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Wachtlers Dino

Bei seinen Streifzügen durch die Dolomiten hat Forscher Michael Wachtler wieder etwas Spannendes entdeckt: den Vogel Wachtlerosaurus. Das hat ihm bereits neuen Ärger eingebracht.

von Silke Hinterwaldner

Michael Wachtler ist mittlerweile einiges gewohnt. Er wundert sich deshalb kaum noch darüber, wenn plötzlich Beamte der Kulturgüterpolizei aus Udine an seiner Tür klopfen und dann die Regale leer räumen. Er wundert sich auch kaum noch darüber, wenn er aus den Ämtern in Bozen einen Brief bekommt, in dem exorbitante Geldbeträge von ihm verlangt werden.

„Aber irgendwann“, sagt er dann doch etwas nachdenklich, „könnte ich tatsächlich mit all den Ganoven im Kerker landen.“ Schnell fügt er hinzu: „Das macht mir keine Angst, schließlich sollte man seinen Idealen treu bleiben. Man kann nicht immer klein beigeben, nur weil der Staat es so will.“  Michael Wachtler ist in Südtirol längst kein Unbekannter mehr. Er hat sich einen Namen gemacht mit seinen vielen Publikationen zur Naturwissenschaft, aber gleichzeitig ist er so etwas wie ein Enfant terrible für alle zuständigen Ämter geworden.

Dass dieser Ausdruck eher verniedlichend sein könnte, zeigt sich unter anderem an einem Brief, der ihn im September ereilt hatte. Darin verlangt das Denkmalamt des Landes die Zahlung von insgesamt 306.000 Euro. Der Grund: Wachtler arbeitet gerade an einem Buch mit dem Titel „Die Entstehung der Dolomiten“, das im kommenden Jahr erscheinen soll. Für dieses Buch hätte er gern einige seiner Funde fotografiert, die mittlerweile in den Magazinen des Denkmalamtes lagern. „In Obststeigen“, wie Wachtler sagt, würden die  ehemaligen Ausstellungsstücke aus seinem Museum Dolomythos in Innichen dort eingemottet sein. Auf seine Anfrage bekam Michael Wachtler eine mehr als eindeutige Antwort:

„Bevor Ihrem Antrag nachgekommen werden kann, fordern wir Sie dazu auf, den der Landesverwaltung durch Ihre Übergriffe entstandenen Gesamtschaden im festgestellten Ausmaß von Euro 306.302,11 innerhalb der Frist von 60 Tagen zu begleichen und gleichzeitig den mehrmaligen Übergabeaufforderungen der noch in Ihrem Besitz befindlichen Fundstücke Folge zu leisten.“

Diese Zeiten schrieb Catrin Marzoli, Direktorin im Amt für Bodendenkmäler, am 13. September dieses Jahres. Aber es dürfte eher unwahrscheinlich sein, dass Wachtler der Aufforderung nachkommt. Dafür hat er schon zu lange gekämpft, um sein Museum in Innichen am Leben zu erhalten und mit seinen Funden hin und wieder Aufsehen zu erregen.

So auch dieses Mal: Vor drei, vier Jahren hat Michael Wachtler auf einer seiner Touren durch das Land eine Entdeckung gemacht. Auf einer Forststraße, wo gerade Bagger im Einsatz waren, fand er ein Fossil, dem er zunächst wenig Bedeutung beimaß. Stück für Stück ergab sich in den folgenden Monaten und Jahren ein Bild: Bei dem Fundstück dürfte es sich um etwas ganz besonderes handeln, um einen Vogel, der ungefähr zu jener Zeit datiert werden kann wie die Echse Megachirella wachtleri.

Letztere hat Wachtler ebenfalls auf einem seiner Streifzüge durch die Dolomiten entdeckt. Mittlerweile wird das Fundstück von der Wissenschaft gefeiert. Aber ohne den Finder Michael Wachtler. Er sagt: „Ich habe nichts dagegen, wenn diese Funde wissenschaftlich untersucht werden. Im Gegenteil. Aber ich habe etwas dagegen, wenn man mir immer neue Gerichtsverfahren anhängt.“

Auch jetzt wieder, fürchtet Wachtler, könnte es soweit kommen. Weil er den Fund auf dem Forstweg nicht innerhalb von 24 Stunden an die zuständigen Stellen gemeldet hatte, bewegt er sich wie immer auf juridisch dünnem Eis. Aber umgekehrt, sagt er, könne man wie im Falle des Wachtlerosaurus nicht von Anfang an wissen, ob ein Fund tatsächlich interessant sei. Dieses Stück Stein hatte er erst als wertvoll erkannt, als er es röntgen ließ. Daraufhin schickte er es an einen befreundeten Forscher weiter, der  das Fossil untersuchte und dem entdeckten Vogel den sinnigen Namen Wachtlerosaurus gab.

Michael Wachtler geht mit seinen Aktionen auf Konfrontation mit dem Naturmuseum oder dem Amt für Bodendenkmäler, das weiß er. Aber er sieht sich zumindest moralisch im Recht. Schließlich wären Tiere wie der Vogel  Wachtlerosaurus oder die Echse Megachirella wachtleri wahrscheinlich unentdeckt geblieben, wenn nicht er immer wieder in den Steinen wühlte. „Das ist doch eigentlich völlig absurd“, sagt er, „ich mache einige schöne Entdeckungen und soll dafür ins Gefängnis gehen müssen. Das soll einer verstehen. Verrückte Welt.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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