Der digitale Stalker
Eine junge Boznerin wurde von ihrem Ex-Freund wiederholt gestalkt – u.a. mit Schmähgedichten, die von erfundenen Absendern abgeschickt wurden. Nun wurde der 38-jährige zu einer drakonischen Haftstrafe verurteilt.
Von Thomas Vikoler
Wer mit seinem Handy im Gepäck eine Reise antritt – so wie in diesem Fall nach Spanien -, der hinterlässt digitale Spuren. Da kann jemand nachher vor Gericht noch so behaupten, er sei im Juni 2015 nicht in Spanien gewesen. Doch die Ermittlungen der Postpolizei zu einer Anzeige einer jungen Boznerin wegen Stalkings ergaben zweifelsfrei, dass sich ihr Ex-Freund, ein heute 38-jähriger Mann aus Trient, am 27. Juni 2015 in der spanischen Hauptstadt Madrid aufhielt. Er hatte auf seinen Namen einen Flug von Bergamo aus und ein Hotel gebucht.
Von dort wurde an jenem Tag eine Mail verschickt, der verleumderische Aussagen und intime Details über die Ex-Freundin (und einer Bekannten von ihr) enthielt. Adressiert an eine Freundin der Boznerin, versehen mit einem erfundenen Absender.
Das alles ergab ein verkürztes Verfahren in der Vorverhandlung am Landesgericht Bozen, das nun mit einem Schuldspruch und einer drakonischen Strafe für den (vermeintlichen) Autoren des Schmäh-Mails endete: Drei Jahre und zwei Monate Haft (Ausgangsstrafe: Vier Jahre und neun Monaten Haft mit einem Drittel Abzug wegen des verkürzten Verfahrens) und Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern für fünf Jahre für den 38-jährigen Trentiner.
Gegen diesen hatten Bozner Voruntersuchungsrichter Anfang 2015 Annäherungsverbote bzw., im Herbst desselben Jahres, U-Haft verhängt. Was ihn offenbar nicht davon abhielt, seine Ex-Freundin weiter zu stalken.
Die Liebesbeziehung zwischen den beiden hatte 2011 begonnen und wurde von der jungen Boznerin im Mai 2014 beendet. Einige Monate später lauerte der Ex-Freund der Frau in Bozen auf. Er spuckte ihr – vor den Augen ihres neuen Partners – ins Gesicht und bezeichnete sie als „Hure“. Es folgte einen Monat später ein Besuch an ihrem Arbeitsplatz. Die Frau musste sich dort zeitweise einsperren, um sich dem Ex-Partner zu entziehen. Im Prozess behauptete der Angeklagte, er sei an jenem Tag nicht in Bozen gewesen (was im Urteil widerlegt wird).
Im November erhielt die Boznerin eine E-Mail, die ein rassistisches und sexistisches Schmähgedicht gegen sie enthielt. Abgeschickt von einem Absender namens Paolo Murano in einem Internet-Café in Rovereto: Die Ermittlungen der Postpolizei ergaben, dass der Ex-Freund für die Adresse den Namen eines gemeinsamen Bekannten gestohlen hatte – und dass er den lyrischen Erguss selbst (auf seinem eigenen Computer) geschrieben und abgeschickt hatte. Er bestritt im Verfahren, sich in Rovereto aufgehalten zu haben. Im Juni 2015 folgte dann die beleidigende Sendung aus Madrid.
Der nunmehr verurteilte hat offenbar Erfahrung mit digitalem Stalking:
In einem Strafverfahren gegen ihn am Landesgericht Trient, das 2008 wegen Rücknahme der Anzeige eingestellt wurde, wurde Folgendes offenbar: Der Mann schrieb unter dem Namen einer Frau, die ihn gerade verlassen hatte, einen beleidigenden Brief an Professoren der Universität Cà Foscari in Venedig. Auch deshalb verweigerte ihm Richter Peter Michaeler in dem nun ergangenen Urteil allgemein mildernde Umstände.
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