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„Die Gäule durchgegangen“

Die Enthüllungen zur Hütten-Affäre von Daniel Alfreider haben ein gerichtliches Nachspiel. Der Meraner Anwalt Karl Zeller verklagt das Wochenmagazin FF. Der Artikel sei ein Fake.

TAGESZEITUNG Online: Herr Zeller, Sie kündigen eine Presseklage gegen die Wochenzeitung FF im Fall Daniel Alfreider an. Muss das sein?

Karl Zeller: Die Klage wird auf jeden Fall eingebracht. Es hat in der Südtiroler Mediengeschichte selten einen Artikel gegeben, der so viele erfundene und schlecht recherchierte Dinge enthalten hat, die durch Dokumente widerlegt werden können. Die Frage ist: Hat der FF-Redakteur dies bewusst so gemacht, was ich nicht hoffe, oder hat er schlampig recherchiert?

Das werden …

Lassen Sie mich noch eines sagen: Ein Journalist hat eine große Verantwortung. Bevor er eine Person mit einem guten Leumund, die noch dazu im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht, zu ruinieren versucht, sollte er doppelt genau hinschauen. Im konkreten Fall hat der Journalist einfach drauflosgeschrieben, ohne die Fakten und die Rechtslage zu untersuchen. Das muss gesühnt werden. Es gibt zum Glück ein Gericht.

Was ist denn falsch an dem FF-Artikel?

Dadurch dass der Journalist die Baukonzessionen in den Händen gehalten hat, hätte er als erstes sehen müssen, dass die Bauanträge und die Konzessionen nicht auf den Namen Daniel Alfreider laufen, sondern allesamt auf dessen Vater Riccardo. Daniel Alfreider ist also nicht der Eigentümer. Im Artikel wird sogar suggeriert, Daniel Alfreider habe als Bauassessor der Gemeinde Corvara sieben Baukonzessionen bekommen. Das stimmt aber nicht. Denn alle Anträge und Konzessionen laufen auf den Namen Riccardo Alfreider.

Gut, er könnte …

Ich weiß schon, was Sie sagen: Ah, der Daniel Alfreider hat das für seinen Vater gemacht. Wenn dem so wäre, dann hätte man schreiben müssen: Es liegt der Verdacht nahe, dass Daniel Alfreider die
Sache für seinen Vater eingefädelt hat. Fakt aber ist: Die Hütten gehören Riccardo Alfreider. Und
die Geschichte über einen Herrn Riccardo Alfreider war für die FF nicht interessant.

Dann war es halt die Geschichte über die Familie Alfeider …

Fakt ist, dass im Artikel unterschlagen wurde, dass alle Ansuchen und Konzessionen Daniel Alfreiders Vater laufen. Die gravierendste Fehlleistung des FF-Redakteurs besteht aber darin, dass er offenbar keine Gesetze lesen kann. Die FF bringt den Vergleich mit dem Nachbarn, dem eine Kubaturverschiebung um 150 Meter nicht genehmigt wurde, währenddem Alfreider seine Hütten kilometerweit habe verlegen dürfen. Das ist die größte Verleumdung und üble Nachrede in diesem Artikel.

Warum?

Weil sich die Hütte dieses Nachbarn nicht in einer Gefahrenzone befunden hat, hätte sie nur in unmitelbarer Nähe des heutigen Standortes verlegt werden können, nicht weiter weg. In Gefahrenzonen gilt keine Beschränkung in Bezug auf die Distanz, und das hat ja auch einen logischen Grund: Wenn ich ein Haus in der Mure habe, dann darf ich es nicht an derselben Stelle oder in unmittelbarer Nähe aufbauen, weil ich mich dann ja weiterhin in der Gefahrenzone befinden würde. Der Sinn des Gesetzes ist, die Gebäude an eine sichere Stelle zu verlegen. Hinzu kommt: Es ist nicht so – wie die FF schreibt –, dass die Entscheidung bei der Gemeinde gelegen hat, sondern beim Landesgeologen. Der Landesgeologe muss in solchen Fällen prüfen, erstens, ob sich die Hütte in einer Gefahrenzone befindet. Zweitens braucht es die Unbedenklichkeitserklärung der Landesraumordnungskommission. Wenn auch nur eines dieser beiden Gutachten nicht vorliegt, darf die Gemeinde die Baukonzession nicht ausstellen. Andererseits bedeutet dies: Wenn diese Gutachten positiv ausfallen, muss die Gemeinde die Konzession ausstellen …

Weil?

Die meritorische Entscheidung liegt in diesen Sonderfällen einzig und allein beim Land. Allein schon aus diesem Grund ist der ganze FF-Artikel ein – wie man auf Neudeutsch so schön sagt – Fake. Es wurde nämlich suggeriert, Daniel Alfreider habe sich als Gemeindeverwalter alles schön hergerichtet. Aber wie hätte er das tun sollen, wenn die Gemeinde keine Befugnisse hat? Und wissen Sie, was die absolute Kirsche ist?

Sie werden es uns verraten …

Die Kirsche ist, dass in dem FF-Artikel behauptet wird, Daniel Alfreider habe die Bauleitplanänderung in Bezug auf die Kochhütte als Gemeinderat selbst mitbeschlossen.

Hat er nicht?

Hat er nicht! Denn im Jahr 2010, als diese Bauleitplanänderung beschlossen wurde, gab es in Corvara keinen Gemeinderat, weil er – wie man im Internet nachlesen kann – aufgelöst worden war. Diese Bauleitplanänderung hat der kommissarische Verwalter vorgenommen – also eine vom Land eingesetzte Person.

Daniel Alfreider soll auch die Kubatur einer Hütte verlegt haben, die möglicherweise gar nie existiert hat …

Es gibt die Bestätigung des Feuerwehr-Kommandanten und die schriftlichen Aussagen von Nachbarn, die bezeugen, dass diese Hütte nach dem Jahr 1997 zerstört wurde. Damit liegen die Voraussetzungen für die Verlegung vor. Andernfalls hätte die Landesbehörde der Verlegung der Hütte nie zugestimmt. Es wurde in diesem Fall ganz strikt nach geltenden Landesgesetzen vorgegangen.

Allerdings hat Daniel Alfreider die Kubatur verdoppelt?

Nein, auch das ist ein Fake. Von den vier Schuppen wurde einer an derselben Stelle wieder aufgebaut. Bei keinem einzigen der vier Schuppen wurde die Kubatur verdoppelt. In drei Fällen blieb die Kubatur gleich wie vorher. In einem Fall wurde die Bestimmung in Anspruch genommen, dass man eine bestehende Hütte auf 30 Quadratmeter erweitern kann. Aber es hat auch in diesem Fall keine Verdoppelung der Kubatur gegeben. Das mit der Verdoppelung der Kubatur ist ein weiteres Märchen, dass sich der Journalist aus den Fingern gesogen hat.

Was versprechen Sie sich von der Medienklage?

Für die FF wird das eine teure Angelegenheit, denn so kann man nicht vorgehen! Einerseits behauptet die FF, man habe mit der Veröffentlichung zugewartet, weil man den hundertprozentigen Faktencheck habe machen wollen. Darüber kann ich nur lachen! Und ich frage mich: Wo lebt denn dieser Journalist eigentlich?

Sie als Anwalt können sagen, was Sie wollen …

Ich sage auch, was ich will!

Nun muss man abwarten, was – wenn es zu einer Klage kommen sollte – das Gericht sagt …

Daniel Alfreider ist total in Ordnung!

Das sagen Sie …

Das sage nicht ich, denn auch ich als Anwalt nehme nicht alles für bare Münze, was mir ein Mandant sagt. Aber wenn ich die Baukonzessionen, die Gutachten und den Artikel 107 des Landesgesetz, Absatz 13-bis und Absatz 13-ter lese, dann ist die Sache sonnenklar. Man muss kein gewiefter Journalist sein, um das zu erkennen. Ich kann es mir nur so erklären, dass mit dem FF-Journalisten die Gäule durchgegangen sind, dass er einem Informanten aufgesessen ist, der Daniel Alfreider bereits vor den Wahlen schaden wollte. Bei dem Journalisten war dann wohl der Wunsch nach einem Scoop größer als der Impuls, eine tiefgründige Recherche zu machen.

Der FF-Redakteur hat ein halbes Jahr lang recherchiert …

Das ist ja das Gefährliche und das Perfide an dieser Geschichte! Es wurde der Eindruck erweckt, dass penibel recherchiert wurde. Deswegen ist der Schaden für Daniel Alfreider auch so enorm groß, so immens.

Wie groß ist der Schaden?

Auch wenn wir jetzt versuchen, die Sache geradezubiegen und auch wenn er vom Gericht einen Schadenersatz zugesprochen bekommt: irgendetwas bleibt hängen. Denn der Artikel enthält die vernichtende Botschaft: Der Alfreider habe sich alles selbst gerichtet, während das arme Bäuerlein durch die Finger geschaut hat. Die Wahrheit ist: Nicht einmal wenn er es selbst hätte richten wollen, hätte Alfreider eine Möglichkeit dazu gehabt, weil die Gemeinde keine Zuständigkeit hatte.

Unabhängig vom Ausgang des rechtlichen Streits: Daniel Alfreider wird für viele Menschen der „Onorevole Furbetto“ bleiben?

Ich hoffe nicht, dass dieser Eindruck so stehen bleibt, wenn wir den Prozess gewinnen, wovon ich ausgehe. Aber es stimmt schon: Viele Leute lesen die Schlagzeile, das Urteil ist dann in der Regel nur mehr eine Randnotiz. Der Prozess dauert Jahre, dass ein bleibender Schaden da ist, steht für mich außer Zweifel.

Interview: Artur Oberhofer

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