Mordversuch im Drogenrausch
Zwölf Jahre Haft für Khalid Quassafi, der im März 2017 seine Ehefrau Meryem Nsasra mit sieben Messerstichen schwer verletzte. Vor den Augen von drei ihrer Kinder.
Von Thomas Vikoler
Vor dem Gerichtssaal B des Bozner Landesgerichts spielen sich dramatische Szenen ab: Frauen mit Kopftuch sinken weinend nieder, der Bruder des soeben Verurteilten ruft: „Das ist ungerecht, die Strafe viel zu hoch. Menschen, die einen Mord begangen haben, wurden zu weniger Haft verurteilt“.
Vorverhandlungsrichter Walter Pelino hat soeben ein Urteil verkündet, das auf den ersten Blick drakonisch erscheint: Khalid Quassafi, 38, ein gebürtiger Marokkaner, wird zu zwölf Jahren Haft wegen versuchten Mordes verurteilt. Versuchter Mord an seiner eigenen Ehefrau Meryem Nsasra, 31, die nun ebenfalls vor dem Gerichtssaal auf das Urteil wartet.
Sie weint ebenfalls, bei einer vorangegangen Verhandlung hatte sie ihrem Mann bei einer Zeugenaussage verziehen und erklärt: „Er war sehr gestresst damals“.
Wie ein psychiatrisches Gutachten ergeben hat, stand Khalid Ouassafi am 25. März 2017 unter Drogeneinfluss. Er hatte Kokain geraucht und auch Alkohol getrunken. Der Gerichtsgutachter erklärte ihn für zurechnungsfähig.
Im Zuge eines Streits stach Ouassafi laut Anklage in der gemeinsamen WoBi-Wohnung im Bozner Europaviertel nicht weniger als sieben Mal mit einem 18 Zentimeter langen Küchenmesser auf seine Ehefrau ein. Meryem Nsasra erlitt schwere Verletzungen im Bauchbereich und konnte später nach einer Operation im Bozner Spital gerettet werden.
Richter Pelino verweigerte dem Angeklagten allgemein mildernde Umstände. Aus einem nachvollziehbaren Grund: Ouassafi ist mehrfach vorbestraft (u.a. wegen Drogenhandels) und hatte einen Monat vor der Tat seinen Schwager mit einem Messer im Gesicht verletzt.
Die erschwerenden Umstände: Der Mordversuch wurde hinter häuslichen Mauern gegen einen nahen Verwandten verübt. Dazu vor den Augen von drei ihrer gemeinsamen minderjährigen Kindern. Aus dem Ermittlungsakt geht hervor, dass die zwölfjährige Tochter des Ehepaars der Mutter das Küchenmesser aus dem Bauch zog.
Das macht die hohe Haftstrafe von zwölf Jahren (inklusive eines Drittel Strafnachlass wegen des verkürzten Verfahrens) nachvollziehbar macht.
Verteidigerin Anna Maria Galiardi hatte auf schwere Körperverletzung plädiert und kündigte nach dem Urteil eine Berufung an.
Was passiert nun mit dem Verurteilten, der sich nach der Tat hinter einer Mauer versteckt und die Polizisten nach seiner Entdeckung heftig attackiert hatte? Weil seine Aufenthaltsgenehmigung inzwischen verfallen ist, kann Khalid Ouassafi in keiner Drogen-Therapiegemeinschaft aufgenommen werden. Er muss seine Haftzeit im (Bozner) Gefängnis absitzen. Mehr als eineinhalb Jahre hat er bereits hinter sich.
Ähnliche Artikel
Kommentare (3)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
tiroler
Er sollte die Strafe in Marokko absitzen müssen und nicht auf Kosten von uns Steuerzahlern