unterland sein Unwesen. Regisseur Roland Selva hat ihm im Theater an Etsch in Neumarkt Unterschlupf gewährt.
Es kommt der Eine daher und macht ihr schöne Augen, dann kommt der Andere um die Ecke und macht sich ihre angebliche Naivität zunutze. Doch das kann nicht lange gut gehen, schließlich hat sie Augen im Kopf und genug Verstand im Hirnkastl, um zu verstehen, dass sie als Weib von den Männern nur ausgenutzt wird. Karl Schönherrs Drama „Der Weibsteufel“ wurde schon 1915 im Johann Strauß-Theater in Wien uraufgeführt und doch geht es darin um ein hochaktuelles Thema: das Machtverhältnis zwischen Mann und Frau. Aufgrund seiner brennenden Aktualität wird das Stück im deutschsprachigen Raum wieder gerne und oft gespielt.
Ein Mann, eine Frau und ein Grenzjäger verfangen sich in einer fatalen Dreiecksbeziehung. Der Mann (Horst Herrmann), kränklich und von Gelenkschmerzen geplagt, verdient sich mit Schmuggel eine goldene Nase, seine junge Frau (Katharina Gschnell) genießt ein sorgenfreies Leben. Der Jäger (Markus Westphal) will dem Paar auf die Schliche kommen, denn für die Überführung des Gauners wurde eine stattliche Beförderung in Aussicht gestellt. Er macht sich an die Frau heran, um „die Gans ein bissl verliebt“ zu machen und sie hinters Licht zu führen. Der Mann ist zwar gebrechlich, aber schlau. Er riecht Lunte und treibt seinerseits die Frau dazu, den Jäger solange zu bezirzen, bis die Schmuggelware außer Haus ist. Doch das Weib durchschaut die Männer. Was zu dem Zeitpunkt noch niemand ahnt: zwischen dem Jäger und der Frau entwickelt sich im Zuge der vorgetäuschten Avancen echte Leidenschaft. Josef Bertignoll stimmt auf seiner Ziehharmonika unheilvolle Töne an, die Tragödie ist vorprogrammiert.
Horst Herrmann scheint die Rolle des despotischen Patriarchen wie auf den Leib geschneidert, humpelnd und mit knarrender Stimme, mimt er den veralteten Piraten. Markus Westphals stattliche Erscheinung schmilzt in den Händen der Frau dahin und, ehe er sich versieht, ist er ihr schon verfallen. Katharina Gschnell als Frau durchlebt indes einen emanzipatorischen und gleichzeitig verheerenden Bewusstseinsprozess: aus der braven Hausfrau wird im Laufe der Handlung eine feurige Amazone, die für ihren finalen Befreiungsschlag vor nichts Halt macht. Ihre Verwandlung wird anhand ihrer Wortwahl offensichtlich. So bezeichnet sie den Gatten zu Beginn noch ganz verliebt als ihren „Mann“, nach einer Weile verkümmert er zum „Mandl“ und am Ende sieht sie in ihm nur noch ein verweichlichtes „Bettflaschenmandl“.
Regisseur Roland Selva porträtiert hier drei Menschen, die sich gegenseitig immer tiefer in den Sog eines ungleichen Machtverhältnisses hineintreiben. Schönherrs Stücke basieren auf einer existentiellen Einfachheit. Die Bühne (Nora Veneri) ist deshalb gewollt minimalistisch und karg arrangiert. Das Ambiente reflektiert somit die Rohheit der Schönherr‘schen Sprache, bei der die Dialoge auf das Essentialste reduziert sind. Das Ungesagte schwebt aber konstant im Raum, Mimik und Körpersprache sind daher umso wichtiger. Hochaktuell und sehenswert, wird dieses Stück beim Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Termin: „Der Weibsteufel“ im Dachbodentheater im Mesnerhaus in Neumarkt.
Aufführungen: 30.01., 02.02., 03.02., 10.02., 12.02., 13.02., 17.02., 19.02, 21.02., 22.02., 23.02., 24.02. immer um 20 Uhr, Sonntag 18 Uhr (!).
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