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Umkämpfte Posten

Die provisorische Besetzung des Landtagspräsidiums wird zum ersten großen Härtetest für die geschrumpfte SVP-Fraktion.

von Matthias Kofler

Der Landtag kommt am nächsten Mittwoch zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Den Vorsitz hat Alterspräsident Helmuth Renzler inne. Der 65-jährige SVP-Politiker ist exakt ein Jahr älter als Franz Ploner vom Team Köllensperger. Und als gewissenhafter Volksvertreter hat Renzler auch schon seine Begrüßungsrede vorbereitet.

„Mein Vorgänger Oswald Schiefer sprach vor fünf Jahren ganz aus dem Stegreif. Ich möchte die Eröffnung etwas feierlicher gestalten. Immerhin ist es ein besonderer Moment für die vielen neuen Abgeordneten. Deshalb werde ich mir den Luxus leisten, eine kleine ,Moralpredig’ zu halten“, erklärt der „designierte“ Altersvorsitzende augenzwinkernd. In seiner Rede wird Renzler darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass sich die Abgeordneten angesichts der vielen unterschiedlichen Strömungen stets mit Respekt begegnen. Nur so sei es möglich, das Bild, das die Bevölkerung vom Landtag habe, zu verbessern.

Im Anschluss an die kurze Eröffnungsrede werden die beiden Präsidialsekretäre nach vorne gerufen. Die zwei für das provisorische Präsidium vorgesehenen Sekretäre müssen laut Geschäftsordnung der/die jeweils jüngste Abgeordnete der deutschen bzw. italienischen Sprachgruppe sein: Es sind dies Jasmin Ladurner (SVP, Jahrgang 1993) und Carlo Vettori (Lega, Jahrgang 1982). Jasmin Ladurner ist für den Namensaufruf zuständig.

Die erste Amtshandlung von Alterspräsident Renzler besteht darin, seine 34 neuen Kollegen zu vereidigen. Gleich im Anschluss schreitet der Landtag zur Wahl eines neuen Präsidenten.

Die neun im Hohen Haus vertretenen Parteien haben sich im Rahmen der Sondierungsgespräche darauf verständigt, das Präsidium vorerst provisorisch zu besetzen, bis die neue Landesregierung steht. Laut Statut steht das Amt des Präsidenten in der ersten Hälfe der Legislatur einem Abgeordneten der deutschen Sprachgruppe zu, während das Amt des Vizepräsidenten einem Abgeordneten der italienischen Sprachgruppe vorbehalten ist.

Der SVP obliegt es als stimmenstärkster Fraktion (sie zählt 15 Mitglieder), einen Vorschlag für das Amt des Landtagspräsidenten zu machen. SVP-Chef Philipp Achammer möchte Thomas Widmann ins Rennen schicken, der bereits in der abgelaufenen Legislaturperiode diese Rolle zur Zufriedenheit aller Fraktionen wahrgenommen hat. Allerdings bestehen die SVP-Arbeitnehmer darauf, ins provisorische Präsidium nur Abgeordnete zu entsenden, die später sicher Mitglieder der Landesregierung sein werden. Nur so könne gewährleistet werden, dass der oder die Präsidentin auch wieder zurücktritt. Die Arbeitnehmer schlagen Waltraud Deeg, Arnold Schuler oder Philipp Achammer für den Posten vor. Daniel Alfreider ist als (provisorischer ladinischer) Vize-Präsident hingegen gesetzt.

In der Parteileitungssitzung am kommenden Montag will sich die SVP auf einen gemeinsamen Kandidaten festlegen. Diesen Vorschlag wird sie am Mittwochmorgen den anderen Fraktionen im Hohen Haus präsentieren. Der provisorische Landtagspräsident erfüllt eine wichtige Funktion: Er leitet vorerst die Amtsgeschäfte und unterschreibt die Gehaltszettel der Mitarbeiter.

Deutlich komplizierter dürfte sich die Wahl des neuen (italienischsprachigen) Vizepräsidenten gestalten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die SVP-Spitze gerne Sandro Repetto vom bisherigen Koalitionspartner PD mit dem Amt „entschädigen“ will. So müsste die SVP auch bei einer Koalition mit der Lega die Bindung zum PD nicht ganz kappen.

Obwohl es sich derzeit um eine rein provisorische Besetzung handelt, hat die Lega bereits durchblicken lassen, dass sie einen Vertreter des „abgewählten“ PD sicher nie zum Vizepräsidenten wählen würde. Der „Carroccio“ besteht darauf, einen der ihrigen in die Landtagsspitze zu entsenden. Riccardo Dello Sbarba hingegen erklärt, dass die Grünen eine Wahl Repettos „definitiv“ mittragen würden.

Für die SVP kommt es also zum ersten Härtetest: Gibt sie dem Druck der Lega nach, oder sucht sie den Schulterschluss mit den Grünen? Die Wahl des Vizepräsidenten wird ein Indikator dafür, mit wem das Edelweiß wohl die künftige Landesregierung bilden dürfte.

Dem „provisorischen“ Präsidium gehören weiters noch drei Präsidialsekretäre an. Einer davon steht laut Geschäftsordnung der Opposition zu. Da zum jetzigen Zeitpunkt offiziell noch nicht feststeht, wer Opposition und wer Mehrheit ist, haben die Grünen der SVP im Rahmen der Sondierungen einen interessanten Vorschlag unterbreitet: Das Präsidium soll demnach aus Vertretern der fünf größten Fraktionen gebildet werden. Die Freiheitlichen signalisieren Gesprächsbereitschaft: „Für uns geht klar, dass nächste Woche erst einmal ein provisorisches Präsidium gewählt wird und erst dann, sobald die SVP einen Koalitionspartner hat und die Landesregierung steht, eventuelle Neubesetzungen im Präsidium mittels Wahl gemacht werden. Der Platz des oppositionellen Präsidialsekretärs steht meiner Meinung nach natürlich der stärksten Fraktion der Opposition zu“, erklärt Ulli Mair.

Wenn es zu keinen größeren Überraschungen mehr kommt, dann wird das Team Köllensperger die stärkste Oppositionsfraktion stellen. Paul Köllensperger selber wird nicht ins Präsidium gehen, sondern Fraktionssprecher bleiben. Der designierte Oppositionsführer äußert Zweifel an einer provisorischen Besetzung des Präsidiums. „Ein Provisorium ist von der Geschäftsordnung nicht vorgesehen. Es bräuchte ein Gentlemen’s Agreement, das vorschreibt, dass die gewählten Vertreter nach der Bildung der Landesregierung auch wirklich zurücktreten“, meint Köllensperger.

Während Präsident und Vizepräsident per Misstrauensvotum „gestürzt“ werden können, müsste ein Präsidialsekretär sein Amt freiwillig aufgeben, damit jemand anderes nachrücken kann. Einzige Ausnahme: Der als Oppositionsvertreter ins Präsidium gewählte Abgeordnete erklärt im Zuge der Legislaturperiode, dass er künftig der Mehrheit angehört. Nur in diesem Fall wäre eine Neuwahl zwingend notwendig.

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