Judith Neunhäuserer Rays
In ihrer Einzelausstellung zeigt Judith Neunhäuserer verschieden gerichtete Strahlen: vor- und rückwärtsgewandte Zeitstrahlen, Lichtstrahlen nach oben und vorne, Himmelsstrahlen, Röntgenstrahlen und eine Videoprojektion. Strahlen gehen ins Unendliche und sind, indem sie von einer Quelle stammen, zugleich deren Spur.
Skulpturale Objekte aus Glas, Bronze und Papier verweisen auf geowissenschaftliche und archäologische Fundstücke, die dem Erdboden in Grabung und Bohrung entnommen wurden. Sie kommen ans Licht wie Fossilien. So wird die Geschichte des Menschen und seines Planeten beschrieben und davon ausgehend Prognosen über deren weiteres Schicksal getroffen. Der Zeitstrahl läuft also zuerst nach links, um dort zu wenden. Die „Überlebsel“ unbekannter Herkunft haben prophetisches Potential, aber lassen offen, ob die Zukunft, die sie benennen, nicht eine schon vergangene ist. Unsere Gegenwart, als zukünftige Vergangenheit inszeniert, stellt die Frage: Was bleibt?
Der Lichtstrahl auf dem Dach ist ein möglicher Ort der Verbindung, eine Rutsche, von einer anderen Dimension zu unserer. Das knapp über dem Boden endende Seil sichert den Abstieg ins Innere des Ausstellungsraumes. Eine Passage, das Loch in einer Wand aus Schnee, gibt den Blick auf hydraulische Architektur frei. Auf Antarktika, dem Kontinent des ewigen Eises, lassen sich Spuren polarer Portale finden, die ins Innere des Globus führen. Im Video erkundet eine einzelne Figur mit Blitzlicht und Stirnlampe ihren Ankunftsort.
Über allem schwebt der Patronus, ein Rochen, der die Künstlerin seit ihren Anfängen in der Kunstakademie begleitet. Röntgenstrahlen offenbaren sein flaches Skelett, das Röntgenbild ist die Spur seines Innersten. Jeder Rochen kann als binärer Operator gelesen und zur Quelle von Entscheidungen werden: Von oben gesehen ist das Tier ein Kreis (0), von der Seite gesehen ein Strich (I), und antwortet mit Ja oder Nein. Von da aus strahlt er nach rechts.
Judith Neunhäuserer, 1990 in Bruneck geboren, studierte Freie Kunst sowie Religionswissenschaft und Philosophie in München und Istanbul. In ihrer künstlerischen Arbeit bedient sie sich unterschiedlichster Medien mit einem Schwerpunkt auf Installation, Performance und Video. Unterbrochen von Forschungsreisen wie einer Transatlantikfahrt von Genua nach New York und der Antarktisexpedition 2017 lebt, arbeitet sie in München. Den publizierten Expeditionsbericht gibt es in der Galerie Prisma zur Ansicht und zum Erwerb (Judith Neunhäuserer Albedo. Observationen auf Neumayer III / Observations at Neumayer III Hammann von Mier Verlag 2018).
Die Ausstellung in der Galerie Prisma ist bis zum 8. Februar zugänglich.
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