Schockierender Fall

Foto: 123RF.com
Der 44-jährige Südtiroler, der wegen Vergewaltigung seiner Tochter zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde, soll einem psychiatrischen Gutachten unterzogen werden. Fordert sein Anwalt.
Von Thomas Vikoler
Neuer Verteidiger, neue Verfahrensstrategie.
Der ehemalige Anwalt des heute 44-jährigen Südtirolers, der am 19. September 2017 von einem Richtersenat unter Vorsitz von Carla Scheidle zu zwölf Jahren Haft wegen sexueller Gewalt gegen seine eigene Tochter verurteilt worden war, hatte die Frage der Zurechnungsfähigkeit im Hauptverfahren zu keinem Zeitpunkt aufgeworfen.
Nun, im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht, stellt sie sich plötzlich. Vorgebracht von Nicola Nettis, dem Verteidiger des Verurteilten. Nettis beantragte in der Auftaktverhandlung die Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens für seinen Mandanten. Das Oberlandesgericht wird seine Entscheidung zum Antrag auf der nächsten Verhandlung im Jänner bekanntgeben.
Es geht um einen wahrlich schockierenden Fall von sexuellem Missbrauch. Laut erstinstanzlichem Urteil hat der Südtiroler seine Tochter bei deren Wochenend-Aufenthalten in seiner Wohnung wiederholt vergewaltigt. Zum ersten Mal, als das Mädchen gerade fünf Jahre alt war. In den Gerichtsakten ist nicht nur von Masturbation und Oralverkehr die Rede, sondern von komplettem Geschlechtsverkehr. Begleitet von der Drohung des Vaters gegen die Tochter, das Vorgefallene nicht der Mutter zu erzählen. Sonst würde ihr, der Tochter, etwas passieren.
Der Fall wurde im Rahmen eines Sorgerechtsstreits vor Gericht offenbar. Dort brach das Mädchen im April 2013 ihr Schweigen. Bereits zuvor war die damals Neunjährige mit Aussagen über Sexuelles aufgefallen, wie sie Gleichaltrige normalerweise nicht machen.
Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen gegen den Vater des Mädchens auf. Dieses wurde von einem Gutachter für aussagefähig erklärt und berichtete, laut erstinstanzlichem Urteil „schlüssig und kohärent“ über das Vorgefallene.
Sowohl die (neue) Verteidigung des Verurteilten als auch die Staatsanwaltschaft (die im Hauptverfahren 20 Jahre Haft beantragt hatte) legten Einspruch gegen den erstinstanzlichen Schuldspruch ein. Weil die Faktenlage offenbar schwer umzustoßen ist, versucht Verteidiger Nettis das Urteil nun über ein psychiatrisches Gutachten zu kippen. Etwa bei einer teilweisen Unzurechnungsfähigkeit hätte der Vater Anspruch auf eine stattliche Strafreduzierung.
Lehnt das Oberlandesgericht Nettis’ Antrag ab, dürfte es den Schuldspruch wohl bestätigen. In diesem Fall stehen auch eine Reihe von Nebenstrafen auf dem Prüfstand: Lebenslanger Entzug des Sorgerechts, zweijähriges Berufsverbot, Aufenthaltsverbot in der Nähe von Örtlichkeiten, in denen sich gewöhnlich Kinder aufhalten. In erster Instanz war der Mann auch zur Zahlung von 60.000 Euro Schadenersatz verurteilt worden.
Kommentare (13)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.