Hölle
Heute erlaubt mir Friedrich Augscheller, seinen Facebook-Post über „Welcome to Sodom“ auszuleihen.
von Renate Mumelter
„Ja ja, ich weiß. Vorweihnachtliches Geschenkeeinkaufswochenende und der lästige Vogel von Friedrich kommt wieder mit solchen Geschichten… Ich denke, wer diese Bilder einmal gesehen hat, bekommt sie so schnell nicht mehr aus dem Kopf. Alle, die sich eine wutentbrannte Anklage gegen die Auswüchse der Konsumgesellschaft erwarten, werden bitter enttäuscht sein. Es ist eher ein Film der leisen Bilder, die aber vollauf genügen angesichts der Geschichten, die er zu erzählen hat. Es ist ein Film über das Alltagsleben in der Hölle. Es ist ein Film über den Businessman, der nur das Geschäftemachen im Kopf hat, nachts aber von der ewig grünen Savanne im Norden träumt. Es ist ein Film über die Vierundvierzigjährige, die im Körper einer alten Frau lebt, weil in „Sodom“ die Zeit einen anderem Rhythmus hat. Es ist ein Film über den Jungen, der nichts besitzt als einen Magneten, mit dem er versucht, der Erde auch die allerletzten Reste an verwertbarem Metall zu entreißen. Es ist ein Film über das Mädchen, das ein Junge sein will, weil Jungen mit Eisen mehr Geld verdienen als Mädchen mit Wasser. Es ist ein Film über den schwulen Juden, der sich zwischen den Müllhalden versteckt, da er weiß, dass sie ihn, sobald sie sein Geheimnis erfahren, töten werden. Es ist ein Film über den Muskelprotz, der stärker ist als alle weißen Männer, und der es dank seiner Kraft vermag, das Feuer im Inneren der Erde zu bändigen, dies alles aber nur im Drogenrausch zu ertragen vermag. Es ist ein Film über den Prediger, der seinen Mitmenschen jeden Tag aufs Neue das Jüngste Gericht prophezeit, während seine Augen die Hoffnungslosigkeit all seiner Sehnsucht verraten.
Das Mädchen, welches als Junge arbeitet, träumt vom Weltall, weil es ein einziges Mal von dort oben auf all dies herunterschauen möchte. Sie habe gehört, dort oben gingen die Menschen anders, was nur nur bedeuten könne, dass dort alles besser sei. Was ich noch unbedingt erwähnen muss, ist der ungeheuer kraftvolle Soundtrack von D-BOY.
25.000 Tonnen Elektroschrott aus Europa werden alljährlich in Ghana entsorgt.“ Danke, Friedrich.
„Welcome to Sodom“ (AT 2018), 92 Min., Regie: Florian Weigensamer; Christian Krönes. Bewertung: Nachhaltig sehenswert
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