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Flirt mit Silvio


Die SVP bastelt für die EU-Wahlen an einem Bündnis mit Forza Italia – beharrt aber darauf, dass die Allianz vom EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber mitunterzeichnet wird. Michaela Biancofiore zeigt sich kompromissbereit.

Von Matthias Kofler

Die SVP wird aller Voraussicht nach bei den EU-Wahlen im kommenden Mai ein Wahlbündnis mit der Mitterechtspartei Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi eingehen. Der Vorschlag einiger Funktionäre, auf den Sitz im Brüsseler Parlament zu verzichten, dürfte parteiintern keine Mehrheit finden. SVP-Obmann Philipp Achammer ist der Auffassung, dass ein Verzicht im Widerspruch zu den Wertevorstellungen der Edelweißpartei stehe: „Wenn uns Europa am Herzen liegt, können wir nicht sagen: Die EU-Wahlen gehen uns nichts an, wir geben uns mit der Zuschauerrolle zufrieden“, erklärte Achammer gegenüber mehreren Parteivertretern.

Aufgrund des staatlichen Wahlgesetzes ist die Volkspartei gezwungen, bei den EU-Wahlen im kommenden Mai ein Bündnis mit einer nationalen Partei einzugehen. Laut Wahlgesetz können Minderheitenparteien in Südtirol, Aosta und Friaul mit dem eigenen Symbol zu den EU-Wahlen antreten, wenn sie eine technische Verbindung mit einer staatlichen Partei eingehen. Für einen Sitz müssen sie entweder mehr Vorzugsstimmen als der Letztgewählte auf der nationalen Liste oder mindestens 50.000 Stimmen erreichen.

Ein Bündnis mit der Lega ist SVP-intern (noch) keine Option. Grund ist die europakritische Haltung des „Carroccio“. Am liebsten würden Arno Kompatscher, Philipp Achammer und Co. auf europäischer Eben wieder mit dem Partito Democratico zusammenarbeiten. Der mächtigste PD-Politiker im Lande, Senator Gianclaudio Bressa, stellte im Gespräch mit der TAGESZEITUNG jedoch klar, dass diese Option nicht in Frage komme, sollte die SVP auf Landesebene ein Abkommen mit der – so Bressa – „antieuropäischen Lega“ eingehen. „Ich frage Sie: Wäre es eine gute Entscheidung, diese Allianz aufrechtzuerhalten, wenn unser bisheriger Partner mit einer antieuropäischen Partei zusammenarbeitet, die gegen unsere Überzeugungen agiert? Das wäre doch total unlogisch. Wenn sich die SVP für die Lega entscheidet, dann ist damit die Zusammenarbeit mit dem PD beendet. Das gilt klarerweise auch für die EU-Wahlen im kommenden Mai“, erklärte Bressa.

Damit bleibt als einzige Option die Mitterechtspartei von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi übrig. „Dass wir auf einen Sitz verzichten, ist völlig unrealistisch. Zum einen geht es um die Parteiabgaben und die Sekretäre, die wir verlieren würden. Zum anderen will man es sich nicht mit Herbert Dorfmann verscherzen, der 2023 neuer Landeshauptmann werden soll“, erklärt ein erfahrener SVP-Abgeordneter im Hintergrundgespräch.

Philipp Achammer versucht nun, seiner Basis eine Allianz mit Silvio Berlusconi schmackhaft zu machen. So soll ein etwaiges Abkommen in jedem Fall vom bayrischen CSU-Politiker und Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, mitunterzeichnet werden. Allerdings hat eine solche Unterschrift einen rein symbolischen Charakter. Am Ende müssen der umstrittenen Allianz auch Silvio Berlusconi – und die hiesige FI-Koordinatorin Michaela Biancofiore zustimmen. Bei der Parteiausschusssitzung vor zehn Tagen stellte der Obmann klar, dass über die EU-Wahlen „derzeit noch nicht diskutiert“ werde. Wenig später projizierte der geschickte Parteichef ein Foto auf die Leinwand, auf dem man ihn in engster Vertrautheit mit Herbert Dorfmann und dem EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani (Forza Italia) sehen konnte. Jedes Ausschussmitglied konnte den zwischen den Zeilen lesen, dass man schon an einer Allianz bastelte.

Dies bestätigt auf Nachfrage auch die FI-Kammerabgeordnete Michaela Bianfiore: „Ja, es gab zwischen Forza Italia und der SVP schon informelle Gespräche. Ich bin zuversichtlich, dass eine Zusammenarbeit klappen wird. Unserseits werden sicherlich nicht Forderungen erhoben, die auf keine Kuhhaut passen – denn so würde man gar nichts erreichen“, betont Michaela Biancofiore. Sie soll auch schon versucht haben, direkt mit Alt-LH Luis Durnwalder zu verhandeln.

SVP-intern macht sich jedoch schon Widerstand gegen das Brüsseler Mittrechts-Bündnis breit. Ein hochrangiger SVP-Funktionär ist überzeugt: „Wenn wir bei den EU-Wahlen tatsächlich mit Forza Italia zusammenarbeiten, dann steigern wir damit automatisch die Chancen von Paul Köllensperger auf einem Sitz im Brüsseler Parlament. Er braucht nur einen geeigneten Kandidaten finden, der auch für SVPler wählbar ist, um uns in große Schwierigkeiten zu bringen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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