Ötzi für Benko
Ein Umzug von Ötzi in das mögliche Museumsquartier am Virgl würde die wirtschaftlichen und kommerziellen Schwerpunkte in der Landeshauptstadt entscheidend verschieben. In René Benkos neues Geschäftsviertel an der Südtirolerstraße.
von Thomas Vikoler
Die Entscheidung fällt Ende Jänner. Die vom Vermögensamt des Landes einberufene Bewertungskommission, bestehend aus Vertretern der Abteilungen Urbanistik, Hochbau und Tourismus, sowie jeweils einem Abgesandten der Gemeinde Bozen (Urbanistik) und der Körperschaft Südtiroler Landesmuseen, wird den „Sieger“ der Marktrecherche für den Standort eines „Museumsquartiers der Stadt Bozen“ ermitteln.
Wie berichtet, sind beim Vermögensamt des Landes drei Angebote eingegangen: Eines davon sticht besonders hervor. Jenes des österreichischen Immobilieninvestors René Benko, der das Areal der ehemaligen Bergstation der Virgl-Bahn ins Museumsquartier-Rennen geschickt hat. Mit den vor einigen Jahren im Rahmen eines Wettbewerbs ermittelten Plänen der norwegischen Star-Architekten Snøhetta.
Die beiden übrigen Angebote beziehen sich auf Immobilien/Areale im Bereich der Altstadt. Nach Informationen der TAGESZEITUNG gehört auch das Ex-INA-Haus von Immobilienunternehmer Pietro Tosolini dazu. Das Land hatte bereits mit Tosolini über eine Verlegung des Archäologiemuseums in das nahe Areal an der Talferbrücke verhandelt. Man konnte sich nicht auf einen Kaufpreis einigen.
Stattdessen entschied sich die Landesregierung (im Mai) für eine Markrecherche zur Ausfindigmachung eines Gebäudes oder Areal für die Errichtung eines regelrechten Museumszentrums: Darin sollen nicht nur das unter Platzmangel leidende Archäologiemuseum, sondern ein eigenes Museum für die Gletschermumie Ötzi und das Stadtmuseum der Gemeinde Bozen unterkommen. Insgesamt werden dafür laut Ausschreibung 10.000 Quadratmeter benötigt, davon jeweils 1.500 Quadratmeter für die drei Dauerausstellungen.
„Die Kommission wird sich Mitte Jänner noch einmal treffen, um die Rangordnung für die technischen Eigenschaften der drei Vorschläge zu erstellen. Dann werden die wirtschaftlichen Angebote dazu genommen“, sagt Max Dusini, Leiter des Landesvermögensamt und Verfahrensverantwortlicher. Punkte gibt es für die Lage des Objekts, für architektonische und funktionelle Kriterien und schließlich für das Preisangebot. Die technischen Kosten (reine Baukosten) sind mit dem Baukostenindex für öffentliche Bauten (493 Euro pro Kubikmeter) bereits festgelegt.
Das Ergebnis der Marktrecherche wird an die Landesregierung weitergereicht, die dann eine rein politische Entscheidung treffen wird: Ja oder Nein zum ausgewählten Angebot, Ja oder Nein zur Errichtung eines Museumsquartiers.
Eines steht bereits jetzt fest: Wird der Standort Virgl ausgewählt (laut Informationen aus dem Umfeld der Kommission ist er derzeit der eindeutige Favorit), würden sich die wirtschaftlichen und kommerziellen Schwergewichte in der Landeshauptstadt entscheidend verschieben. Und zwar von der historischen Achse Lauben/Museumstraße in das geplante neue Geschäftsviertel um die Südtirolerstraße, das niemand anderes als René Benkos Signa-Gruppe errichten wird. Die Bauarbeiten für das Kaufhaus WaltherPark im Ex-Busbahnhofareal sollen in diesem Jahr starten, die Arbeiten für die Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses in der Südtirolerstraße laufen bereits.
Das dritte Element – und zusätzliche Publikumsmagnet des Viertels – wäre dann das Museumsquartier am Virgl. Zu erreichen über eine Seilbahn, welche die Besucher in wenigen Minuten vom nahen Verdiplatz auf den derzeit verwaisten Hügel über Bozen bringt.
Ein Szenario, das bei der eingesessenen Bozner Kaufmannschaft einmal mehr die Alarmglocken schrillen lässt. Den Kampf um das Zentrums-Kaufhaus hat sie (bei einer Bürgerbefragung) kläglich verloren, nun droht sogar der Verlust von Ötzi.
Das Archäologiemuseum in der Museumstraße mit Weltstar Ötzi verzeichnete 2017 mit 286.972 Eintritten das beste Ergebnis seit der Öffnung im Jahr 1998. Im abgelaufenen Jahr dürfte eine ähnliche Zahl erreicht worden sein.
WaltherPark plus Ötzi-Museum in einem (Benko)Viertel, das würde mit Sicherheit eine einschneidende Umlenkung der Besucherströme bedeuten. Mit entsprechenden Einbußen für die Geschäfte und Restaurants entlang der Achse Lauben/Museumstraße.
Insofern ist die bevorstehende Entscheidung der Landesregierung bereits höchst umkämpft. Medienkampagnen, wie man sie von der Kaufhaus-Schlacht kennt, werden nicht ausbleiben. Schon allein wenn man bedenkt, dass die Athesia-Gruppe (zusammen mit der Podini-Holding) gegenüber dem Archäologiemuseum derzeit einen großen Wohn- und Geschäftskomplex errichtet.
Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi, der den Vorschlag der Verlegung des Ötzi-Museums auf den Virgl anfangs noch als „Schnapsidee“ bezeichnet hatte, ist ihm gegenüber inzwischen wesentlich positiver eingestellt. Seine Bedingung: Der Stadt sollen durch die Errichtung des Museumsquartiers möglichst wenig Kosten entstehen.
Ähnliche Artikel
Kommentare (2)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
tiroler
Politik gehorcht der Grossfinanz.
In diesem Falle ist es aich sinnvoll. Die Bozner Altstadt ist hoffnungslos überlaufen und der Virgl bietet sich excellent an.