Bressas Machtwort
Der bislang mächtigste Italiener im Lande, Gianclaudio Bressa (PD), warnt die SVP: Im Falle einer Koalition mit der antieuropäischen Lega ist es aus.
Tageszeitung: Herr Senator, die SVP wird in Kürze darüber befinden, mit welchen Parteien sie weiter über die Bildung einer neuen Landesregierung verhandeln will. Wie schätzen Sie die Chancen Ihres PD ein?
Gianclaudia Bressa (lacht): Ich kann die Chancen meiner Partei nicht einschätzen, denn diese Entscheidung trifft ganz allein die SVP. Ich kann nur für den PD sprechen: Meine Partei ist sehr daran interessiert, die gute Zusammenarbeit mit der SVP fortzusetzen. Die Sitze, mit der wir eine stabile Regierungsmehrheit garantieren konnten, haben wir nun aber nicht mehr. Deshalb ist es notwendig, dass wir uns anderen Parteien öffnen. Die wahrscheinlichste Option ist eine Miteinbeziehung der Grünen, doch auch andere Parteien könnten für eine Zusammenarbeit in Frage kommen. Meiner Meinung nach muss aber eines klar sein: Es dürfen keine Beziehungen zur Lega aufgebaut werden. Keine Partei ist so antieuropäisch und so weit von unseren Werten und Programmen entfernt wie die Lega. Daran sollte auch die SVP denken, wenn sie ihre Entscheidung trifft.
Welche Vorteile würden sich für die SVP ergeben, wenn sie sich für den PD entscheiden sollte?
In der Politik geht es nicht darum, Vorteile für sich selber herauszuschlagen, sondern es geht in erster Linie um Kohärenz. Die bisherige Regierungsmehrheit aus SVP und PD hat in den vergangenen Jahren sehr viele wichtige Punkte für Südtirol umgesetzt. Den beiden Parteien ist es gelungen, auch mit der Regierung in Rom bedeutende und sichere Abkommen zum Vorteil des Landes abzuschließen. Mit der Lega wäre das nicht möglich. Die Lega ist die antieuropäischte Partei Italiens. Sie steht für eine Trennung der Gesellschaft statt für ein Miteinander, sie schürt ständig Ängste in der Bevölkerung und stützt sich dabei auf Behauptungen, die nicht der Realität entsprechen. Die Lega sagt, sie wolle die Menschen vor einer „Invasion“ der Migranten schützen, obwohl die Fakten das Gegenteil belegen: In diesem Jahr sind nur mehr wenige Tausend Menschen nach Italien gekommen. Die Lega vertritt das Gegenteil dessen, was eine liberale, proeuropäische politische Kultur ausmacht.
Andererseits ist die Lega Teil der Regierung in Rom. Für die SVP würde sich also eine wichtige Tür öffnen …
Das glaube ich nicht! Wir als Autonomiegruppe sind hier in Rom in der Opposition, wie auch der PD. Das haben wir am Mittwoch bei der Abstimmung zum Sicherheitsdekret klar zum Ausdruck gebracht, wo wir der Regierung Conte unser Misstrauen ausgesprochen haben.
Sie haben bereits darauf hingewiesen: Für eine Regierungsmehrheit brauchen SVP und PD auch die Grünen. Kann eine solche Dreierkoalition funktionieren?
Ich bin davon überzeugt, schließlich arbeiten diese Parteien auch in den Stadtregierungen von Bozen und Meran, den beiden wichtigsten Zentren des Landes, gut zusammen. Die Grünen sind also sicher kein Tabu, auch nicht für die SVP!
Welche Auswirkungen hätte eine Koalition zwischen der SVP und der Lega für den PD?
Überhaupt keine! Dafür aber würde sich die Position der SVP komplett verändern: Die SVP würde den politischen Rahmen, in dem sie sich – auch im Hinblick auf Europa – bewegt, verlassen und ins Lager der Lega wechseln.
Was heißt das für die bisherige Allianz zwischen SVP und PD?
Ich frage Sie: Wäre es eine gute Entscheidung, diese Allianz aufrechtzuerhalten, wenn unser bisheriger Partner mit einer antieuropäischen Partei zusammenarbeitet, die gegen unsere Überzeugungen agiert? Das wäre doch total unlogisch. Wenn sich die SVP für die Lega entscheidet, dann ist damit die Zusammenarbeit mit dem PD beendet. Das gilt klarerweise auch für die EU-Wahlen im kommenden Mai.
Die SVP befindet sich in einer schwierigen Situation …
Ich verstehe, dass die Ausgangsposition für die Volkspartei kompliziert ist. Sie muss jetzt eine grundlegende Entscheidung treffen. Ich kann nur so viel sagen: Ich habe mit der SVP bislang immer gut zusammengearbeitet – und sie hat auch mit mir gut zusammenarbeiten können.
Interview: Matthias Kofler
Kommentare (27)
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