„Ein riskantes Angebot“
Der Mega-Korruptionsfall um das Bau-Konsortium Cociv landet aller Voraussicht nach am Bozner Landesgericht. Gegen Verantwortliche des Konsortiums Cocivund der Südtiroler Firma Oberosler ist bereits Anklage wegen Anstiftung zur Bestechung erhoben worden.
Von Thomas Vikoler
Das von der Staatsanwaltschaft Rom gesammelte Material ist bereits jetzt sehr umfangreich: Abhörungen, Wettbewerbsunterlagen, Abrechnungen. Es geht darin um Aufträge in Milliardenhöhe für den Bau von wichtigen Verkehrsinfrastrukturen: Die Schnellzugverbindung Mailand-Genua, die Umfahrung von Genua. Projekte, bei denen auch die Südtiroler Firma Oberosler Cav. Pietro Srl zum Zuge kam.
Jene Firma, die im vergangenen Sommer in einem Ausgleichsverfahren vor dem Bozner Konkursgericht faktisch zerschlagen wurde. Die Großaufträge wurden um 5,5 Millionen Euro an die römische Firma Pessina Costruzioni SpA verkauft, die Forderungen in der Höhe von neun Millionen Euro gingen an einen Investmentfonds namens Apollo Delos Investments.
Es gibt eine weitere „Altlast“, mit der sich die Oberosler-Verantwortlichen herumschlagen müssen: Ein Strafverfahren zu einem riesigen Bestechungsskandal, der 2016 mit der Verhaftung von 35 Tatverdächtigen losbrach. In Oberosler-Firmensitzen wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt, Vertreter der auf Tunnel- und Straßenbau spezialisierten Südtiroler Firma wurden zunächst lediglich als Zeugen geführt.
Doch nun gibt es eine Anklage der Staatsanwaltschaft Bozen gegen insgesamt zehn Personen: Größtenteils Verantwortliche des Baukonsortiums Cociv, aber auch Vertreter der Firma Oberosler. Der Vorwurf: Anstiftung zur Bestechung nach Strafrechtsartikel 319quater.
Konkret soll Oberosler von Cociv-Technikern angehalten worden sein, Schmiergeld zu bezahlen, um bestimmte Aufträge zu erhalten. Die Abhörungen der Finanzwache zeigen, dass Oberosler beim Angebot für einen Unterauftrag zum Eisenbahnprojekt Mailand-Genua („Terzo Valico“) Kost und Logie für die Mitarbeiter wegließ, um konkurrenzfähig zu sein.
„Ein etwas riskantes Angebot“, wie einer der Beteiligten bemerkt. Offenbar in Absprache mit den Cociv-Verantwortlichen. Der Strafrahmen für Anstiftung zur Bestechung liegt zwischen sechs und zehn Jahren für die dazu anstiftende Amtsperson, zwischen sechs Monaten und drei Jahren für Personen, die sich auf eine Verhandlung über eine Schmiergeldzahlung einlassen (in diesem Fall, mutmaßlich, Vertreter von Oberosler).
Das Konsortium Cociv wirkte als sogenannter General Contractor im Auftrag der Eisenbahngesellschaft RFI, deshalb sind seine Vertreter juristisch als Amtspersonen einzustufen.
Weil die vorgehaltene Straftat zur Firma Oberosler mutmaßlich in Südtirol verübt wurde, wanderte das riesige Faszikel zuständigkeitshalber von Rom an das Landesgericht Bozen. Die hiesige Staatsanwaltschaft hat bereits eine Beschlagnahme angeordnet, die Betroffenen setzten sich dagegen vor dem Freiheitsgericht zur Wehr.
Und es besteht die Aussicht, dass bald das gesamte Faszikel zu den Groß-Zugstrecken von Rom nach Bozen geht. Ursprünglich war dort gegen 37 Personen Anklage wegen verschiedener Bestechungsdelikte erhoben worden.
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